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Wettbewerbsspiele

Kurzinfo

Interaktiva-Band 4:

Leggewie, Claus / Schwier, Jürgen (Hg.)

Wettbewerbsspiele

 

Erscheinungstermin: 15. Mai 2006
ISBN 978-3-5933-8032-2
188 Seiten, 24,90€

 

 

 

 

inhalt

Politik und Sport sind zentrale Themen der Massenmedien. Ob Bundestagswahl oder Fußball-Weltmeisterschaft – beide Ereignisse beherrschen den Blätterwald und die Fernsehbilder über Wochen. Sie stellen beide einen Wettbewerb dar, der jeweils mit ähnlichen Mitteln in Szene gesetzt wird – als Drama und Spektakel, mit den Mitteln der Emotionalisierung und Personalisierung. Im Mittelpunkt der Beiträge des vorliegenden Bandes steht insgesamt die Suche nach den Gemeinsamkeiten, Unterschieden, Wechselbeziehungen und Rückkopplungen zwischen den massenmedialen Inszenierungen von Sport und Politik. Deren miteinander verflochtenen und häufig deckungsgleichen Präsentationen und Repräsentationen werden am Beispiel der Diskurse um die Fußballweltmeisterschaft und die letzte Bundestagswahl unter Berücksichtigung der Aspekte der Theatralisierung, Emotionalisierung, Personalisierung und Telegenisierung aufgegriffen. Den Anfang macht Mathias Mertens, der zunächst das Phänomen Medienereignis auf einer allgemeinen Ebene analysiert und des Weiteren auf die Inszenierungsabsichten bei der Berichterstattung über Fußball und Politik eingeht. Herausragende Medienereignisse zeichnen sich für Mertens durch einen besonders hohen Grad an Aufmerksamkeit und eine deutliche Intensivierung der Kommunikationsprozesse aus. Zudem generieren und strukturieren sie sowohl soziale als auch räumliche Grenzen überschreitende Öffentlichkeiten.

Im Rekurs auf ausgewählte empirische und theoretische Befunde unternimmt Thorsten Schauerte einen Strukturvergleich zwischen den Mustern der massenmedialen Berichterstattung über Großereignisse in den Feldern Politik und Sport, wobei vor allem die Bedeutung der Faktoren Personalisierung, Visualisierung sowie Prominenz- und Eliteorientierung herausgearbeitet werden. Darüber hinaus diskutiert der Autor den medialen Umgang mit Sieg und Niederlage, also die Reaktionen der Medien und der Politiker bzw. Sportler auf das Ergebnis einer Wahl oder eines Sportwettkampfes.

Der häufig anzutreffenden Fußball-Politik-Analogie widmet sich der Beitrag von Eike Hebecker, der zunächst auf die Parallelisierungen der Personalisierung, einer gemeinsamen Pfadabhängigkeit gesellschaftlicher Entwicklungen, einer Indikator- und einer Stellvertreterfunktion hinweist. Die Analogisierung wird des Weiteren am Beispiel der medialen Konstruktion und der öffentlichen Anteilnahme bei der Besetzung der vermeintlich wichtigsten Ämter der Republik – Bundeskanzler und Bundestrainer – untersucht. Die Ebenen der rekonstruktiven Medienanalyse beziehen sich dabei auf den Verlauf, die Akteurskonstellationen sowie die Selbstdarstellungsmuster der Beteiligten. Dabei geht es weiniger darum, die Analogiebildung zwischen Sport und Politik durch weitere Belege zu bestätigen oder zu widerlegen, sondern darum, die Dimensionen und Funktionen eines solchen Vergleichs aufzuzeigen.

Unter Bezugnahme auf das Weltmeisterschafts-Motto Die Welt zu Gast bei Freunden stellt Jürgen Schwier zunächst die Rolle dar, die die Kategorie nationale Identität bei der medialen Inszenierung des Fußballsports spielt. Daran anschließend geht er der Frage nach, wie sich der Gastgeber Deutschland im Rahmen der offiziellen WM-Kampagnen sowie der von der Bundesregierung gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie getragenen Standort-Initiative Land der Ideen präsentiert und welche Muster nationaler Repräsentation hierbei Anwendung finden.

