Société internationale pour l'étude du théatre médiéval (SITM)
Die im Abstand von drei Jahren stattfindenden Kolloquien verbinden jeweils einen wissenschaftlichen Kongress mit öffentlichen Aufführungen von mittelalterlichen Spielen oder Prozessionen. Die Möglichkeiten reichen hier vom eigens für die SITM organisierten Mittelalter-Theaterfestival bis zum Besuch und zur Teilnahme an noch lebenden, auf das Mittelalter zurückgehenden Spieltraditionen.
Die Mitgliedschaft steht allen Wissenschaftlern und Studierenden offen, die an der Erforschung des mittelalterlichen Dramas interessiert sind. Die Mitgliedsgebühren betragen derzeit US $ 15,00 pro Jahr (für Studierende US $ 10,00) und werden i.d.R. für jeweils drei Jahre entrichtet.
Die Anmeldung zur internationalen Mitgliedschaft sowie die Entrichtung der Mitgliedsgebühren erfolgt über www.sitm.info.
Die Zeitschrift der SITM ist EMD (European Medieval Drama), hrsg. von Cora Dietl.
Die nächste internationale Tagung der SITM wird im Juli 2022 in Prag stattfinden. (→ Call for Papers)
Sektion Deutschland / Österreich / Schweiz
Räume und Klänge
Regionaltagung der SITM (DACH) in Salzburg, 17.–20. Februar 2022
Call for Papers
Der ›Raum‹ im weitesten Sinne als sinntragende Größe ist seit den 1980er-Jahren im Fokus der Kulturwissenschaft. Zum ›spacial turn‹ gesellte sich rund 20 Jahre später der ›acoustic turn‹, der weitgehend den Medienwissenschaften verpflichtet ist und der Tatsache Rechnung trägt, dass in der modernen Medienwelt vielfältige Klang- und Akustikphänomene die Kultur und die Weltwahrnehmung prägen. Diese Beobachtung lässt sich leicht auf andere Zeitalter übertragen, in denen andere Medien eine dominierende Rolle einnahmen.
Raum und Klang bilden neben dem Körper der Darsteller die Grundkonstituenten des Mediums ›Theater‹; genau sie sind aber für das mittelalterliche Theater schwer rekonstruierbar und stellen daher immer wieder eine neue Herausforderung für die Theatergeschichte dar. Selbst wenn die überlieferten Spieltexte anzeigen, wo Musik oder Klänge eingespielt werden sollten, und selbst wenn Incipits von Gesängen oder auch Instrumente erwähnt werden, ja, selbst wenn Neumen oder eine Notation zum Text überliefert sind, bleibt die genaue klangliche Qualität der Spiele weitgehend im Dunkeln. Seit Jahrzehnten wird versucht aus Andeutungen im Text oder in den Marginalien Hinweise zu extrahieren, wie durch akustische Effekte die Aussagen des Spiels unterstützt oder Emotionen hervorgerufen werden konnten. Die Musikwissenschaft arbeitet an der musikalischen Rekonstruktion einzelner Spiele – wie zum Beispiel des Admonter Passionsspiels. Untersucht wird v.a. auch im angelsächsischen Raum seit Jahren, wie Nebengeräusche die Aufführung beeinflussen konnten und wie der Raum der Aufführung die Akustik und die Verstehbarkeit des Präsentierten beeinflusste. Der seit den 1990er-Jahren regelmäßig in den Straßen von York wiederaufgeführte Corpus Christi Cycle bietet die Möglichkeit für akustische Messungen und für rechnerische Rekonstruktionen der Akustik im 15. Jahrhundert, bei anderer Bebauung und anderem Straßenbelag. Derartige Untersuchungen sind fester Bestandteil der Arbeit von REED und der internationalen Kongresse der Société Internationale pour l'étude du théâtre médiéval (SITM). Im deutschsprachigen Raum sind diese Ansätze eher selten.
Daher möchte die deutschsprachige Sektion der SITM fragen, inwiefern raumakustische Verfahren (die v.a. die Wagenbühne in den Blick nehmen), raum- und klangsemantische Ansätze der Kulturwissenschaft und rekonstruierende Ansätze der Musikwissenschaft auf die Vielfalt der theatralen Formen des Mittelalters übertragen werden können und ob für verschiedene Räume auch verschiedene Klangkonzepte anzunehmen sind. Wie spezifisch sind die Spiele auf die Akustik eines bestimmten Raums hin angelegt? Lassen sich umgekehrt durch die in die Texte eingestreuten Hinweise auf Klangliches die Aufführungsräume erschließen? Wie sind Feste und Festrelationen, Fürsteneinzüge, Repräsentationsakte auf bestimmte Räume und ihre klanglichen Begebenheiten hin konzipiert und treten mit ihnen in Beziehung? Korrespondieren Entwicklungen in der Architektur, Raum- und Platzgestaltung, der Bühnengestaltung und Bühnendekoration mit Veränderungen in der Musik und einer Verschiebung akustischer Akzentsetzungen in der Performanz? Welche Bedeutung haben Klänge und Musik für Spiele, Feste, Repräsentationsereignisse verschiedener Zeiten und Kontexte? Korrespondiert die Semantik des Klangs immer mit der des Raums oder gibt es auch Reibungen zwischen den beiden bedeutungstragenden Elementen der Performanz? Wie unterschiedlich ist die Korrespondenz zwischen Seh- und Hörsinn bei unterschiedlichen performativen Formen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit?
