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Pneumologie-Forschungspreis 2024: Gießener Forscher entdeckt körpereigenes Molekül, das die COPD-Abwehr beeinträchtigt

Mannheim, 21. März 2024

Die Identifizierung eines neuen Moleküls hat das Potenzial, zukünftig in der Diagnose und Therapie der chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) neue Wege zu eröffnen. Dr. Cheng-Yu Wu (Foto) von der Justus-Liebig-Universität Gießen identifizierte das carcinoembryonale Antigen Zelladhäsionsmolekül (CEACAM6), welches die antioxidative Abwehr auf Proteinebene im menschlichen Körper reguliert. Hierfür untersuchte der 33-jährige Nachwuchsforscher in biologischen Proben – einschließlich Sputum, Lungengewebe und Blut – aus vier verschiedenen Kohorten die Mechanismen im Körper von COPD-Patientinnen und -Patienten und verglich diese mit gesunden Kontrollproben. Diese Untersuchungen zielen darauf ab, körpereigene Mechanismen zu identifizieren, die sich günstig auf das Voranschreiten einer COPD auswirken – oder der Entwicklung eines Emphysems entgegenwirken. Für die Ergebnisse seiner grundlagenwissenschaftlichen Arbeit zeichnete ihn die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) heute mit dem Pneumologie-Forschungspreis 2024 aus.

„Dr. Cheng-Yu Wu hat sich in seiner Grundlagenforschung auf die Abwehrmechanismen des menschlichen Körpers gegen die COPD als chronisch fortschreitende Erkrankung konzentriert – und Bahnbrechendes für uns Pneumologen und vor allem unsere Patientinnen und Patienten gefunden“, sagte Professor Wolfram Windisch, DGP-Präsident und Sprecher der Jury bei der heutigen Preisverleihung im Rahmen des DGP-Jahreskongresses in Mannheim. „Eine wahrhaft ausgezeichnete Leistung!“ Der Pneumologie-Forschungspreises ist mit 10.000 Euro dotiert.

Neuartiges In-vitro-Modell für zigarettenrauchresistente Zellen                                                                                    

Die COPD ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit und wird hauptsächlich durch Tabakrauch oder Luftverschmutzung verursacht. „Zunächst einmal wollte ich mit Blick auf den aktuellen Forschungsstand herausfinden, warum manche Menschen anfälliger für COPD sind“, erklärt Preisträger Cheng-Yu Wu. Der Gießener Nachwuchsforscher entwickelte deshalb ein neuartiges In-vitro-Modell für zigarettenrauchresistente Zellen. Mithilfe dieses Modells verglich er resistente und nicht-resistente Zellen, um herauszufinden, welcher Mechanismus die Resistenz gegen Zigarettenrauch verursachte. „Diese Ergebnisse wurden weiter validiert und waren mit den klinischen Szenarien vergleichbar", so Wu.
So konnte Wu schließlich erstmals das Molekül CEACAM6 identifizieren, welches eine entscheidende Rolle in der körpereigenen Resistenz gegen COPD spielt.

Entdeckung von CEACAM6 ermöglicht neue Diagnose- und Therapiemöglichkeiten

Die Forschungsergebnisse von Dr. Cheng-Yu Wu könnten in Zukunft die klinische Praxis der Pneumologen auf verschiedene Weise bereichern: „Zum einen könnte auf dieser Grundlage ein Biomarker als Diagnose-Instrument entwickelt werden, um Menschen zu identifizieren, die anfällig für die Entwicklung einer COPD sind“, überlegt der Preisträger. „Zum anderen könnte das gezielte Verringern der Aktivität von CEACAM6 als mögliche Therapie zur Stärkung der antioxidativen Abwehrkräfte der Patientinnen und Patienten eingesetzt werden.“ Da auch viele andere Krankheiten durch oxidativen Stress ausgelöst werden, könnten seine Erkenntnisse aber darüber hinaus noch für viele weitere neue Diagnose- und Therapieverfahren genutzt werden.

„Wir werden zukünftig noch viele Berührungspunkte mit CEACAM6 haben und sollten uns dabei immer wieder an den heutigen Moment und Dr. Cheng-Yu Wu erinnern“, betont Professorin Antje Prasse, Chefärztin für Pneumologie am Universitätsspital Basel, Jurymitglied und gleichzeitig Vorsitzende der Programmkommission des DGP-Kongresses.

