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Bandscheibenerkrankungen

Die Zwischenwirbelscheiben (Disci intervertebrales) stellen einen Teil der beweglichen Elemente der Wirbelsäule dar und dienen als Distanzhalter und „hydraulische Stoßdämpfer.“ Jede Bandscheibe besteht aus einem äußeren Ring, dem Anulus fibrosus, und einem zentralen gallertartigen Kern, dem Nucleus pulposus. Der Anulus fibrosus ist aus bindegewebigen Fasern zusammengesetzt, die lamellenartig zwischen den Endplatten der Wirbelkörper verlaufen. Die Lamellen sind im ventralen Anteil des Anulus dicker und zahlreicher als an den Seiten und im dorsalen Anteil, der Nucleus pulposus sitzt also exzentrisch innerhalb des Anulus fibrosus und variiert je nach Lokalisation in der Wirbelsäule in seiner Form von kugelig bis bohnenförmig. Er selbst besteht aus einer gallertartigen Masse aus Knornpelzellen, Hyaluronsäure, Chondroitin- und Keratinsulfat, welche in ein Kollagengitter eingebettet sind.

 

Die Bandscheibe gehört zu den Geweben, die nur schlecht mit Blut versorgt sind. Es wird nur der äußere Anteil des Anulus fibrosus über Gefäße der Wirbelkörper versorgt, die restliche Ernährung erfolgt über Diffusion.

 

Die Zwischenwirbelscheiben unterliegen bei allen Tieren kontinuierlichen Alterungsprozessen. Die Degeneration beginnt bei bestimmten Rassen allerdings mit oder bereits vor der Geburt, und unterliegt je nach genetischer Determination von Knochenwachstum und Entwicklung zwei unterschiedlichen Entwicklungsarten. Man unterscheidet nach HANSEN die chondroide von der fibroiden Degeneration.

 

Die chondroide Metamorphose (Hansen TypI) findet bei den chondrodystrophen Hunderassen statt (Dackel, Mops, Französiche Bulldogge, usw), und beginnt meist im Alter von einem Jahr manifest zu werden. Dabei verliert der Nucleus pulposus sein Wasserbindungsvermögen und wird weniger elastisch. Im weiteren Verlauf kann der Anulus fibrosus durch degenerative Vorgänge zerreißen und Teile des veränderten Nucleus pulposus gelangen am Lig. longitudinale dorsale vorbei in den Wirbelkanal. Es entsteht eine Diskusextraktion durch Austritt von Nucleusgewebe in den Wirbelkanal und zur Rückenmarkskompression.

 

Die fibroide Metamorphose (Hansen Typ II) zeichnet sich durch eine zunehmende Kollagenisierung des Nucleus pulposus aus und kann bei den nicht chondrodystrophen Hunderassen im fortgeschrittenen Alter zu Symptomen führen. Es kommt zur Vorwölbung bzw. Protrusion des Anulus fibrosus und dadurch zur Kompression des Rückenmarks.

 

Warum kommt es zu einem Bandscheibenvorfall?

Grundsätzlich ist die Bandscheibe denselben Alterungsprozessen unterworfen, wie der Rest des Körpers. Belastung der Bandscheibe (Belastung, Fehlhaltung und Arbeit/Sport) fördern die Microläsionen im Faserring. Die Wasserbindungsfähigkeit des Nucleus nimmt zunehmend ab und die Bandscheibe kann ihrer normalen Funktion der Abpufferung von einwirkenden Kräften nicht mehr nachkommen und sowohl der Anulus als auch der Nucleus werden immer mehr geschädigt und repariert, wodurch vor allem den Anulus immer mehr im Umfang zunimmt.  Faserrisse erlauben das Eindringen von Nucleusgewebe zwischen die Anulusfasern und so nimmt der Umfang der obern Faserschicht immer mehr zu. Dieser physiologischen Alterung steht eine frühzeitige, anormale Degeneration entgegen. Bei kleinen brachycephalen Toy-Rassen wurde die massive Verminderung der Größe mit einem hohen Preis erkauft. Die Knorpel in den Gliedmaßen und deren Vorläuferzellen, die denen in der Bandscheibe sehr ähnlich sind, degenerieren frühzeitig und der Erhaltungsprozess der Bandscheibe ist gestört. Sie altert schon so frühzeitig, dass die ersten klinischen Probleme schon im Alter von einem Jahr auftreten. Beim Dackel ist dieses Problem so groß, dass sich der Name Dackel-Lähme für einen Bandscheibenvorfall mit Querschnittslähmung etabliert hat.