Von musikologischer und liturgiewissenschaftlicher Seite stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang von Liturgie als heiligem Schauspiel einerseits und Drama andererseits. Welche Parameter werden von der Liturgie auf das Schauspiel übertragen, etwa Inhalt, liturgische Gesänge, Einbeziehung des Kirchenraumes, Aufstellung der Sänger und Musiker nach akustischen oder szenischen bzw. funktionalen Kriterien? Der Blick ist zu richten auf die Übernahme von Elementen architektonischer Ausgestaltung der Kirchen in das dramaturgische Konzept und deren Transposition an andere Aufführungsorte oder die Übernahme von Elementen aus liturgischen Prozessionen mit ihren Standorten im Freien und ähnlichem.
Wir laden Wissenschaftler/innen aller Disziplinen, die sich mit der mittelalterlichen Theatralität befassen (Theaterwissenschaft, Musikwissenschaft, Literaturwissenschaft, Kunst-/Baugeschichte, Geschichtswissenschaft, Liturgiewissenschaft, Theologie, Rhetorik etc.) ein, Vortragsangebote einzureichen. Wir begrüßen insbesondere Vorträge, die ein interdisziplinäres Gespräch anregen. Dazu gehören auch solche, die sich theoretisch mit dem Verhältnis von Raum und Klang auseinandersetzen. Die zeitliche Grenze unseres Betrachtungsrahmens liegt ca. beim Jahr 1600. Aber wir freuen uns auch über Vorträge zur zeitgenössischen Rezeption mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Spiele.
Die Vorträge werden anders als bei den internationalen Tagungen der SITM nicht vorab veröffentlicht, sondern in voller Länge gehalten (25–30 Minuten Vortragszeit). Eine Veröffentlichung im Organ der SITM, in European Medieval Drama, ist nach der Tagung vorgesehen. Die Veröffentlichung darf in deutscher, englischer oder französischer Sprache erfolgen; die Tagungssprache ist Deutsch. In Einzelfällen sind aber auch Vorträge auf Englisch möglich.
Bitte senden Sie Ihre Vortragsvorschläge (Titel und 23 Sätze dazu, kein ausgefeiltes Exposé) bis 1.10.2021 an die drei Organisator(inn)en der Tagung:
Stefan Engels (engels@virgilschola.org)
Angelika Kemper (Angelika.Kemper@aau.at)
Cora Dietl (cora.dietl@germanistik.uni-giessen.de)
Wer bereits für die SITM Regionaltagung 2021 ein Exposé eingereicht hat (eine Übersicht der damaligen Vorschläge finden Sie im Anhang), möge bis zum gleichen Termin das Vortragsangebot bestätigen oder ändern.
Bitte beachten Sie, dass die Regionaltagungen der SITM Selbstzahler-Tagungen sind. Für Reise- und Unterbringungskosten müssen alle Teilnehmer/innen selbst aufkommen. Beachten Sie bitte auch, dass für die Teilnahme mit Vortrag eine Mitgliedschaft in der SITM erforderlich ist (www.sitm.info).
Für die Teilnehmer/innen ist ein Zimmerkontingent im Gästehaus des Priesterseminars Salzburg reserviert. Das Einzelzimmer kostet € 72,00 pro Nacht (minus Unirabatt, plus Kurtaxe).Für weitere Infos: https://www.gaestehaus-priesterseminar-salzburg.at/de/. Bis zum 12.12.2021 können die Zimmer aus diesem Kontingent gebucht werden, unter: gaestehaus@priesterseminar.kirchen.net . Das Stichwort lautet "Mittelalterliches Theater".
Außerdem organisiert die SITM jährlich Sektionen auf dem International Medieval Congress in Leeds (IMC). Auch hier ist Cora Dietl als Programmdirektorin des IMC für den Bereich 'Drama' Ansprechpartnerin.
Boundaries Between Stage and Audience in Medieval Theatre
IMC Leeds, 4–7 July, 2022
Call for Papers
We are used to claim that one of the major differences between medieval and modern theatre is the lack of clear boundaries between the stage and the audience, what is certainly true for processional plays or plays performed on a large simultaneous stage that urges the audience to move with the actors, for scenes that are played within the audience, or include members of the audience, and it is true for performances at an inn. But on the other hand, there is documentation of scaffoldings for the audience, for example for the performances at the Lucerne Wine Market, or for performances in in front of nobility; pageant wagons, the stages of the rederijkers, a tableau vivant or a “burc” has material borders and even on a simultaneous stage, the audience normally does not enter the mansions. The acting space, however, does not need to be restricted to the built stage(s), as little as the audiences’ space has fixed limits, whether there are scaffoldings or not. For the IMC 2020 with its special thematic focus on “borders”, I would like to invite specialists of medieval and renaissance drama, music, liturgy, art history and civic history to enquire about the flexibility of boundaries between “audience” (or congregation) and “stage” (including performance spaces for liturgical plays in churches) in various kinds of theatrical presentations: Which plays and which parts of plays, or which figures in the plays require a flexible or strictly defined separation between the performers’ and the audience’s space? Can we observe differences in the use of theatrical border lines in the different European and in non-European cultures? What is the effect of a penetration or clear observation of border lines? Do we find any documentation of theatrical boundaries and their flexibility at all?
Please send your ideas for papers (20min) in English, French, or German dealing with this complex of questions to: Prof. Dr. Cora Dietl cora.dietl@germanistik.uni-giessen.de by September 15, 2021.
After the conference, you are invited to submit your paper to European Medieval Drama (peer-reviewed journal).