Der Beitrag von Claus Leggewie geht der Frage nach, wie die „Marke Deutschland“, deren Image und Performanz sportlichen Spitzenleistungen des Deutschen Reiches vor 1945 und beiden deutscher Nachfolge-Staaten geschuldet war, in einer globalisierten Sportlandschaft positioniert wird, wie sich mit anderen Worten nationale Stereotypen und Identifikationen zu einer entgrenzten, von globalen Investitionsstrategien markierten und von transnationalen Medienereignissen bestimmten Sportwelt verhalten. Einerseits stärken wirtschaftliche, kulturelle und politische Entgrenzungsphänomene die nationale Dimensionierung des Sports, andererseits wird auch die angeblich schönste Nebensache der Welt in die Dynamik der Globalisierung einbezogen. Dazu werden strukturelle Dimensionen der Globalisierung herausgearbeitet und auf globale Sportprozesse und Sportpolitiken übertragen. Die Hypothese lautet, dass im Subsystem Sport eine gegenläufige, aber kompatible Tendenz vorherrscht: Funktionale Entdifferenzierung – Sport, Wirtschaft und Mediensystem konvergieren – bei kultureller Ausdifferenzierung – Sport markiert kulturelle und ethnische Unterschiede.

Mit den Rekrutierungsmustern und Karriereverläufen in Politik, Fußball und Medien beschäftigt sich Christoph Bieber. Die Verzahnung, Zusammen- und Weiterführung derartiger Karrieren verweist aus seiner Sicht zunächst auf die fortschreitende Professionalisierung in den Bereichen Mediensport bzw. Medienpolitik und untermauert damit die These von den benachbarten Berufsfeldern. Mit einer Analyse exemplarischer Karriereverläufe wird dann demonstriert, welche Qualifikationsmerkmale derartige Doppelberufsbiografien begünstigen. Gleichzeitig gelingt damit ein neuer Blick auf den Grad der Verschränktheit der jeweiligen Nachbarsysteme sowie strukturelle Ähnlichkeiten innerhalb des magischen Dreiecks Fußball, Medien und Politik.

Die inzwischen sowohl im Mediensport als auch in der Medienpolitik nahezu selbstverständliche Suche von Journalisten nach Schuldigen steht im Mittelpunkt des Beitrags von Oliver Fritsch, der unter Bezugnahme auf Forschungsergebnisse zum politischen Skandal die Berichterstattung deutscher Zeitungen über den Fußballbundestrainer Jürgen Klinsmann sowie die öffentliche Debatte um dessen Wohnsitz in Kalifornien mit den Diskussionen um die Rolle des ehemaligen Verfassungsrichters und Steuerexperten Paul Kirchhof im CDU-Kompetenzteam während des letzten Bundestagswahlkampfs vergleicht.

Thomas Bruns und Thomas Schierl fragen nach den Ähnlichkeiten der medialen Prominenzierungsstrategien im Feld des Sports und der Politik. Die Autoren präsentieren dabei ausgewählte Ergebnisse einer quantitativen Inhaltsanalyse des Magazins Bunte über einen Zeitraum von dreißig Jahren und weisen auf dieser empirischen Basis auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Inszenierungsabsichten von Sportlern und Politikern hin.

Den Abschluss bildet ein Gespräch mit Daniel Cohn Bendit, der sich nicht nur als Ko-Fraktionschef der Grünen im Europäischen Parlament wiederholt zu den Wechselbeziehungen zwischen Fußball und Politik geäußert hat, sondern mit seiner Initiative Allianz gegen Franz auch Einfluss auf die Wahl des nächsten UEFA-Präsidenten nehmen will. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Campus Verlags.