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Aktuelles zum BfN-Projekt 2023-2026

06. März 2024 - Die Zentral-/Ostroute der Turteltauben

Drei von den sechs in Sachsen-Anhalt besenderten Turteltauben lieferten lange genug Daten, um verfolgen zu können, welche Zugroute sie nahmen. SA-23-01 startete als erste am 11.09., gefolgt von SA-23-05 am 19.09. und SA-23-02 am 28.09.2023. Wie erwartet flogen alle drei Tauben in Richtung Südosten, nahmen also die Zentral-/Ostroute (Bild). Nach dem Flug über Tschechien und Österreich ging es für SA-23-02 an die kroatische Küste, wo wir das vorerst letzte Signal erhalten haben. Es ist gut möglich, dass sich das Signal beim Überflug nach Italien verlor. Die anderen beiden Tauben flogen ebenfalls über Tschechien und Österreich, rasteten dann jedoch beide mit zeitlicher Überschneidung in Ungarn – etwa 50 Kilometer voneinander entfernt. Interessanterweise variierte die Dauer der Stopover stark zwischen den beiden Individuen. SA-23-05 rastete gerade einmal sieben Tage, bevor sie den Zug fortsetzte, während sich SA-23-01 ganze 20 Tage in ein und derselben Region aufhielt; dann verloren wir ihr Signal. Wie lange sich SA-23-01 also tatsächlich dort aufhielt, können wir nicht sagen. Dass diese Daten tatsächlich ihre Rast widerspiegeln und nicht zurückzuführen sind auf einen abgefallenen Sender oder eine tote Taube, zeigen die Bewegungsdaten. Die Tracking Studie von Schumm et al. (2021) zeigte bereits, dass Ungarn ein wichtiges Land zum Rasten für die östlich ziehenden Turteltauben aus Deutschland ist, was hier für zwei der drei Tauben bestätigt werden kann.

Zugwege von drei in Sachsen-Anhalt besenderten Turteltauben

Bild: Zugwege von drei in Sachsen-Anhalt besenderten Turteltauben

Momentan ist SA-23-05 die einzige Taube, die noch Daten sendet und sich in ihrem Überwinterungsgebiet in Afrika befindet. Mehr zu dem gesamten Herbstzugweg und dem Überwintergebiet dieses Vogels gibt es in einem späteren Beitrag.

 

21. Februar 2024 - Dispersion und Auswertung der Turteltaubenterritorien Sachsen-Anhalts ausgehend von der einzigen erfolgreichen 2023er Fangstelle

In der Saison 2023 wurden in Sachsen-Anhalt sechs Turteltauben in einer Bergbaufolgelandschaft (Kohletagebau) mit GPS/GSM-Sendern der Firma Interrex ausgestattet. Der Besenderungserfolg beschränkte sich auf eine einzige Futterlock-/Fangstelle. Leider fielen die Sender bei zwei Turteltauben (SA-23-03, SA-23-06) nach nur zwei, respektiv drei Tagen aus, so dass für sie der Zeitraum zur Datenanalyse zu knapp war. 
Einer der Brutvögel (SA-23-01) verlagerte sein Aufenthaltsgebiet nach vier Tagen in ein 7 - 8 km östlich gelegenes Gebiet auf der anderen Seite der Tagebaulandschaft. Er brütete dort vermutlich zweimal und kehrte an lediglich zwei Tagen in der Woche vor Ausfall weiterer GPS-Daten in die Gegend der Lockstelle zurück. Die Kerngebiete mit 50 % der Ortungen ("Core areas, C50") der anderen Turteltauben lagen größtenteils etwa 2 – 4 km südwestlich zur Lockstelle, in der Nähe des Mondsees. Mit Ausnahme eines Teils der Corearea von SA-23-05 lagen sämtliche Flächen nicht in Siedlungsgebieten (Bild).
Die Flächen der Aufenthaltsgebiete mit 95 % der Ortungen ("Home ranges, H95") lagen durchschnittlich bei 365,64 ha und schwankten zwischen 130,99 ha – 724,74 ha. Bei den Coreareas lag der Mittelwert bei 44,88 ha und schwankte zwischen 12,15 ha – 102,24 ha. Sowohl bei den Home rages als auch bei den Core areas der sehr kleinen Stichprobe lagen die Werte der brütenden Vögel höher als die der Nichtbrüter.

