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Hydrocephalus

Wasserkopf (Hydrozephalus internus) bei Hund und Katze

Was ist ein Hydrocephalus internus ?

Der angeborene Hydrocephalus internus ist eine schwerwiegende Missbildung des Gehirns bei Hund und Katze. Das Wort Hydrozephalus bedeutet „Wasserkopf“.

 

Das Gehirn und die Gehirnflüssigkeit

Das Gehirn von Mensch und Tier verfügt über ein inneres Hohlraumsystem (Ventrikel), in welches ständig eine wässrige Flüssigkeit, der so genannte Liquor, abgegeben wird. Diese Flüssigkeit transportiert Abfallstoffe des Gehirnes aber auch wichtige Botenstoffe zwischen verschiedenen Gehirnregionen. Der Liquor wird unterhalb des Kleinhirnes aus dem Gehirn heraus transportiert und fließt zwischen das Gehirn und die Hirnhaut. Hier übernimmt der Liquor eine weitere wichtige Aufgabe, denn das Gehirn schwimmt in dieser Flüssigkeit, sie macht es leichter und schützt es vor Verletzungen wie ein Wasserkissen.

Da die Gehirnflüssigkeit ständig nachproduziert wird verlässt sie  den Raum zwischn Gehirn und Hirnhaut wieder und wird über die Blutgefäße abtransportiert. Zwischen Produktion und Abtransport besteht beim gesunden Tier ein Gleichgewicht.



Wie entwickelt sich ein Hydrozephalus?

Durch nicht genau bekannte Ursachen kommt es zu einer Verschiebung des Gleichgewichtes zwischen Produktion und Aufnahme der Gehirnflüssigkeit. Dies entsteht oft schon im Mutterleib, es kann aber auch erst innerhalb der ersten Lebensmonate auftreten.  Durch das gestörte Gleichgewicht staut sich der Liquor innerhalb der Gehirnventrikel an. Da das Gehirn eine sehr weiche Konsistenz hat, gibt es dem zunehmenden Druck nach und die Ventrikel erweitern sich. Ein „Wasserkopf“ entsteht, der eigentlich besser „Wassergehirn“ heißen sollte. Allerdings ist der Druck in einigen Fällen so groß, dass der Schädel selbst auseinander gedrückt wird.

 

Unter dem hohen Druck weicht das Gehirngewebe zunächst aus und nutzt alle Möglichkeiten der Kompensation, letzten Endes aber baut sich schrittweise Gehirngewebe ab.

 

Es scheint, dass die Brachyzephalie, also die Kurzköpfigkeit und Kurznasigkeit bei Hunden und Katzen einen prädisponierenden Faktor für die Entwicklung eines Hydrozephalus darstellt. So findet man die Missbildung sehr häufig bei Chihuahuas, Möpsen, Französischen Bulldoggen, Yorkshire Terriern und bei Perserkatzen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Woran erkennt man ein junges Tier mit Hydrozephalus?

Zu Beginn der Stauung der Gehirnflüssigkeit haben die Tiere wenn überhaupt nur wenig sichtbare Krankheits- anzeichen.  Welpen sind oft müde und lustlos. Steigt der Druck an, kommt es zu schwerwiegenden Störungen. Bei Jungtieren, bei denen die Wachstumsfugen des Kopfes noch offen sind, wird der Schädel nach und nach größer und verformt sich sichtbar. Die Gehirnsubstanz baut sich nach und nach ab. Die Tiere werden blind und fangen an zu schielen. Sie taumeln und haben Schwierigkeiten aufzustehen. Meistens sind die betroffenen Welpen kleiner als ihre Geschwister. Auch können sie den Kopf schräg halten und sich um sich selber drehen. In vielen Lehrbüchern wird von epileptischen Anfällen berichtet, die unserer Erfahrung nach eher selten auftreten. Leider haben viele kleine brachycephale Hunderassen einen sehr kuppelförmigen Schädel, sodass man hier schnell fälschlicherweise den Verdacht eines Hydrozephalus äußern kann. Auch die Fehlstellung der Augen ist kein eindeutiges Indiz, da bei vielen brachycephalen Hunden und Katzen die Augenhöhlen verkleinert sind und die Augenmuskeln falsch ansetzen, oder verkürzt sind.

 

Woran erkenn man ein älteres Tier mit Hydrozephalus?

Bei älteren Tieren, bei denen die Schädelnähte geschlossen sind, fällt keine Umfangsvermehrung des Schädels auf un der Hydrozephalus hat keine sichtbaren äußerlichen Anzeichen. Da der Knochen nicht nachgeben kann, entwickeln sich bei diesen Tieren oft schnell und unvermittelt Symptome. Bei den älteren Tieren kann das Gehirn dem Druck der Flüssigkeit nicht nachgeben und wird von innen heraus gegen den Knochen gedrückt. Das führt zu anderen Symptomen als bei den Welpen. Solche Patienten zeigen epileptische Krampfanfälle mit rhythmischen Zuckungen der Gliedmaßen, Bewußtseinsverlust, Speicheln und unwillkürlichem Urin- und Kotabsatz. Diese epileptischen Anfälle sind nur schwer unter Kontrolle zu bringen. Die Tiere können hochgradige Bewußtseinseinschränkungen zeigen und sogar ins Koma fallen.

 

Wie diagnostiziert man einen Hydrozephalus?

