Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Untersuchungen zu spezifischen Berufsgruppen
An der Professur für Kriminologie werden mehrere empirische Forschungsprojekte zur Gewinnung von Erkenntnissen über vielfältige Erscheinungsformen von Gewalt und Aggressionen gegen Bedienstete des öffentlichen Dienstes durchgeführt.
Besonders in den letzten Monaten und Jahren sind Bedrohungen, Beleidigungen und sonstige Aggressionen gegen die o.g. Personengruppen auch in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung geraten. Durch die Durchführung der Forschungsprojekte sollen sowohl quantitative Erkenntnisse über die tatsächliche Gewalt- und Aggressionsbetroffenheit als auch qualitative Erkenntnisse gewonnen werden. Diese sind zwingend notwendig, um Präventionsmaßnahmen entwickeln zu können.
Ausgangspunkt: dbb-Studie: Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst
Im Auftrag des dbb beamtenbund und tarifunion Landesbund Hessen (DBB Hessen) führte die Professur für Kriminologie im Zeitraum vom 24. September 2019 bis zum 30. November 2019 eine Online-Befragung der bei den dbb-Hessen-Gewerkschaften organisierten Beschäftigten im Öffentlichen Dienst in Hessen durch. Die Zielsetzung der Befragung lag darin, das Ausmaß und die Häufigkeit der Betroffenheit von Gewalt und Aggressionen im dienstlichen Kontext zu erfahren.
Die Studie ermöglichte in einem relativ überschaubaren Zeitraum einen ersten Eindruck von der Gewaltbetroffenheit im dienstlichen Zusammenhang und wurde nach einer Analyse der Ergebnisse mit vertiefenden Befragungen einzelner Berufsgruppen fortgesetzt. Standen bei bisherigen Studien besonders exponierte Berufsgruppen wie Polizei, Einsatzkräfte (Feuerwehr und Rettungskräfte) sowie grundsätzlich Vollstreckungsbeamte im Vordergrund, bestand die Annahme, dass über die genannten Berufsgruppen hinaus deutlich mehr Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Aggressionen und Gewalthandlungen ausgesetzt sind.
Den vollständigen Abschlussbericht zur Studie können Sie hier herunterladen.
Im Rahmen der o.g. nicht repräsentativen Befragung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Landes Hessen zeigte sich, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, Bedienstete der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter, aber auch Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Bedienstete im Justizvollzug in besonderem Maße von Gewalt- und Aggression betroffen sind. Ausgehend von diesem Befund wurden einzelne dieser besonders belasteten Berufsgruppen im Zuge weitergehender Forschung näher betrachtet:
Folgeuntersuchungen: Abgeschlossene Studien
Folgende Studien wurden hierzu bereits durch die Professur für Kriminologie durchgeführt.
Gewalt gegen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher & Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsagentur und der Jobcenter
Im Auftrag des dbb Hessen erfolgte zwischen September 2020 und Januar 2021 eine qualitative Untersuchung zu Gewalt und Aggressionenserfahrungen von Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern sowie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Arbeitsagenturen und der Jobcenter. Die Ergebnisse sind Gegenstand dieses Berichts.
Gewalt gegen Lehrkräfte in Hessen
Im Herbst 2022 führte die Professur (erneut im Auftrag des dbb Hessen) eine Untersuchung zur Gewaltbetroffenheit von Lehrerinnen und Lehrern an hessischen Schulen durch. Die Ergebnisse sind Gegenstand dieses Berichts.
Folgeuntersuchungen:
Gewalt und Bedrohungen gegen Justizvollzugsbeamte
Der besonderen Gewalt- und Aggressionsbelastung von Bediensteten im hessischen Justizvollzug wurde im Zuge eines Promotionsvorhabens nachgegangen. Franziska Kemperdiek führte hierzu eine quantitative und qualitative Untersuchung in allen hessischen Justizvollzugseinrichtungen durch. Im Justizvollzug beschäftigtes Personal ist diversen aggressiven Verhaltensweisen ausgesetzt. Unterschiedlich hohe Betroffenheiten sind u.a. von der beruflichen Tätigkeit und der Haftform abhängig. Die Arbeit überblickt die Situation der Gewaltbetroffenheit von JVA-Bediensteten in Hessen und diskutiert Präventionsmaßnahmen.
Die Dissertationsschrift von Franziska Kemperdiek wird zeitnah im NOMOS-Verlag veröffentlicht und erscheint als Teil der Reihe „Gießener Schriften zum Strafrecht und zur Kriminologie".
Kemperdiek, Franziska: Gewalt und Aggressionen gegen Bedienstete im hessischen Justizvollzug – Eine empirische Untersuchung. NOMOS: Baden-Baden (im Erscheinen).