Zwei erstplatzierte Forschungsarbeiten in 2024

2024 gibt es beim Pneumologie-Forschungspreis 2024 noch eine Besonderheit: Es gibt zwei Gewinner-Projekte. Neben der Gießener Arbeit von Dr. Cheng-Yu Wu wurde auch das Forscher-Duo Janine Gote-Schniering und Niklas Lang vom Helmholtz Zentrum München mit dem Preis ausgezeichnet. „Wenn man zwei so hochklassige Projekte unter den eingereichten Arbeiten identifiziert, darf man als Fachgesellschaft hier auch der Freude über die hervorragenden Nachwuchswissenschaftler mit zwei erstplatzierten Siegerarbeiten Ausdruck verleihen“, so DGP-Präsident Windisch.

 

Khodr Tello got the Research Award 2023 of the René Baumgart Foundation

Düsseldorf, 31.03.2023

Der Preis ging an Dr. Khodr Tello vom Uniklinikum Gießen für seine Arbeit zum Thema "Unmasking right ventricular-arterial uncoupling during fluid challenge in pulmonary hypertension".

Prof. Dr. Hanno Leuchte (links), der Preisträger PD Dr. Khodr Tello (Mitte) und Hans-Dieter Kulla (rechts)

Prof. Dr. Hanno Leuchte (links), der Preisträger PD Dr. Khodr Tello (Mitte) und Hans-Dieter Kulla (rechts),
1. Vorsitzender vom Selbsthilfeverein pulmonale hypertonie e.v.
© Mike Auerbach, www.mike-auerbach.com

Insgesamt wurden vier hochqualifizierte Arbeiten eingereicht, die eine Entscheidung der dreiköpfigen Jury nicht leichtmachten. Die prämierte Arbeit entspricht den wichtigen Bewertungskriterien wie Originalität, Innovation und klinische Relevanz.

Prof. Dr. med. Hanno Leuchte vom Krankenhaus Neuwittelsbach, Fachklinik für Innere Medizin, Akad. Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität München sprach die Laudatio.

Zur preisgekrönten Arbeit: Unmasking right ventricular-arterial uncoupling during fluid challenge in pulmonary hypertension

Patienten mit Lungenhochdruck zeigen häufig in Ruhe eine erhaltene Funktion der rechten Herzkammer. Eine Überladung mit Volumen kann jedoch eine Dysfunktion der rechten Herzkammer demaskieren. Das Ziel der Arbeit war es, die physiologischen und prognostischen Auswirkungen dieser Dysfunktion und der daraus resultierenden Entkopplung zwischen rechter Herzkammer und Lungengefäßsystem während der Volumenüberladung bei Patienten mit präkapillärer pulmonaler Hypertonie zu bewerten. Zur Untersuchung dieser Zusammenhänge wurden hochkomplexe physiologische Untersuchungen mittels Druck-Volumenkurven aus der rechten Herzkammer und neue bildgebende Verfahren mittels 3 D Echokardiographie und Herz-MRT durchgeführt und analysiert.
Wir untersuchten prospektiv 32 Patienten mit pulmonaler Hypertonie und 4 Kontrollpersonen mittels invasiver Druck-Volumen-Messung. Die Druck-Volumenkurven wurden während der Reduktion der Vorlast (Ballonverschluss der unteren Hohlvene) und der akuten Volumenbelastung (200 ml Kochsalzlösung in 20 s) aufgezeichnet. Kontraktilität (multi-beat end-systolische Elastanz [Ees]), arterielle Elastanz (Ea) und RV-PA-Kopplung (Ees/Ea) wurden zu Studienbeginn und bei maximaler Volumenbelastung ermittelt.
Die prozentuale Abnahme der RV-PA-Kopplung (ΔEes/Ea) während der Volumengabe war signifikant mit der pulmonalen Ruhehämodynamik, der RV-Ejektionsfraktion (RVEF) und dem enddiastolischen RV-Volumen assoziiert. Die Kaplan-Meier-Analyse ergab, dass Patient*innen mit PH, die geringere Reduktionen des ΔEes/Ea (<-65 %) aufwiesen und damit eine geringere Rate der Entkoppelung boten, eine signifikant bessere Prognose hatten. In der multivariaten Cox-Regressionsanalyse wurde eine klinische Verschlechterung durch ΔEes/Ea und RVEF vorhergesagt.
Unsere Arbeit konnte mit hochinnovativen, komplex-physiologischen und aufwendigen Untersuchungen, inklusive Druck-Volumen-Schleifen aus dem rechten Ventrikel, eindrücklich belegen, dass Patienten mit einer rechtsventrikulären Ejektionsfraktion von unter 48% keine rechtsventrikuläre Reserve haben und nach nur 200 ml Kochsalzlösung eine sog. "Entkopplung" von der rechten Herzkammer zur Pulmonalarterie erfahren, was mit einer schlechten Prognose assoziiert ist. Dies ist für das tägliche Arbeiten, z.B. auf Intensivstation, von höchster und relevanter Bedeutung, da wir nun einen sehr klaren Hinweis dafür haben, welche Patient*innen, Volumen erhalten dürfen und welche nicht bzw. welche Patient*innen eine noch funktionierende rechtsventrikuläre Reserve haben. Die Arbeit konnte dafür einen einfachen, nichtinvasiven Parameter definieren, nämlich die RV-Ejektionsfraktion, um die RV Reserve vorherzusagen.

