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Nachruf auf Prof. Dr. Dr. Günther Lottes († 28.01.2015)

Professor Dr. Dr. Günther Lottes, der  von 1993 bis 1999 an der JLU Gießen den Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit  innegehabt hat,  ist am 28. Januar 2015 in Potsdam im Alter von 63 Jahren verstorben. Vor seiner Gießener Zeit hatte er seit 1986 in gleicher Funktion an der Universität Regensburg gewirkt, von Gießen aus wechselte er dann nach Potsdam, wo er bis 2007 Direktor des Forschungszentrums Europäische Aufklärung war und bis zu seinem Tod den Lehrstuhl für Kulturgeschichte der Neuzeit bekleidete.

Günther Lottes hat sich einen Namen als Erforscher der Aufklärung gemacht, die er stets in ihren europäischen Dimensionen verstanden wissen wollte. Sowohl seine Dissertation „Politische Aufklärung und plebejisches Publikum“ (1977) wie auch seine Habilitation zu „Aufklärung und konservatives Denken. Studien zur Frühgeschichte des Konservatismus in Frankreich und England“ (1984) sind weit ausstrahlende Beiträge zu einer neuen Ideengeschichte, die sich gegenüber der sozial- und Kulturgeschichte öffnet, gewesen. Der Idee der Aufklärung als eines intellektuellen Diskurses hat er sich auch im akademischen Bereich verpflichtet gefühlt, Kollegen und Schüler erinnern sich seiner als eines brillanten Diskussionsteilnehmers und eines ungeheuer anregenden Kraftquells an Inspiration. Dass der Universität diese intellektuelle Dimension im Zuge der Bologna-Reformen und ihrer Transformation zu einer verschulten Ausbildungsanstalt verloren zu gehen droht, hat er  immer wieder öffentlich kritisiert - auch hier ganz einem Ethos der Aufklärung verpflichtet.

Anregend und gestaltend hat er auch in seinen Gießener Jahren gewirkt. Wesentlich aus seiner Initiative resultierte der Sonderforschungsbereich „Erinnerungskulturen“ als einer der ersten großen geisteswissenschaftlichen Forschungsverbünde in Deutschland. Günther Lottes wurde 1997 dessen erster Sprecher. Er gehört auch zu denen, die frühzeitig die Chance sahen, an der JLU ein geisteswissenschaftliches Doktorandenzentrum einzurichten. An der Gründung der AG Frühe Neuzeit als Organisation der deutschen Frühneuzeitforschung  hatte er entscheidenden Anteil, 1995 fand in Gießen die Gründungstagung statt. Mit Günther Lottes verliert die deutsche Geschichtswissenschaft und namentlich die Frühneuzeitforschung einen ihrer intellektuell anregendsten Vertreter. Das Historische Institut der JLU und der Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit haben ihm viel zu verdanken.

Horst Carl