Grundsätzlich kann es aber bei jeder Hunderasse und auch bei Katzen zu einem Bandscheibenvorfall kommen.

 

Was für Symptome sind bei einem Bandscheibenvorfall zu erwarten?

Die auftretenden Symptome zeigen eine sehr starke Variationsbreite. Klinisch äußert sich der Bandscheibenvorfall, in Abhängigkeit der Lokalisation des betroffenen Zwischenwirbelbereiches, durch mehr oder weniger starke Schmerzäußerungen, Lahmheiten, Bewegungseinschränkungen bis hin zu schweren Gangstörungen (Parese) und völligem Verlust der Bewegung der Gliedmassen (Plegie).

Der Verlust der willkürlichen Bewegung stellt einen Notfall dar und muss dringend operativ behandelt werden.

 

Wie diagnostiziert man einen Bandscheibenvorfall ?

Bei neurologischen Erkrankungen mit vermutlichem Sitz im Bereich der Wirbelsäule sollten grundsätzlich Röntgenaufnahmen angefertigt werden, um grundlegende Informationen über den Zustand der Wirbelsäulenregion zu erlangen.  Beispielsweise können so Diskospondylitiden, Wirbelmissbildungen, Knochentumoren, , und zum Teil traumatische Veränderungen wie Frakturen und Luxationen diagnostiziert werden, die ebenfalls zu neurolgischen Störungen führen können.

 

Computer-Tomografie (CT)

Während in der Vergangenheit oft kontrastmittelgestützte Röntgenaufnahmen angefertigt (Myelografie). Diese sind aber invasiv und nicht ohne Risiken, weshalb heute in der Regel andere Bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen. Die CT kann einen Bandscheibenvorfall mit sehr hoher Genauigkeit identifizieren und weitere Informationen, wie vorhandene Blutungen liefern. Die CT ist sehr schnell und nicht-invasiv, wodurch sich die Narkosezeit verkürzt und die Diagnostik insgesamt schonender für den Patienten ist.

 

Magnet Resonanz-Tomografie (MRT)

Eine MRT ist ebenfalls ein Schnittbildverfahren, das ohne ionisierende Strahlung arbeitet über die Manipulation von Magnetfeldern Bilder generiert. Es zeichnet sich durch einen hervorragenden Kontrast und kann so noch weiter Informationen über den Zustand des Rückenmarks liefern, die das CT nicht aufzuspüren vermag. Die Wahl des diagnostischen Verfahrens richtet sich nach der Größe eines Tieres, der vermuteten Erkrankung und der apparativen Ausstattung einer Klinik.

 

 

Was kann man therapeutisch bei einem Bandscheibenvorfall tun?


Konservative Therapie:

Eine medikamentöse Therapie kommt nur für Patienten in Frage, bei denen die Schmerzsymptomatik im Vordergrund steht, oder bei denen nur leichte Gangstörung bestehen. Die wichtigste Therapie für diese Hunde ist absolute Ruhe für 8 Wochen, um eine Heilung des veränderten Anulusgewebes, bzw. eine Resorption des Nucleusmaterials zu ermöglichen. Jede Bewegung führt hier immer wieder zu neuen Mikroläsionen des Diskus und verzögert oder hemmt den Heilungsprozess. Unterstützend können Schmerzmedikamente (NSAIDS) gegeben werden. Der Einsatz von Kortison darf nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen da diese Medikamente zum falschen Zeitpunkt eingesetzt bestenfalls nur wirkungslos sind, darüber hinaus aber auch zahlreiche Nebenwirkungen haben, und sogar dem Heilungsprozess entgegenwirken können

 

Chirurgische Therapie:

Die Hemilaminektomie hat sich bei Hunden mit Discopathien als wirksame Technik für die Rückenmarksdekompression erwiesen. Sie erlaubt die Reperfusion des eingeklemmten Rückenmarks mit Blut und  unterbindet die Stauung und Ödematisierung der Rückenmarksgefäße. Eine sorgfältige Entfernung alles vorgefallenen Bandscheibenmaterials verhindert die Bildung einer größeren Entzündung. Zusätzlich zur Hemilaminektomie kann eine Fenestration der benachbarten Bandscheiben vorgenommen, um eine Verminderung des Druckes innerhalb der Scheibe und somit einen späteren Vorfall in den Wirbelkanal zu verhindern.