Namensgeber
Näheres zu Justus Liebig, dem Namensgeber unserer Universität
Hier begann Liebig seine Tätigkeit mit geradezu besessenem Arbeitseifer und hatte schon bald beträchtlichen wissenschaftlichen Erfolg aufzuweisen. Ein Hauptfeld seiner Forschungen bildeten Untersuchungen in der organischen Chemie, die zu diesem Zeitpunkt noch ein extrem schwieriges und daher kaum bearbeitetes Gebiet war. Liebig gelang durch zwei methodische Neuerungen -- die Separierung der Stickstoffbestimmung von der Kohlenstoff/Wasserstoff-Analyse und die Einführung des sogenannten Fünf-Kugel-Apparates -- eine entscheidende Verbesserung der Elementaranalyse, die deren Durchführung erheblich vereinfachte und zur Routine werden ließ. Damit war der Weg für eine schnelle und zuverlässige Analyse der Zusammensetzung zahlreicher organischer Stoffe geebnet
Seit dem Ende der 1830er Jahre des 19. Jahrhunderts verlagerte Liebig den Schwerpunkt seiner Forschungen auf den Bereich der physiologischen Chemie, auf Untersuchungen des Stoffwechsels der Pflanzen und Tiere. Das im Jahr 1840 veröffentlichte Werk "Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie", in dem Liebig die Notwendigkeit der Mineraldüngung für den Boden unterstrich, machte ihn zu einer international anerkannten Persönlichkeit. Ähnlich wie bei der Verbesserung der Elementaranalyse waren auch hier Liebigs Überlegungen keineswegs neu, aber erst durch seine zugespitzte Formulierung erzielten sie den entscheidenden Durchbruch. In der 1842 veröffentlichten "Thierchemie" ("Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie") unterbreitete Liebig ein Modell der grundlegenden chemischen Prozesse bei der Verdauung, Atmung und Assimilation sowie bei Abbauvorgängen im tierischen Organismus. Das Verdienst dieser Publikation lag darin, dass Liebig das Augenmerk der physiologischen Forschung auf die Fortschritte in der Chemie lenkte und durch die Auseinandersetzung mit seinen Thesen, von denen aus heutiger Sicht viele falsch waren, der Medizin neue Wege und Möglichkeiten eröffnete.
Die wissenschaftlichen Leistungen Liebigs und seine geschickten Publikaktionsstrategien verschafften ihm bereits in jungen Jahren ein hohes Ansehen und einen enormen Bekanntheitsgrad, nicht nur innerhalb der deutschen Staaten, sondern auch im Ausland. Durch seinen Landesherrn wurde er am 29. 2.1845 durch die Erhebung in den erblichen Freiherrnstand des Großherzogtums Hessen ausgezeichnet.
Die Grundlage für Liebigs wissenschaftliche Erfolge bildeten die Untersuchungen und Analysen im Gießener Chemischen Laboratorium, in dem zum ersten Mal empirische Forschung in großem Stil betrieben wurde. Der von Liebig konzipierte Unterrichtsstil, der den Gedanken von der Einheit der Forschung und Lehre auf praktische Weise umsetzte, wurde künftig zum Vorbild für die universitäre Ausbildung von Naturwissenschaftlern weltweit. Der ungeheure Lehrerfolg zog immer mehr Studenten, auch aus dem Ausland, nach Gießen.
1852 verließ Liebig Gießen und folgte einem Ruf an die Universität München, wo er vornehmlich als Repräsentant der Wissenschaft -- seit 1859 als Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften -- wirkte. Er starb am 18. April 1873 in München.
An das Wirken Justus Liebigs erinnert in Gießen das 1920 eingerichtete Liebig-Museum. Es gehört heute wegen des erhaltenen Gesamteindrucks der historischen Laboreinrichtungen zu den eindrucksvollsten Chemie-Museen der Welt. Die Gießener Hochschule wählte Justus Liebig 1946 zu ihrem Namensgeber. Die "Justus-Liebig-Universität" gedenkt damit der Persönlichkeit und der wissenschaftlichen Leistung eines ihrer berühmtesten Gelehrten, der Universität und Stadt Gießen weit über die engeren Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat und heute noch macht.
Eva-Marie Felschow