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Aquaporine

Die Bedeutung von Aquaporinen an der Pathophysiologie des Wasserkopfes beim Hund

Der Hydrocephalus internus stellt beim Hund eine Missbildung dar dessen klinische Auswirkungen meist so schwerwiegend sind, dass sie unbehandelt in der Regel tödlich endet. Von den bisher bekannten angeborenen Missbildungen beim Hund macht der Hydrozephalus allein ungefähr die Hälfte aus. Somit ist die weitere Erforschung der Grundlagen von Entstehung, Vorbeugung und Therapie des Hydrozephalus ein wichtiges Anliegen an die veterinärmedizinische Forschung, da immer noch wenig über dessen genaue Entstehung bekannt ist.

Um nicht nur die Entstehungs- sondern auch mögliche Kompensationsmechanismen des Gehirns infolge der Flüssigkeitsansammlung innerhalb der Ventrikel besser zu verstehen, stehen Wasserkanäle in der Zellmembran, die so genannten Aquaporine, seit ihrer Entdeckung immer mehr im Fokus der Forschung zu verschiedenen Gehirnerkrankungen, so auch des Hydrozephalus.

Aquaporine (AQPs), von denen im Gehirn hauptsächlich Aquaporin-1 (AQP‑1) und Aquaporin-4 (AQP‑4) zu finden sind, steuern den Fluss von Wasser zwischen dem Gehirngewebe und den Blutgefäßen, die das Gehirn durchziehen. AQP‑1 befindet sich dabei vorwiegend in der Membran der Zellen des Plexus choroideus, einem spezialisierten Gefäßgeflecht, das die Gehirnflüssigkeit mit produziert.

Die höchste Konzentration von AQP‑4-Molekülen wurde in den Gliazellen entlang der Blut-Hirn-Schranke (BHS) und den Ependymzellen entlang der Hirn-Liquor-Schranke nachgewiesen. Hier kommt AQP‑4 am häufigsten in den Astrozytenendfüßchen in engem Kontakt mit den zerebralen Gefäßen vor.

Viele Forscher dokumentieren eine vermehrte Expression von AQP-4 bei Mäusen und Ratten mit einem künstlich erzeugten Hydrozephalus. Ebenso wurde bereits eine verminderte Bildung von AQP‑1 und damit verbundene reduzierte Produktion von AQP‑1 experimentell bei Ratten mit einem kongenitalen Hydrozephalus als kompensatorische Antwort des Körpers betrachtet.

Während es in der Humanmedizin bereits Studien zum Verhalten von AQP4 bei einem kongenitalen Hydrozephalus bei Kleinkindern gibt, ist die Grundlagenforschung in der Tiermedizin noch nicht sehr weit vorangeschritten.

 

Kann man Aquaporine im Gehirn des Hundes nachweisen?

Die erste Stufe der Untersuchung besteht darin Möglichkeiten zu suchen, die Aquaporine im Gehirn des Hundes zu bestimmen. Eine Möglichkeit besteht in der so genannten Immunfluoreszenz oder Antikörperfärbung. Dies ist eine Methode, bei der das Aquaporin mit Hilfe eines Antikörpers markiert und dann mit mittels eines Farbstoffmoleküls unter fluoreszierendem Licht sichtbar gemacht wird. Mit dieser Methode lassen sich die Aquaporine in Zellen und Geweben genau lokalisieren.

In der Regel werden solche Untersuchungen an Mäusen und Ratten, oder an menschlichem Gewebe  durchgeführt, für die spezifische Antikörper entwickelt wurden. Ob diese beim Hund einsetzbar sind, war zu Beginn unserer Untersuchungen unbekannt. Daher wurde systematisch untersucht, ob man Aquaporine in Geweben unserer Haustiere, insbesondere des Hundes nachweisen kann. Die Ergebnisse unserer Untersuchungen zeigen, das AQP4 tatsächlich beim Hund nachweisbar ist. Es wird in der Blut-Hirn-Schranke gebildet, wo es den Wassertransport zwischen dem Gewebe ermöglicht.

Abb. 1: Histologischer Schnitt durch das Gehirn eines gesunden Hundes. Mit Hilfe einer Immunfluoreszenz-Technik wird das Aquaporin rot dargestellt.

