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Nia Künzer

Nia Künzer wurde 1980 in Botswana geboren und wuchs im hessischen Wetzlar auf, wo auch ihre Karriere als Fußballerin begann. Es folgte ein Wechsel zum VfB Gießen. Dort wurde sie für die Nationalmannschaft entdeckt. Mit dem 1. FFC Frankfurt (1997 bis 2008), für den sie in der Abwehr spielte und viele Jahre Kapitänin war, wurde sie siebenmal Deutsche Meisterin, genauso oft DFB-Pokalsiegerin und gewann dreimal den UEFA-Pokal. 2003 war sie Schützin des „Golden Goals“ im WM-Finale gegen Schweden und machte Deutschland erstmals zum Frauenfußball-Weltmeister. Verletzungsbedingt beendete Weltmeisterin Nia Künzer 2005 ihre Karriere in der Nationalmannschaft, spielte aber noch bis zum Triple-Gewinn 2008 für den 1. FFC Frankfurt weiter. 2008 schloß sie an der Universität Gießen ihr Pädagogik-Studium ab.

Heute arbeitet Nia Künzer im Hessischen Innenministerium und ist Sportbotschafterin des Landes Hessen. Zudem fungiert die 31-Jährige als ARD-Frauenfußball-Expertin und war auch bei der WM 2010 in Südafrika als ARD-Morgenmagazin-Expertin live vor Ort. Des Weiteren engagiert sich Nia Künzer als Botschafterin bei „Kinder stark machen“ und „Integration gewinnt“ sowie bei vielen weiteren sozialen und integrativen Projekten.

 

Sie haben einige Jahre Ihres Lebens an der JLU verbracht. Was haben Sie für sich persönlich mitgenommen?

Insgesamt ist das Studentenleben schon eine tolle und auch wichtige Erfahrung für mich gewesen. Gerade das Umfeld einer Uni ist sehr interessant und vielfältig. Mein Tagesablauf sah sicher anders aus als der Tagesablauf der meisten Studenten. Ich musste lernen, mich selbst zeitlich, aber auch inhaltlich zu organisieren, um Studium und Leistungssport unter einen Hut zu bringen. Dafür brauchte es doch einiges an Durchhaltevermögen, Zielstrebigkeit und Disziplin. Auch wenn nur wenig Zeit für gemeinsame Mensabesuche usw. blieb, stand natürlich das Zusammensein mit Kommilitonen im Mittelpunkt und machte das „Leben“ an einer Uni zu etwas Besonderem. Ich habe es genossen, einmal nicht über Fußball zu reden und mich in dieser Umgebung zu bewegen.
Abgesehen davon, dass die meisten Seminare und Vorlesungen überfüllt waren, habe ich es gerade zu Anfang sehr spannend empfunden, neue Dinge zu lernen bzw. zu erfahren. Die Art der Wissensvermittlung war zu diesem Zeitpunkt auch ein neues Element, welches ich als spannend empfand.
Heute profitiere ich von der Kombination aus abgeschlossenem Hochschulstudium und meiner Leistungssportkarriere und bin dankbar und froh, trotz einiger Zweifel diesen Weg gegangen zu sein.


Was verbindet Sie heute noch mit der JLU? Stehen Sie noch in Kontakt zu ehemaligen Kommilitonen?

Klar ist, dass ich immer eine Beziehung zur JLU haben werde, da sie ein Teil meines Lebens ist und bleibt. Ich habe dort viele Erfahrungen gemacht und Momente erlebt, die ich nicht missen möchte. Es ist Teil meiner Identität und ich bin stolz und froh, wenn ich höre, dass jemand an der JLU studiert oder studiert hat. Da ich aber außerhalb der Vorlesungen und Seminare auf Grund meines Trainingsplans nur sehr wenig Zeit hatte, gibt es nur einige Kommilitonen, zu denen ich heute noch Kontakt habe.


Gibt es aus Ihrer Studienzeit eine interessante Geschichte, die Ihnen einfällt, wenn Sie an Ihre Zeit an der JLU zurückdenken?

Interessante Geschichten gibt es schon, aber die sind nicht durchweg positiv. Zum Beispiel wurde ich, wie auch andere Kommilitonen, in den ersten drei Semestern aus vielen Seminaren im Bereich Erziehungswissenschaften wegen Überfüllung „rausgeworfen“, da die älteren Semester Vorrang hatten. Als wir dann im vierten Semester waren und frohen Mutes wieder in die geforderten Seminare gingen, hieß es, dass nun gelost werden würde, wer im Seminar bleiben darf. Man kann sich vorstellen, was wir von dieser neuen Regelung hielten…


Womit konnte man Sie vom Lernen abhalten?