Bild: Home rages (H95) und Core areas (C50) der 2023 besenderten Turteltauben aus Sachsen-Anhalt

 

07. Februar 2024 - Von Hessen nach Afrika – aber wo lang?

Um vom deutschen Brutgebiet in das afrikanische Überwinterungsgebiet zu gelangen, gibt es für die Turteltauben bekanntermaßen mehr als nur einen Weg. Die Westroute führt über Frankreich, Spanien und Gibraltar, während Tauben auf dem Zentral-/Ostzugweg häufig über u.a. Bulgarien, Italien oder Griechenland fliegen. Nun stellt sich die Frage, welche Tauben welchen Weg nehmen. Es konnte für Deutschland bereits gezeigt werden (Schumm et al. 2021), dass Turteltauben, die in Brandenburg brüten, die Ostroute benutzen, während hessische Turteltauben nach Südwest abziehen.

Von den sechs hessischen Turteltauben, die wir 2023 besendert haben, konnten wir von vier Tieren die Zugrichtung nachvollziehen (Bild). Zwei von ihnen wurden in Sindersfeld, eine bei Korbach und eine bei Wirbelau gefangen und besendert. Die erste Taube (HE-23-02) machte sich bereits am 10. August auf den Weg, während die letzte (HE-23-03) bis zum 30. September wartete. Drei der vier Vögel flogen wie erwartet in südwestlicher Richtung nach Frankreich/Spanien, ein Vogel machte sich überraschenderweise nach Osten auf. Interessanterweise flogen die beiden Turteltauben, die in Sindersfeld besendert wurden und bei denen es sich höchstwahrscheinlich um ein Paar handelte, in die jeweils entgegengesetzte Richtung. Die Wahl der Zugroute kann also in ein und demselben Brutgebiet variieren.

Bild: Zugwege von vier in Hessen besenderten Turteltauben

Auf dem Weg nach Afrika legen die Turteltauben meist einige hundert Kilometer vom Brutgebiet entfernt einen Stopover ein, in dem sie noch einmal viel Energie zu sich nehmen, bevor der eigentliche Teil der Reise startet. Zwei der Westzieher hatten ihren Stopover in Frankreich, der Ostzieher rastete an der deutsch-tschechischen Grenze in der Nähe von Dresden. Leider verlor sich das Signal bei diesen Tieren während oder kurz nach der Rast, die normalerweise circa ein bis zwei Wochen dauert. Bei HE-23-02 verlor sich das Signal schon vor dem Stopover, kurz nachdem die Taube losgeflogen war.

Über das Zugverhalten der Tauben aus Sachsen-Anhalt gibt es dann später mehr.

 

31. Januar 2024 - Turteltauben – tägliche Routine oder häufig neue Ausflugsziele?

Durch die tägliche Lebensraumnutzung werden Habitatansprüche eines Tieres aufgezeigt. Erstmals erlaubt nun die Nutzung GPS-genauer Sender präziseren Aufschluss über die Habitatnutzung von Turteltauben in ihrem Brutgebiet. In der Periode unmittelbar vor der Brut (19. – 23.06 2023) eines Sindersfelder Taubenpärchens entsprachen sich deren Flugstrecken beinahe und pendelten annährend direkt zwischen dem  vermuteten Bruthabitat (K25)  und einem etwa 2,3 km entfernt gelegenen Nahrungshabitat. Auch in der ersten Brutwoche (24. – 30.06.2023) zeigte die Taube (HE‑23-02) ähnliche Flugmuster. Ab der zweiten Brutwoche (01.07 – 08.07.2023) hingegen, zeigte sie stärkeres Explorationsverhalten, was sich auch in den zurückgelegten Distanzen niederschlug: die durchschnittlich erfasste tägliche Flugstrecke änderte sich von anfänglich etwa 7,2 km über etwa 8,0 km auf etwas mehr als 12,6 km.

Bild: Die im Zeitraum vom 19.06 – 08.07.2023 erfassten Flugstrecken von Täuberich HE‑23‑01 ♂ in den Phasen: unmittelbar vor der Brut, erste Brutwoche und zweite Brutwoche.

Ihr Täuberich (HE-23-01), der tagsüber mindestens zwischen 8:00 – 16:00 Uhr brütete, wich in diesem Zeitraum kaum von den annähernd direkten täglichen Wegen zwischen Brut- und Nahrungshabitat ab und legte dabei durchschnittlich etwa 6,4 km erfasste Flugstrecke zurück (Bild). Damit entsprach diese der durchschnittlich erfassten tägliche Flugstrecke der hessischen Turteltauben.

