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Präsentation der Wander-Ausstellung „Polnische Geschichte und deutsch-polnische Beziehungen“ des Deutschen Polen-Instituts im Historischen Institut/Didaktik der Geschichte (2.-19. Juli 2013)

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Im Zusammenhang mit dem Lehrwerk „Polnische Geschichte und deutsch-polnische Beziehungen - Darstellungen und Materialien für den Geschichtsunterricht“ (Cornelsen Verlag) hat das Deutsche Polen-Institut eine Wander-Ausstellung konzipiert, die in der Zeit vom 2.-19. Juli 2013 im Flurbereich der Didaktik der Geschichte im Historischen Institut präsentiert wurde. Die Ausstellung konnte in diesem Zeitraum für die Seminararbeit oder den Schulunterricht genutzt werden.

Zur Eröffnung der Ausstellung am 2. Juli wurden zwei Eröffnungsvorträge gehalten:

Prof. Dr. Hans-Jürgen Bömelburg (Deutscher Co-Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission): „Die deutsch-polnische Geschichte und die Arbeit der Gemeinsamen deutsch-polnischen Schulbuchkommission. Ergebnisse und neue Herausforderungen

Dr. Peter Johannes Droste (Mitglied des VGD-Vorstandes und des Expertenrates der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission): „Deutsch-polnische Beziehungsgeschichte im Geschichtsunterricht“.

 

Eröffnungsvortrag Prof. Dr. Hans-Jürgen Bömelburg

 

Eröffnungsvortrag Dr. Peter Droste

 

Rundgang durch die Ausstellung

Herr Prof. Bömelburg referierte kurz die Geschichte der „Gemeinsamen Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission“, die auf Initiative der Deutschen und der Polnischen UNESCO-Kommission bereits 1972 ins Leben gerufen wurde. Den Zielen der Überwindung nationaler Sichtweisen und der Möglichkeiten einer gemeinsamen Darstellung der Geschichte beider Länder im europäischen Kontext sei man bis heute ein gutes Stück näher gekommen. Davon zeuge insbesondere auch das 2008 gestartete Projekt eines gemeinsamen vierbändigen „Deutsch-Polnischen Geschichtsbuches“, das inhaltsgleich in beiden Sprachen erscheinen und für den Geschichtsunterricht in den Schulen beider Länder verwendbar sein wird (Erscheinungszeitraum 2015-2018). Die Gemeinsame Deutsch-Polnische Schulbuchkommission wird koordiniert vom Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung und dem Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Als deutscher Co-Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission konnte Herr Bömelburg aus der Sicht eines beteiligten deutschen Experten interessante Einblicke in den Arbeits- und Verständigungsprozess dieses transnationalen Schulbuchprojektes geben. Hindernisse wie die unterschiedlichen didaktischen und gestalterischen Traditionen in der Schulbuchproduktion wurden ebenso eindrücklich beschrieben wie die sehr unterschiedlichen administrativen Zulassungswege und nationalen Curricula. Eine besondere Herausforderung stellten kontroverse Themen wie „Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung“ oder die Darstellung der „Deutschen Ostsiedlung im Mittelalter“ dar. Aktuell wurden auch die lebhaften Diskussionen in Polen und Deutschland nach der Ausstrahlung des dreiteiligen ZDF-Fernsehfilms „Unsere Mütter, unsere Väter“ angesprochen. Die Darstellung der polnischen Zivilbevölkerung sei in Polen als einseitig empfunden worden und insbesondere die Herausstellung von Antisemitismus unter polnischen Partisanen habe in Polen heftige Debatten ausgelöst, die nicht zuletzt auch das beschriebene Schulbuchprojekt betreffen würden, wenn die Bearbeitung des letzten Bandes zum 20. Jahrhundert weiter fortgeschritten sei.

