Inhaltspezifische Aktionen

Abiotrophie bei Hund und Katze

Was ist eine Abiotrophie?

Eine Abiotrophie beschreibt eine Erkrankung des Nervensystems, die durch die spontane, frühzeitige Degeneration von Nervenzellen charakterisiert wird. Der Begriff umfasst dabei im Prinzip alle pathologischen Prozesse, welche die normale Lebenspanne einer voll entwickelten Zelle limitieren. Die Dokumentation eines spezifischen Defektes steht im Falle der zerebellären Abiotrophien noch aus. Abiotrophien von Nervenzellen im Kleinhirn stellen die häufigste Form abiotrophischer Erkrankungen bei Haustieren dar. In den meisten Fällen beschränken sie sich auf die so genannten Purkinjezellen, welche für Veränderungen des Zellstoffwechsels äußerst anfällig zu sein scheinen.

 

Was für Symptome haben Tiere mit einer Abiotrophie?

Die klinischen Symptome der betroffenen Tiere weisen bei allen Hunderassen auf eine Erkrankung des Kleinhirnes hin. Der Zeitpunkt an dem die neurologischen Ausfälle auftreten, ist variabel, wobei bei einem Einsetzen von Defiziten direkt nach der Geburt nicht von einer Abiotrophie, sondern von einer zerebellären Hypoplasie ausgegangen werden muss. Verzögert auftretende Formen der Abiotrophie werden beim Brittany Spaniel, Italian Hounds, beim Bobtail, beim American Staffordshire Terrier und bei einigen Katzenrassen gefunden und als late-onset Abiotrophie bezeichnet.

Hunde, die an einer zerebellären Abiotrophie erkranken, zeigen Symptome, die auf einen umfassenden Funktionsverlust der Purkinjezellen zurückzuführen sind, welche für eine Modulation der Informationen von Großhirn, Gleichgewichtsorgan und Rückenmark verantwortlich sind. Ein Ausfall dieser Kontrolle äußert sich in einem Koordinationsverlust (Ataxie), nicht aber in einer Beeinträchtigung der Initiation der Willkürmotorik (Parese). Die Tiere haben Schwierigkeiten zu stehen, sie kippen um und versuchen über einen breitbeinigen Stand das Gleichgewicht zu halten. Der charakteristische Gang von Tieren mit einer Kleinhirnläsion spiegelt zum Teil den Verlust der Kontrolle der Streckmuskeln der Gliedmaßen wieder und die Läufe werden übertrieben hoch angehoben und zu weit nach vorne ausgegriffen (Hypermetrie). Eine Störung im Kleinhirn führt auch zum Kontrollausfall der Augenbewegungen und zu einem Augenzucken (Nystagmus) in Ruheposition des Kopfes. Manche Tiere haben einen Tremor, also ein Kopfwackeln oder zittern. Alle diese klassischen Anzeichen einer Kleinhirnläsion konnten bei den beschriebenen Labradoren in unterschiedlich starker Ausprägung gefunden werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb.1: Katze mit einer zerebellärer Degeneration. Die Katze steht breitbeinig und hat Gleichgewichtsprobleme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Video 1: Hypermetrischer gang bei einem Hund mit Kleinhirndegeneration. Die Vordergliedmaßen werden zu hoch und zu weit gehoben.

 

Differentialdiagnostisch müssen bei den beschriebenen Symptomen neben kongenitalen Hypoplasien z. B. auch eine Infektion mit dem kaninen Staupevirus, caninem Herpesvirus, Toxoplasma gondii, Neospora caninum, bei Katzen eine Infektion mit dem FIP-Virus und in Endemiegebieten auch Systemmykosen in Betracht gezogen werden. Intrauterine Infektionen mit dem kaninen Herpesvirus oder dem felinen Panleukopenievirus führen zwar durch die Entstehung einer Hypoplasie zu zerebellären Ausfallserscheinungen, diese sind aber schon direkt nach der Geburt ersichtlich und sind nicht progredient. Bei Hunden über zwei Jahren kommt darüber hinaus eine Granulomatöse Meningoenzephalitis in Betracht, Intoxikationen und Traumata können meist anamnestisch ausgeschlossen werden.

 

Welche Hunde sind von einer Abiotrophie betroffen?

Eine Abiotrophie als Ursache für eine Degeneration unterschiedlicher Zellen des Kleinhirns und anderer Anteile des Zentralnervensystems ist bei zahlreichen Hunderassen beschrieben worden. Die wichtigsten sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:

 


Übersicht über Rasseprädispositionen für eine zerebelläre Abiotrophie bei Hunden


 Rasse     

Beginn der klinischen Symptome

American Staffordshire 18 Monate-9 Jahre

Airedale Terrier

bis 12 Wochen

Australian Kelpie

6-12 Wochen

Beagle

4-28 Wochen

Berner Laufhund

6 Monate

Berner Sennenhund

4 Wochen-6 Monate

Bobtail

6-40 Monate

Border Collie

6 Wochen-4 Monate

Bullterrier

6 Monate

Bull Mastiff

4-28 Wochen

Brittany Spaniel

6 Monate-10 Jahre

Cairn Terrier

8-12 Wochen

Cockerspaniel

8-12 Wochen

Coton de Tulear

2 Wochen

Deutsche Dogge

8-12 Wochen

Deutscher Schäferhund

6 Monate

Englischer Pointer

8-12 Wochen

Golden Retriever

8-12 Wochen

Gordon Setter

6-24 Monate

Italian Hound

3 Monate

Kerry Blue Terrier

9-26 Wochen

Kelpie

5-6 Wochen

Labrador

6-17 Wochen

Lagotto Romagnolo

 

Rhodesian Ridgeback

2 Wochen

Rough Coated Collie

4-12 Wochen

Schottischer Terrier

12 Wochen

Zwergpudel

4-12 Wochen

Zwergschnauzer

3 Monate

 

 

Wie diagnostiziert man eine Abiotrophie?

Mit Hilfe der Magnet-Resonanz-Tomographie können andere Malformationen des Kleinhirns, wie das Dandy-Walker-Syndrom ausgeschlossen werden. In der MR- Untersuchung stellen tiefe zerebelläre Sulci mit prominentem Subarachnoidalraum einen Hinweis auf eine Unterentwicklung der Folia cerebelli dar, können aber nicht von einer Hypoplasie oder Atrophie des Kleinhirns aufgrund anderer Ursachen abgegrenzt werden. Die eindeutige Diagnose kann erst histopathologisch erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass beim Coton de Tuléar eine Form der Abiotophie beschrieben ist, bei welcher keine Läsionen mit herkömmlicher Mikroskopie sichtbar sind, da sich die strukturellen, bzw. funktionellen Veränderungen der Zellen auf ultrastruktureller Ebene abspielen und nur mit dem Elektronenmikroskop zu dokumentieren sind.


Was kann man gegen eine Abiotrophie tun?

Leider gibt es keinerlei Möglichkeiten eine Abiotrophie zu behandeln.