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Jugendlicher Symposiast mit Kranz und Binde

Verfasserin: Waltrud Wamser-Krasznai

 

 TI-30

Jugendlicher Symposiast mit Kranz und Binde, Inv. T I-30

Provenienz unbekannt.

 

Vorderseite aus verbrauchter Matrize. Rückseite konkav, nicht ausgearbeitet, flüchtig geglättet. Versintert. Spuren kräftiger Reinigung.

Heller gelbbrauner (7,5 YR 7/5-7/6) Ton mit einzelnen feinen Einschlüssen. Reste von heller Engobe an Kranz und Palmette, keine Bemalungsspuren.

Erhaltung: Kopf mit Schmuck, im Bereich des Halses schräg gebrochen. Flauer Abdruck aus verbrauchter Matrize.

Maße: H: 9,2 cm; B: 6,6 cm; T: 3,0 cm

Lit.: W. Wamser-Krasznai, Studien zu den Typen der Tarentiner Symposiasten (Diss. Justus- Liebig- Universität Gießen 2003) URL: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2003/1184, 100 f. 126. 137. 175 Abb. 55.; W.Wamser-Krasznai, Für Götter gelagert (Budapest 2013), 93-96.

 

Beschreibung: Eine breite Binde und ein dicker, von einer Palmette bekrönter Kranz mit drei fünfblättrigen Rosetten schmücken den bartlosen Kopf. Unterhalb der seitlichen Rosetten entfalten sich Tänien, die leicht nach vorn schwingen und sich nach unten verbreitern. Das Haar ist aus der Stirn nach oben frisiert. Über der rechten Schläfe erkennt man eine hochstehende Haarschlinge und eine ‘Ringellocke’.

An den rundlichen Oberkopf schließt ein Untergesicht an, das sich mäßig nach unten verjüngt und in einem vorspringenden Kinn endet. Dieses ist durch eine Querfurche von dem vollen Mund abgesetzt. Über den tief in den Höhlen liegenden Augen deuten sich Brauenbögen an.

Der leicht nach rechts gedrehte Kopf ist ganz auf die Betrachtung von vorn angelegt. Während die verkürzte rechte Wange rasch in die Tiefe führt, leitet die breitere linke sachte nach hinten.

 

Kommentar: Der jugendliche Symposiast vertritt einen Typus mit ausladendem, vertikal aufragendem Kopfschmuck und kurzem, asymmetrisch nach oben frisiertem Haar, der sich außer in Tarent auch in Herakleia und Metapont großer Beliebtheit erfreute[1]. Der Gelagerte hielt vermutlich einen Kantharos in der linken Hand und trug einen fest um den linken Arm gewickelten Mantel[2]. Zusammen mit der Kline wird die Statuette eine Gesamthöhe von 20-22 cm erreicht haben.

Die Haltung des Kopfes, abwärts tendierende äußere Augenwinkel, der fließende Übergang vom Unterlid in die Wangenpartie und die volle Unterlippe sind stilistische Kriterien der ersten Hälfte und der Mitte des 4. Jhs. v. Chr.[3] Dazu kommt die auch für Gruppen geltende flächige Ausführung als Relief mit offener Rückseite[4]. Der Vergleich mit künstlerischen Erzeugnissen aus anderen Materialien führt zu einem Kalksteinrelief von einem kleinen Tarentiner Grabbau aus dem frühen 4. Jh. v. Chr.[5], vor allem bezüglich der Wiedergabe des Kopfes  Inv.-Nr. T I-30 in Dreiviertelansicht.  

 

Einordnung:Mitte des 4. Jhs. v. Chr. oder kurz danach, aus Tarent (Metapont, Herakleia/Lukanien)

 

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[1]  B. Neutsch, Archäologische Forschungen in Lukanien II. Herakleiastudien, RM Ergh. 11 (Heidelberg 1967) 171 Taf. 32, 1; ebenso W. Wamser-Krasznai, Studien zu den Typen der Tarentiner Symposiasten (Diss. Justus- Liebig- Universität Gießen 2003) URL: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2003/1184, 114. 168, Abb. 54; D. Adamesteanu – D. Mertens – F. D‘ Andria, Metaponto I, NSc 29 Suppl. 1975 (Rom 1980) 200 f. Abb. 210 d; M. G. Liseno, Metaponto. Il deposito votivo favale (Rom 2004) 61 Taf. 26 f.

[2] S. Mollard-Besques, Catalogue raisonné des figurines et reliefs en terre-cuite grecs, étrusques et romains. Musée national du Louvre (Paris 1954) 130  Nr. C 312 Taf. 92.

[3]  U. Hübinger – M. Menninger, Terrakotten der Westgriechen im Akademischen Kunstmuseum der Universität Bonn (Rahden/Westf. 2007) 147 Nr. 75; S. 151 Nr. 79.

[4]  E. de Iuliis, Taranto. Città della Magna Grecia (Bari 2000) 93.

[5]  E. Langlotz, Die Kunst der Westgriechen (München 1963) 90 Taf. 136 b.