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Atlanto-axiale Instabilität bei kleinen Hunden

Atlanto-axiale Malformation bei kleinen Toy-Rassen

Die oberen Halswirbel der Säugtiere haben im Laufe der Evolution eine besondere Form angenommen. Während die Halswirbel drei bis sieben über eine Bandscheibe  fest miteinander verbunden sind, ist diese Verbindung in der oberen Halswirbelsäule gelockert, um mehr Bewegung zu ermöglichen. Der erste, der auch Atlas genannt wird, hat eine gelenkige Verbindung mit dem Kopf ausgebildet, die es ermöglicht den Kopf abzubeugen. Seine Gelenkpfannen umfassen die Gelenkfortsätze des hinteren Schädelknochens (Okzipitalknochen) und bilden das atlanto-okzipitale-Gelenk.

Der zweite Halswirbel (Axis) hat an seiner Vorderkante einen Knochenzapfen ausgebildet, der in den Wirbelkanal des Atlas hineinreicht. Um die Achse dieses Zapfens kann der Kopf gedreht werden (z.B. beim Kopfschütteln, „Nein-sagen“). Die Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel (atlanto-axiales-Gelenk) wird nur von Gelenkbändern gehalten. Bei vielen kleinen Toy-Hunderassen ist diese Verbindung sehr schwach und instabil.

 

Was ist die Folge der Instabilität?

Aufgrund mangelnder Stabilität kann sich der Gelenkzapfen des Axis, der so genannte Dens (lat.: Zahn) in Richtung des Wirbelkanals verschieben, und die überliegenden Strukturen beeinträchtigen. Je nach  Grad der Instabilität kann sich der Dens bis zur Rückenmarkshaut vorwölben wodurch diese gereizt wird, und Schmerzen hervorgerufen werden. Diese Schmerzen verstärken sich, wenn der Kopf abgebeugt wird, und sich der Dens weiter nach oben hebelt. Es wird unter Spezialisten vermutet, dass viele kleine Hunde, die sich nicht am Kopf berühren lassen wollen, eine unerkannte Atlanto-axiale Subluxation (Ausrenkung einer gelenkigen Verbindung) im Anfangsstadium haben.

Kommt es dazu, dass einzelne Bänder der atlanto-axialen Verbindung reißen, kann das Rückenmark selbst eingeklemmt werden. Jetzt treten Gangstörungen auf und die Schmerzen werden extrem unangenehm. Bei perakuten Subluxationen kann der Hund auf allen vier Gliedmaßen gelähmt sein. Dies kann nach einem geringgradigen Trauma, wie einem Sturz vom Sofa auftreten, aber auch durch einen festen Zug an Leine und Halsband der Tiere.

 

Wie kommt es zu einer Instabilität dieser Halswirbelverbindung ?

Man geht oft davon aus, dass die extrem kleinen Hunderassen an einem Ende des Spektrums vieler möglicher Größen stehen, die die Natur ermöglicht. In der Tat ist es aber so, dass der Kleinwuchs beim Hund auf physiologische aber auch auf abnormale Prozesse zurückzuführen ist.  Das Wachstumshormon (auch Somatotoropes Hormon), das von der Hirnanhangsdrüse gebildet wird, steht bei vielen kleinen Hunden nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Neben den Knochen der Gliedmaßen sind auch die Schädelknochen, insbesondere die der Schädelbasis von der Wachstumsbeschränkungen betroffen. Die Verkürzung dieser Schädelbasis-Knochen beeinflusst die Form des gesamten Schädels und auch die Verbindung zur Wirbelsäule. Die Schädelbasis, an deren hinterem, seitlichen Ende auch die Gelenkknorren für die Verbindung zum Atlas sitzen, schiebt sich nach vorn und die Gelenkknorren rotieren aus ihrer ursprünglichen Position. Dies bedingt eine Fehlstellung der ersten Halswirbel.  Als eine Folge schiebt sich der Atlas durch das Hinterhauptsloch in den Schädel ein, wodurch sich die Subluxation des Axis noch verstärkt.

Aufgrund dieser Beeinträchtigung des Wachstums in der Schädelbasis ist der Kopf der Toy Rassen so rund und kuppelförmig.

 

Was ist ein Overlap-Syndrom

Viele kleine Hunde, in der Regel Chihuahuas und Yorkshire Terrier,  bilden bei einer Instabilität gleichzeitig  ein so genanntes Overlap-Syndrom aus, da sich durch die kurze Schädelbasis der Atlas und das Hinterhauptsloch ineinander schieben und so quasi überlappen. Durch den „Overlap“ bildet sich am Überggang vom Schädel in den Wirbelkanal eine Engstelle,  die die Hirnflüssigkeit daran hindert vom Kopf in Richtung Rückenmark zu fließen. Die Flüssigkeit muss daher einen Umweg nehmen und wird in den Zentralkanal des Rückenmarks gepumpt. Dieses weitet sich durch die Überbelastung von innen heraus auf und es entsteht eine Syringomyelie (siehe Chiari Malformation).

 

Wie diagnostiziert man eine atlanto-axiale Subluxation?

Die Diagnose einer atlanto-axialen Instablilität kann eine Herausforderung darstellen.

Bei einer akuten Instabilität nach Trauma ist Vorsicht geboten. Es sollte ein Röntgenbild in Seitenlage durchgeführt werden, um eine Fraktur des Dens auszuschließen. Durch Röntgenaufnahmen unter EXTREM vorsichtigem Abbeugen kann eine Instabilität dargestellt werden, was aber sehr schmerzhaft werden kann. Eine Magnet-Resonanz-Tomographie hat den Vorteil, dass sie unter Narkose und nach der Gabe von Schmerzmitteln erfolgen kann. Sie zeigt die Auswirkungen der knöchernen Instabilität auf das Rückenmark. Blutungen und Ödeme und Langzeitfolgen wie eine Syringomyelie werden offensichtlich. Missbildungen oder Frakturen des Dens sind zu erkennen, genau so wie die Überlappung von Atlas und Hinterhauptsloch. Der Ausschluss anderer Ursachen für Schmerzen, wie Bandscheibenvorfällen oder entzündlichen Rückenmarkserkrankungen ist aber ein sehr wichtiger Schritt in der Aufarbeitung von Schmerzen der Halswirbelsäule.

 

Was kann man bei einer atlanto-axialen Subluxation tun?

Die Behandlung richtet sich nach der Geschwindigkeit des Auftretens. Bei einer Krafteinwirkung auf die Halswirbelsäule und dem Riss von Bändern zwischen den Wirbeln ist eine operative Versorgung des Patienten unumgänglich. Die ersten zwei Halswirbel werden über Implantate miteinander Verbunden und so stabilisiert. Dies ist eine hochspezialisierte Operation. Durch die Entwicklung neuer Implantate wird diese Operation sicherer und schneller durchzuführen.

 

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