Ehrlich gesagt, konnte man mich mit fast Allem vom Lernen abhalten. Ich war nicht die Fleißigste und nicht immer so diszipliniert, dass ich in meiner knappen Freizeit Lust hatte zu lernen. In der Gruppe zu lernen war fast unmöglich für mich. Dann lieber gemeinsam Kaffee trinken oder feiern gehen. Und alleine habe ich immer etwas gefunden, was noch vorher erledigt werden musste. Und wenn es putzen oder aufräumen war…
Und doch habe ich es irgendwie zu Ende gebracht.


Wo waren Sie in Gießen, wenn Sie nicht an der Uni waren?

Abends waren wir meistens im „Haarlem“ oder im „Ulenspiegel“. In der Ludwigstraße habe ich nicht nur Fasching gefeiert und für etwas ruhigere Stunden haben wir uns im „Alt-Giessen“, der „Kate“ oder im „Chevy“ getroffen. Das sind zumindest die Locations, an die ich mich erinnere. Heute gehe ich nur noch selten in Gießen weg.


Gab es während Ihrer Zeit an der JLU ein Seminar bzw. eine Vorlesung, die Sie – im Nachhinein betrachtet – als wichtig für Ihren Werdegang erachten?

Wichtig für meinen Werdegang war vor allem die Gesamtheit des vermittelten Wissens. Gerade in meinen Fächern Pädagogik, Psychologie und Sport habe ich mich mit sehr vielen wichtigen Lehren, Erfahrungen und Ergebnissen der Vergangenheit und Gegenwart auseinandersetzen müssen, die hochspannend waren und zu einem guten Basiswissen in vielen Bereichen beitragen.
In guter Erinnerung sind mir dabei eher die Dozenten geblieben, durch ihre Wissensvermittlung, aber auch wegen ihrer Art insgesamt. Frau Retzlaff zum Beispiel. Bei ihr habe ich unter anderem das Seminar „Geschichte der Pädagogik“ besucht. Neben der Auseinandersetzung mit den einzelnen Epochen der Pädagogik, hatte man bei ihr das Gefühl, dass sie offen für einen (kontroversen) Dialog mit den Studenten war. Nebenbei hat sie es auch noch verkraftet, dass in jedem ihrer Seminare statt der zugelassenen ca. 30 Studenten in der ersten Woche immer ca. 150 Studenten saßen und sie immer nach einer fairen Lösung gesucht und dabei nicht die Nerven verloren hat.


Was würden Sie heute in Ihrem Studium anders machen?

Grundsätzlich bin ich zufrieden, aber das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich meinen beruflichen Weg gefunden habe. Daher bin ich auch mit meiner Fächerkombination und dem Diplomabschluss zufrieden. Für mich war es wichtig, noch vor der Bachelor-Einführung das Studium zu beenden. Natürlich würde ich bei der einen oder anderen Vorlesung etwas genauer hinhören und dementsprechend fester verankern. Vielleicht würde ich heute auch etwas offensiver mit meinem Leistungssport umgehen, da ich damit nie hausieren gegangen bin, es mir aber – auf Grund meiner Fehlzeiten – oft schwer gemacht wurde. Ich hoffe, dass sich in dieser Beziehung etwas an der JLU geändert hat.
Rückblickend würde ich versuchen, die Zeit des Studiums insgesamt bewusster zu erleben und zu genießen.


Was hat Ihnen an Gießen am besten gefallen?

Die Studenten der JLU und der FH prägen das Stadtbild sehr positiv. Ich empfinde die Uni daher als überaus wichtig für die Stadt Gießen.


Besitzen Sie noch Erinnerungsstücke aus Ihrer Studienzeit?

Außer einigen Unterlagen, Literatur und der Diplomurkunde fällt mir eigentlich so spontan nichts ein.


Von Ehemalige zu Student/in: Was raten Sie der gegenwärtigen Studentengeneration?

Das ist schwierig, denn ich bin nicht mehr wirklich nah am Uni-Alltag dran. Für das Studium ist sicher oft ein langer Atem notwendig, um die Sache zu Ende zu bringen. Gerade wenn Seminare und Vorlesungen überfüllt sind. Zweifel sind ganz normal, man darf sich aber nicht von seinem Weg abbringen lassen.
Wie ich schon gesagt habe, versucht die Zeit bewusst zu erleben und zu genießen!

 

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