Speziell hessische Tiere mit Brutverdacht (n = 3) flogen annähernd konstante Streckenmuster. Im Gegensatz dazu zeigten die hessischen Nichtbrüter (n = 3) entweder vor allem Explorationsverhalten (n = 2), oder einen Mix aus beiden beobachteten Verhaltensweisen (n = 1). Hierdurch erklärt sich zumindest teilweise, warum in Kombination mit den 2023er Witterungsverhältnissen unsere Futterstellen oft so schlecht entdeckt und angenommen wurden. Die reproduzierten Flugstreckenmuster zeigen allerdings auch, dass für Turteltauben der Erhalt ihrer vorhandenen und genutzten Futterstellen besonders wichtig ist.

 

15. Januar 2024 – Kurzer Rückblick auf die Besenderungen 2023 – und DANKE !! 

Bild: Ein Jungvogelnachweis an einer Futterstelle im Wetteraukreis, Hessen

Bild: Ein Jungvogelnachweis an einer Futterstelle im Wetteraukreis, Hessen

Ein ereignisreiches Jahr 2023 hat sich verabschiedet. Nachdem das Projekt recht kurzfristig starten sollte, waren die ersten Prioritäten die möglichen Fangstellen und Partner für Freilandarbeiten zu finden, Genehmigungen und Sender zu besorgen. Soweit hoffnungsvoll Anfang Mai gestartet, folgte ein sehr nass-kalter Mai und eine Reihe aussichtsreicher Stellen wurden daraufhin wieder verlassen.

Im heißen Juni konnten wir dann einige erfolgreiche Fänge mit Besenderungen (6 Turteltauben in Hessen und 6 in Sachsen-Anhalt) durchführen. Dabei konnten wir die GPS-GSM Sender von zwei Firmen (Interrex Telemetry aus Polen und Hunan Global Messenger Technology aus China) vergleichen.

Besonders detaillierte Daten aus den Brutgebieten in Hessen und Sachsen-Anhalt lieferten die Interrex-Sender. Leider waren hier jedoch die Antennen weniger stabil, und nach und nach fiel die detaillierte Datenaufnahme bei den Sendern aus. Aber die Sender konnten weiterhin über die Funktürme (allerdings mit nur noch ca. 2-4 km Genauigkeit) verfolgt werden. Die gute Nachricht: Die Firma Interrex hat die Sender weiterentwickelt und bietet sie jetzt mit internen Antennen an. Die Hunan Sender lieferten stabil, aber deutlich weniger häufig Daten. Ein Sender fiel hier leider auch recht rasch aus.

Von den meisten Tauben erhielten wir bis zum Herbstzug Daten. Dann haben sich die Tiere wohl mit den Sendern in die Funklöcher südlich der Sahara verabschiedet, mit einer Ausnahme - eine TT aus Sachsen-Anhalt funkt immer mal aus dem Tschad, dazu aber später mehr. Wir hoffen auf einige Rückkehrer (und Daten) im April, und auf die neuen Sender, die hoffentlich im nächsten Jahr noch besser funktionieren, sowie erste HALM-Maßnahmen (Turteltauben-Brachen) in Hessen.

Wir - Prof. Dr. Petra Quillfeldt (Projektleiterin) sowie Hannes Ruß (Projektmitarbeiter, Schwerpunkt Internationale Fragen - Zugwege) sowie Uta Gerz (Projektmitarbeiterin, Schwerpunkt Nationale Fragen – Habitatnutzung, AUM) - bedanken uns an dieser Stelle für die Unterstützung durch die vielen Beteiligten - im Freiland, in Behörden und Vereinen, insbesondere:

  • BfN: Dr. Hans-Christian Stotzem, Dr. Jasmina Stahmer & Mirjam Fretter
  • Danuta Heise (Sekretariat)
  • Ben Metzger und Dr. Yvonne Schumm (Freilandarbeiten)
  • Janne Bredehöft (Tierschutzbeauftragte der JLU)
  • allen Helfern, die selbständig in Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Futterstellen angelegt und/oder kontrolliert haben: HESSEN: Carsten Grebe, Isabelle Hardt, Nicola Böye THÜRINGEN: Stephan Zinke, Andreas Goedecke, Ronald & Nicolas Glaser, SACHSEN-ANHALT: Michael Arens, Renate Holzäpfel, Bernd Nicolai, Dr. Wolfram Pethe, Martin Schulze, Stefan Fischer (Vogelschutzwarte Steckby, vielen Dank auch für die Mithilfe bei der Koordination)
  • allen Helfern, die uns bei der Suche nach geeigneten Stellen (und dem Einholen von Kontakten und Genehmigungen) unterstützt haben, hier besonders Tobias Reiners und Manfred Reitz
  • Der Firma FRIEDRICH electronic (Lollar) für Weizen-Spenden
  • allen hilfsbereiten Landbesitzern und Jagdpächtern