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Veröffentlichungen • Beurteilung einer vorwiegend lakto-vegetabilen Ernährungsform anhand der Zufuhr und der Versorgung mit Vitaminen - Unter besonderer Berücksichtigung der antioxidativ wirkenden Vitamine C und E und des β-Carotins


Maike Groeneveld

Dissertation, Gießen 1994

Zusammenfassung

In der Gießener Vollwert-Ernährungs-Studie wurde der Ernährungs- und Gesundheitsstatus von Frauen untersucht, die Vollwert-Ernährung - eine überwiegend lakto-vegetabile Kostform - praktizieren. Hauptmerkmale der Vollwert-Ernährung sind ein hoher Verzehr von Gemüse und Obst, vor allem in unerhitzter Form, die Bevorzugung von Vollkornprodukten gegenüber Auszugsmehlprodukten sowie ein auf höchstens etwa 2 Portionen pro Woche begrenzter Fleischverzehr.Im theoretischen Teil dieser Arbeit wird ein Überblick über die Bedeutung der Vitamine gegeben, wobei die Wirkungsweise der antioxidativ wirkenden Vitamine E und C und des β-Carotins einen Schwerpunkt bildet. Darüber hinaus wird die Relevanz eines hohen Gemüse- und Obstverzehrs im Hinblick auf die Prävention gegen Krebs- und Herz-Kreislauferkrankungen dargestellt. Gegenstand des praktischen Teils der Arbeit sind die Zufuhr und Plasmakonzentrationen von Vitaminen bei 243 Vollwertköstlerinnen (VWK) und einer Vergleichsgruppen von 175 Frauen, die als Mischköstlerinnen (MK) bezeichnet werden.

Die Untersuchungsteilnehmerinnen sind 25 - 66 Jahre alt, wobei das Durchschnittsalter der VWK 44 Jahre und das der MK 42 Jahre beträgt. Die untersuchten VWK praktizieren Vollwert-Ernährung seit durchschnittlich 8 Jahren. Ein Merkmal der VWK ist ihr hoher Bildungsstand und ihr hohes Gesundheitsbewußtsein, was sich z. B. im niedrigen Alkohol- und Zigarettenkonsum zeigt. Die VWK weisen zudem einen niedrigeren BMI auf als die MK. Der Lebensmittelverzehr der Untersuchungsteilnehmerinnen wurde mit Hilfe eines 7-Tage-Schätzprotokolls erfaßt und die Nährstoffzufuhr auf der Basis des Bundeslebensmittelschlüssels errechnet. Die VWK konsumieren sehr viel mehr Gemüse, mehr Obst und weniger Fleisch und Fleischprodukte als die MK. Annähernd die Hälfte der VWK (46 %) ernährt sich vegetarisch. Der Verzehr von Milch und Milchprodukten ist in beiden Kostgruppen nahezu gleich hoch. Der Anteil von Kohlenhydraten an der Energiezufuhr ist bei den VWK signifikant höher und der Anteil von Fett ist signifikant niedriger.

Die Zufuhr der in dieser Arbeit untersuchten Vitamine ist bei den VWK in den meisten Fällen höher als diejenige der MK. Dies gilt speziell für die Vitamine E, C, B1 und B6 und für das Carotin. Die Zufuhr von Retinol und Vitamin B2 ist in der Gruppe der VWK signifikant niedriger. Mit Ausnahme des Vitamins B2 überschreitet die Nährstoffdichte der Kost der VWK die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Als Folge des hohen Gemüse- und Obstverzehrs weisen die VWK deutlich höhere β-Carotin-Plasmakonzentrationen auf als die MK. Die Plasmakonzentrationen der Vitamine E und C sind bei beiden Gruppen relativ hoch, jedoch nicht signifikant verschieden. Als Indikatoren für die Versorgung mit Thiamin, Riboflavin und Pyridoxin wurden die Enzymaktivitäten der erythrozytären Transketolase, Glutathion-Reduktase und der Glutamat-Oxalacetat-Tansaminase bestimmt. Diese sind bei beiden Kostgruppen ebenfalls nicht signifikant verschieden. Die Retinol-Plasmakonzentration ist in der Gruppe der VWK signifikant niedriger, was jedoch möglicherweise eher auf andere Ursachen (z. B. Einnahme von Hormonpräparaten) als auf die Vitamin A-Zufuhr zurückzuführen ist.

Die Plasmakonzentrationen der antioxidativ wirkenden Vitamine E und C und des β-Carotins wurden in dieser Arbeit zu einem Index, genannt CIAVIT, zusammengefaßt. Die VWK, und speziell die vegetarisch lebenden VWK, weisen einen höheren CIAVIT-Index auf als die MK. Der CIAVIT korreliert in der Gruppe der VWK mit der Dauer der Vollwert-Ernährung und mit den Verzehrsmengen von unerhitztem Gemüse und frischem Obst.

In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, daß die Vollwert-Ernährung, sofern sie entsprechend den Gießener Empfehlungen durchgeführt wird, eine ausreichende Vitaminzufuhr beinhaltet. Gleichzeitig ist eine hohe Ballaststoffaufnahme sowie eine niedrige Cholesterinzufuhr zu beobachten, was aus präventivmedizinischer Sicht von großem Nutzen für die Gesundheit sein dürfte. Aufgrund des hohen Gemüse- und Obstverzehrs der VWK ist zu vermuten, daß VWK - ähnlich wie Vegetarier - ein niedrigeres Erkrankungsrisiko für Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen. Die hohe Zufuhr von antioxidativ wirkenden Vitaminen und deren hohen Plasmakonzentrationen bieten Schutz vor Gesundheitsrisiken durch freie Radikale.

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