 

Kann man Veränderungen der AQP1 und AQP-4 Werte in der Hirnflüssigkeit messen?

In einer klinischen Studie haben wir die Werte der beiden Aquaporine bei gesunden Hunden und bei Hunden mit einem Hydrozephalus verglichen. Die Werte von AQP-4 waren bei Hunden mit erweitertem Ventrikelsystem (Abb. 2b) signifikant erhöht. Nach einer Operation, bei der die Hirnflüssigkeit dauerhaft durch eine Schlauchverbindung zwischen dem Gehirn und dem Bauchraum abgeleitet wird (ventrikulo-peritonaler Shunt) sinkt der Flüssigkeitsdruck im Ventrikelsystem und auch die Menge an AQP-4 wieder ab. Gleichzeitig stellt sich der normale Zusatand des Ventrikelsystems wieder her (Abb. 2a) Diese Ergebnisse sind sehr interessant, es ergibt sich aber die Frage, ob die AQPs im Rahmen einer Kompensationsreaktion vermehrt vom Gewebe produziert werden, oder lediglich nach einem Schaden des Gehirngewebes durch die Ventrikelerweiterung in der Hirnflüssigkeit zu finden sind.

 

Abb. 2: Darstellung des Ventrikelsystems und Messung des Ventrikelvolumens bei einem normalen Hund (a) und bei einem Hund mit Hydrocephalus internus (b).

 

 

Abb. 3: Aquaporinwerte (AQP4) und Interleukinwerte (IL-6)  im Liquor von Hunden vor (preoperativ) und nach einer Operation (postoperativ) im Vergleich zu einer Gruppe gesunder Hunde als Kontrolle.

 

Quantifizierung von AQP-4 Genprodukten im Gehirn von Hunden

Im dritten Teil unserer Studien untersuchen wir, ob es Unterschiede in der Menge von AQP-4 im Gehirn von gesunden Hunden und Hunden mit Hydrozephalus gibt. Die Menge von AQP4 wird indirekt über dessen Genaktivität gemessen. Um die Expression von Genen im Gehirn nachzuweisen, benutzt man die so genannte Reverse-Transkription Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR). Mit diesem Verfahren können kleinste Mengen von Genprodukten nachgewiesen werden. Das Gen, das das Protein AQP4 produziert, wird mit Hilfe der Reversen-Transkriptase separat vom gesamten Genstrang abgelesen und über eine Kopie dieses Abschnitts, die so genannte messenger RNA (mRNA) weiter produziert. Die Menge dieser mRNA wird über labortechnische Verfahren gemessen und dient als direktes Maß für die AQPs selbst.

Die Untersuchungen an bisher gesammelten Proben zeigt eine vermehrte Produktion  von AQP-4 mRNA bei Hunden mit Hydrozephalus im Vergleich zu Hunden mit einem normalen Gehirn.  Dies muss aber noch über weitere Proben bestätigt werden.

 

Abb.4: Vorbereitung von Material zur Messung von mRNA über die Polymerase-Kettenreaktion

 

Ziel der Untersuchungen

Viele Hunde und Katzen, die bei uns in der Klinik mit einem Hydrocephalus vorgestellt werden, sind noch im Welpen- oder Neugeborenenalter. Der Organismus dieser Tiere ist in der Regel nicht in der Lage gut mit einer Narkose fertig zu werden. Um zu verhindern, dass bei solchen Hunde und Katzen der Hydrozephalus weiter fortschreitet und wichtige Gehirnfunktionen nach einer OP nicht mehr zurückerlangt werden können, ist eine Übergangslösung für diese Tiere sehr wichtig. Wenn es möglich wäre AQP-4 über ein Medikament zu induzieren und so Flüssigkeit aus dem Gehirngewebe abzuleiten, ohne einen Shunt zu legen, könnte man vielen kleinen Partienten das Leben retten, oder Ihnen viel Lebensqualität zurückgeben. Ob eine medikamentelle Hochregulation von AQP-4 dauerhaft eine Operation ersetzen kann ist nicht ausgeschlossen. Hier sehen wir auch unsere Verantwortung für die Humanmedizin, denn für Frühgeburten mit Hydrozephalus wäre eine solche Therapie ebenfalls lebensrettend.