Herr Dr. Droste konnte als Mitglied des Expertenrates der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission mit seinen Ausführungen in idealer Weise die Perspektiven des ersten Vortrages ergänzen. Nach einer kurzen Zusammenfassung seiner persönlichen Erfahrungen bei Besuchen in Polen als Lehrer in den letzten Jahren, in der Stichworte wie Gastfreundschaft, Solidarität und Klima der Freiheit fielen, vertiefte er den Vergleich zwischen der Kultur des Geschichtsunterrichts beider Länder. Gegenüber stünden sich auf der einen Seite ein neuer einheitlicher Lehrplan, eine noch geringe Ausprägung von Problem- und Kompetenzorientierung und dominierender Frontalunterricht. Auf der anderen Seite ein förderalismusbedingt heterogener Lehrplan, eine ausgeprägte Kompetenzendiskussion und zunehmende Methodenvielfalt. Als konkretes inhaltliches Beispiel für die Umsetzungsschwierigkeiten eines gemeinsamen Schulbuches wurde die Antike als Unterrichtsthema angeführt, die in Deutschland im Geschichtsunterricht traditionell eine ausgeprägte Präsenz hat, wohingegen in Polen der Geschichtsunterricht in der Regel erst mit der (geschriebenen) Geschichte Polens und der Herrscherdynastie der Piasten im 10. Jahrhundert beginnt. Herr Droste betonte in seinem Vortrag das auf beiden Seiten bis heute verbreitete relative Unwissen über die jeweilige Nationalgeschichte des Nachbarn. Er hob hervor, dass die zahlreichen Gemeinsamkeiten und Konflikte in der Geschichte und ihre unterschiedlichen nationalen Perspektivierungen integraler Bestandteil eines modernen transnationalen Geschichtsbuches werden müssten (Beispiele: „Deutsche Ostsiedlung“, „Polnische Teilungen“, Schlacht von Grunwald/Tannenberg). Seiner Meinung nach stelle der Zweite Weltkrieg mit seinen Folgen eine Schlüsselstelle bzgl. der landesspezifischen Narrationen und des Konstruktionscharakters der Nationalgeschichten dar, die durch eine nationale Perspektive nicht sinnvoll im Geschichtsunterricht behandelt werden könne. Herr Droste gab auch einen lebendigen Einblick in die konkrete Arbeit der Expertenkommission, die bei der Beschäftigung mit dem Mittelalter, da bei lateinischen Quellen keine Sprachbarrieren existierten, naturgemäß einen universalen Blick auf eine gemeinsame europäische Region richten könnte. In einem Ausblick wies er noch einmal explizit auf die Chance des gemeinschaftlichen Projektes hin, den notwendigen Abbau der immer noch weit verbreiteten und hartnäckigen nationalen Vorurteile zu befördern.

In der Diskussion wurden die Beschränkung des Projekts auf die Sekundarstufe I angesprochen und die Planung von Zusatzmaterial über einen Zugriff durch ein Internetportal, bei dem auch evtl. nationale Themen vertieft werden könnten. Neu seien die gesamteuropäische Perspektive und die daraus folgende hohe Anschlussfähigkeit an einen globalgeschichtlichen Fokus im Geschichtsunterricht. Auf Nachfragen bzgl. des Aufbaus der Schulbuchreihe konnten beide Experten erläutern, dass vor allem gezielt Primärquellen und deren Bearbeitung den Charakter ausmachen werden, lange Autorentexte wie in früheren Konzepten sollen dabei nicht Verwendung finden. Bemängelt wurde von ihnen der geringe Austausch zwischen polnischen und deutschen Geschichtsdidaktikern. Nachfragen bzgl. kontroverser Themen und Begriffe, die sich vor allem in Polen heute im gesellschaftlichen Diskurs befinden wie „Opferkonkurrenz“ und „Umsiedlung“, wurden dahingehend beantwortet, dass deren Behandlung durch die Expertenkommission wie im Schulbuch in erster Linie auf einer sachlichen Ebene auf solider Quellenbasis erfolgen wird. Zur Berücksichtigung verschiedener Perspektiven auf die historischen Sachverhalte und zur Vermeidung einseitiger Interpretationen seien für alle Bereiche des Schulbuchs immer je ein polnischer und ein deutscher Autor beteiligt, im Idealfall in produktiver Zusammenarbeit. Aufgrund der Projektbesonderheit läge die Priorität vor allem auf einer schwierigen gemeinsamen Inhalts- und Quellenauswahl, die Kompetenzorientierung werde dabei wohl eher nachgeordnet, aber ausreichend Berücksichtigung finden.

 

Themen der einzelnen Ausstellungstafeln

Deutsches-Polen-Institut.de

 

Datum: 02.07.2013 - 19.07.2013

Ort: JLU-Historisches Institut/Didaktik der Geschichte, Otto-Behaghel-Straße 10 C, 35394, Phil. I, Raum C 27 (Eröffnung), Ausstellung im Flurbereich der Didaktik der Geschichte im Historischen Institut Haus C, 2. Etage

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