Die Diagnose kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Bei noch offenen Wachstumsfugen kann ein Ultraschall die erweiterten Ventrikel darstellen. Allerdings ist mit diesem bildgebenden Verfahren keine Unterscheidung zu anderen Missbildungen möglich, die ähnlich aussehen, allerdings nicht behandelbar sind (z.B. Hydranenzephalie). An sichersten ist eine Kernspintomographie die genaue Aussagen über Art und Ausmaß des Hydrozephalus zulässt. Darüber hinaus können andere Erkrankungen ausgeschlos-sen werden, die im Ultraschall oder in einer Computertomographie (CT) nicht sichtbar sind. Zusätzlich sollte eine Untersuchung der Hirnflüssigkeit erfolgen, um eine Infektion des Gehirnes zu entdecken.

 

Was ist eine Ventrikulomegalie ?

Wie beschrieben, führt ein verminderter Abfluss von Liquor zu einer zunehmenden Erweiterung der Ventrikel. Dabei ist es aber von entscheidender Bedeutung wie schnell diese Erweiterung stattfindet. Nehmen die Ventrikelräume langsam und schrittweise an Volumen zu, kann es sein, dass die Tiere überhaupt keine Symptome aufweisen, obwohl  das Gehirn immer weiter an Masse verliert. Bei vielen kleinen brachyzephalen Hunden liegen erweiterte Ventrikel vor, die ab einem gewissen Zustand nicht mehr an Volumen zunehmen. Es stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein. Diese Ventrikelerweiterung wird als “Ventrikulomegalie” bezeichnet, um sie klar vom Hydrozephalus abzugrenzen, da diese Erweiterung nicht zu klinischen Symptomen führt.

Die Grenze zwischen den beiden Zuständen ist nicht immer klar zu ziehen und die eindeutige Diagnose Hydrozephalus kann eine Herausforderung darstellen.

Vor einer Operation ist es daher extrem wichtig andere Erkrankungen des Gehirns auszuschliessen, um nicht fälschlicherweise einen Hydrozephalus zu behandeln, obwohl eigentlich eine andere Erkrankung die Symptome hervorruft und die Ventrikulomegalie das einzige ist, was im MRT sichtbar ist.

 

 

 

 

 

 

 

 



Wie kann man einen Hydrozephalus behandeln?

Die konservative Therapie mit Medikamenten hat

das Ziel die Produktion der Hirnflüssigkeit zu senken. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Der Liquor wird über ein spezielles Gefäß-Geflecht (Plexus choroideus) in der Weise

produziert dass Natrium (Na), Kalium (K), Chlor (Cl), Bicarbonat (HCO3-) und viele andere Stoffe aktiv in den Ventrikelraum gepumpt werden und Wasser diesem Strom passiv folgt.

Das Medikament Acetazolamid (Diamox) hemmt ein Enzym (Carboanhydrase) über welches Bicarbonat

hergestellt wird. Dis Strategie ist hier: Weniger Bicarbonat = weniger Wasser im Ventrikelraum = weniger Liquor. Das Medikament Furosemid oder Omeprazol hemmen verschiedene Transportpumpen für die Stoffe, die in den Ventrikelraum abgegeben werden. Auch hier gilt: Weniger von

diesen Stoffen im Liquorraum führt zu geringerer Liquorproduktion.

Der Nachweis der Wirksamkeit dieser Medikamente beruht auf den Ergebnissen von Tierversuchen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die Produktion des Liquors unter Einfluss verschiedenen Medikamente wurde 12 Stunden lang gemessen und eine Senkung der Liquorproduktion bis zu 50 %

gemessen.Das Problem der medikamentellen Behandlung ist, dass bei Ausfall einiger Produktionsmechanismen die anderen vermehrt aktiviert werden (”rebound effect”). Neue Studien aus Belgien und aus unserem Haus haben gezeigt, dass diese

 

Medikamente die Liquorproduktion nicht dauerhaft senken können, die Bildung von Liquor hält an!

 

Wie sieht die operative Therapie des  Hydrozephalus aus?

Die operative Therapie des Hydrocephalus internus beruht auf dem Prinzip der permanenten Ableitung von Liquor aus dem Ventrikelraum. Dazu wird ein spezielles Schlauch-system (Shunt) in das Gehirn eingesetzt, das unter der Haut in den Bauchraum geführt wird. Auf diese Weise wird der Liquor dauerhaft abgeleitet und es kann sich kein Hochdruck mehr entwickeln. Um zu verhindern, dass zu schnell zu viel Liquor abgeht, wird ein hochentwickeltes Ventil aus der Neugeborenen-Medizin in das System eingebaut. Das Shuntsystem verbleibt permanent im Körper.

 

 

 

 

Welche Risiken bestehen bei der Operation?

Die Risiken der Operation und der Narkose sind nicht größer als bei jedem anderen Eingriff.

Wichtig ist die postoperative Überwachung der Tiere, da der Teil des Shunts, der im Gehirn sitzt (Ventrikelkatheter) verstopfen kann. Ebenso kann sich eine Hirnentzündung oder eine Blutung im Gehirn entwickeln. Beide Komplikationen lassen sich behandeln.

In einigen Fällen kann das Gehirn nach Verminderung des Drucks im Ventrikelsystem trotz des Einsetzens eines Ventils in das Schlauchsystem kollabieren, was leider nicht mit dem Leben vereinbar ist.

 

Wie ist die Prognose nach einer Operation?

Das Gehirn kann sich vollkommen erholen und die Symptome verschwinden. Leider kann eine bestehende Blindheit durch die OP nicht behoben werden.  Die Langzeitprognose ist gut. Wir haben Tiere in unserem Patientengut, die 10 Jahre nach der Op ein normales Hundeleben führen.