Pulmonal arterielle Hypertonie (Lungenhochdruck)

Lungenhochdruck, medizinisch auch pulmonal arterielle Hypertonie (PAH), ist eine seltene, schwerwiegende Erkrankung, die durch eine starke Verengung der Lun-gengefäße gekennzeichnet ist.
Die Betroffenen leiden bereits bei geringster Belastung oder sogar in Ruhe unter Atemnot, blauen Lippen, Beinödemen, Brustschmerzen, und klagen allgemein über schnelle Erschöpfung und Ermüdung.
Die richtige Diagnose wird zumeist erst gestellt, wenn es durch die fortschreitende Druck- und Volumenbelastung des rechten Herzens zu dessen chronischem Versagen kommt. Diagnose: Bluthochdruck im Lungenkreislauf. Dieses Krankheitsbild tritt isoliert oder als Begleiterkrankung verschiedener Herz- und Lungenerkrankungen auf. Obgleich die pulmonale Hypertonie (PH) noch nicht geheilt werden kann, konnten in den letzten Jahren doch große Fortschritte in der Diagnostik und Therapie dieser Krankheit erzielt werden.

 

Hoch dotierter Preis für junge Lungenforscherin der Justus-Liebig-Universität Gießen

Leipzig, 26.05.2022

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist die dritthäufigste Todesursache weltweit und wird durch Luftverschmutzung oder Tabakrauch ausgelöst. Damit einher geht häufig chronisch erhöhter Lungenhochdruck, der zu eingeschränkter Leistungsfähigkeit, Atemnot und letztendlich zu Herzversagen führen kann. Die Nachwuchswissenschaftlerin Marija Gredic hat mit ihrer Arbeit neue Erkenntnisse zur Entstehung und möglichen Behandlung des Lungenhochdrucks bei COPD geliefert und dafür den mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) für die beste grundlagenwissenschaftliche Arbeit erhalten.

Gredic hat ihre Arbeit im Rahmen eines Projekts des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs (SFB) „Pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale“ an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) durchgeführt und in der international hochangesehenen Zeitschrift „European Respiratory Journal“ veröffentlicht. Die Nachwuchswissenschaftlerin forscht in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Norbert Weißmann, die am Cardio-Pulmonary Institute und dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung in Gießen angesiedelt ist.

„Diese Arbeit sticht durch ihre sorgfältige mechanistisch orientierte Konzeption und Darstellung heraus. Das Ergebnis ist von klinischer Bedeutung“, sagt Jury-Sprecher Windisch. Gredic konnte in ihren Forschungen zeigen, dass die Inaktivierung eines bestimmten Enzyms vor Lungenhochdruck in der COPD schützen kann. Dies könnte ein Ansatz zur Entwicklung neuer Therapiekonzepte sein. „Es gilt, diesen Sachverhalt jetzt weiter zu untersuchen und die Übertragbarkeit der präklinischen Daten auf den Menschen weiter zu prüfen“, sagt Marija Gredic.

„Ich freue mich sehr für Marija Gredic über diesen verdienten Preis, der ein weiterer Beleg für die Exzellenz der Gießener Lungenforschung ist“, betonte JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. „Ich gratuliere der Preisträgerin sehr herzlich – vor allem auch zu ihren beeindruckenden Fortschritten im Kampf gegen den gefährlichen Lungenhochdruck.“
                                                                                                                                                                                                                     
Auch SFB-Sprecher Prof. Weißmann gratulierte Marija Gredic zu dieser herausragenden Arbeit: „Sie konnte zum ersten Mal mit ihren Modellen zeigen, dass ein bestimmter Makrophagen-Phänotyp für die Entstehung einer pulmonalen Hypertonie bei COPD verantwortlich sein kann und bestätigt, dass der Lungenhochdruck auch unabhängig vom Lungenempyhsem bei COPD auftritt. Dies zeigt, dass Lungenhochdruck nicht nur eine Folge der COPD-Erkrankung sein kann – ein derzeit großer Diskussionspunkt in der COPD-Forschung“. Für Prof. Dr. Werner Seeger, Sprecher des Deutschen Zentrums für Lungenforschungs in Gießen, und Prof. Dr. Dr. Friedrich Grimminger, Sprecher des Universities of Giessen and Marburg Lung Center, ist dieser Nachwuchspreis Ausdruck der exzellenten Nachwuchsförderung im Bereich der Lungenforschung am Standort Gießen.