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Julia Sorokin berichtet

Welchen Studiengang und welche Fächer hast Du studiert?

Ich habe von 2010 bis 2013 den Bachelorstudiengang „Moderne Fremdsprachen, Kulturen und Wirtschaft“ mit dem Hauptfach Englisch und den Nebenfächern Russisch und BWL studiert und mein Studium von 2013 bis 2015 im gleichnamigen Masterstudiengang fortgeführt. Meinen Schwerpunkt legte ich beide Male in Englisch auf die Literaturwissenschaft.

Welche Praxiserfahrungen hast Du während dem Studium gesammelt?

Während meines Bachelorstudiums hatte ich dank des straffen Semesterplans nicht die Möglichkeit, einem Nebenjob nachzugehen oder in den Semesterferien Praktika zu machen, weil einfach zu viel für die Uni zu tun war. Als ich aus dem Ausland wiederkam, wusste ich, dass ich im 6. Semester neben der BA-Thesis nur ein paar Veranstaltungen belegen müsste, weswegen ich endlich einen Nebenjob aufnehmen konnte. Und zwar habe ich für ca. 1,5 Jahre bei dekiro Dialogmarketing, einem Callcenter, gearbeitet. Anfangs war es interessant, weil es eine Herausforderung war, aber schon kurz darauf hat es mich Überwindung gekostet. Dennoch habe ich dank dieser Tätigkeit keine Hemmungen vor dem Telefonieren mehr und habe gelernt (in Anknüpfung an mein Studium) wie wichtig die richtige Sprachwahl ist.

Nach dem Bachelorstudium habe ich ein zweimonatiges Praktikum bei Springlane in Düsseldorf gemacht. Die Firma kann man am treffendsten als Zalando für die Küche beschreiben und ich war dort im Content Management tätig. Meine Hauptaufgabe bestand im Schreiben von Produktbeschreibungen, SEO-Texten, Rezepten und Magazinartikeln, alles in direkter Abstimmung mit dem Design Team. Ich habe seit meiner Kindheit gerne geschrieben und war von Haus aus an Kulinarik interessiert, aber während des Praktikums musste ich feststellen, wie anstrengend es ist acht Stunden täglich auf Knopfdruck kreativ zu sein. Es hat zwar einwandfrei funktioniert, aber es hat schnell den Reiz verloren und ich habe bei der späteren Jobsuche nur vorsichtig auf alles mit „Content Management“ und „Schreiben“ geklickt. Allerdings habe ich in dieser Zeit einige nützliche Dinge über Online-Marketing gelernt, die mir auch heute noch nützen.

Im Master habe ich den weniger straffen Semesterwochenplan für ein Teilzeit-Praktikum beim LZG (Literarisches Zentrum Gießen) genutzt, weil ich erfahren wollte, wie man Literatur an den Mann bringen kann, und weil ich wachsendes Interesse an Eventmanagement entwickelt hatte. Für ein Semester war ich dort für die Veranstaltungsorganisation und Programmentwicklung sowie eine Reihe verschiedener administrativer und anderer Aktivitäten mitverantwortlich. Diese Zeit hat mir sehr viel für die Arbeit im Büro und die Planung, Organisation und Umsetzung von Projekten und Veranstaltungen gebracht und immens viel Spaß gemacht.

Zur gleichen Zeit wurde meine Arbeit im Callcenter immer unerträglicher, sodass ich mich nach einer anderen Stelle umgesehen habe. Dabei bin ich glücklicherweise auf Alcedis gestoßen, einem Unternehmen aus der Branche der Klinischen Medizin und Forschung. Was vom Klang gar nichts mit meinem Studium zu tun hat, erwies sich als wahrer Schatz, weil ich dort meine administrativen und organisatorischen Erfahrungen ausweiten konnte und erfahren habe, wie ein mittelgroßes Unternehmen agiert und funktioniert.

Vor meinem Studium habe ich ein paar (zum Teil freiwillige) Schülerpraktika bei einer Düsseldorfer Stadtteilbücherei und einer Musikschule gemacht und zu Abi-Zeiten als Aushilfe in einer Bäckerei gearbeitet. Auch wenn das nur kurz war und etwas länger zurückliegt, konnte ich bereits in dieser Zeit einen Einblick in die Administration und Organisation von Kulturbetrieben erhalten und mich an die Arbeit im direkten Kundenkontakt herantasten.

Wo warst Du im Auslandssemester, und welche Erfahrung hast Du von dort mitgenommen bzw. was hast Du dort gelernt, das Dir im Beruf weiterhilft?

Ich kann es mir nicht erklären, aber ich habe keinen Erasmus-Platz bekommen, obwohl ich mich neben den „richtigen“ Auslandsstipendien dafür beworben hatte. Und da ein Auslandssemester in MFKW obligatorisch ist (und ich natürlich gerne ins Ausland wollte), stellte mich das als BaföG-Empfängerin vor ein zunächst unüberwindbar scheinendes Hindernis. Zu meinem Glück hatte eine Freundin und MFKW-Kommilitonin von College Contact gehört, einer Organisation, die Auslandsaufenthalte vermittelt. Das war meine Rettung und ich bin sehr dankbar dafür, wie nett und hilfsbereit meine Betreuerin war. Die Kosten unterscheiden sich von Uni zu Uni, eine andere Freundin war zum Beispiel an der Hawai Pacific University und musste einen Einkommensnachweis der Eltern einreichen und eine Vermittlungsgebühr bezahlen. Die Freundin, die mich auf die Idee gebracht hat, und ich hatten keine solche Gebühr, wir mussten aber die Studiengebühren für das Semester selbst bezahlen (in meinem Fall waren es 4.500 Pfund) und konnten es dank dem Zuschuss vom Auslands-BaföG zu den Studiengebühren stemmen. Trotzdem mussten wir noch einen Teil aus unserer Tasche obendrauf zahlen, wobei ich es nie bereut habe, diesen Weg gegangen zu sein.

Mein Auslandssemester habe ich im bezaubernden York in Nordengland verbracht. England war nicht nur auf Grund meines Hauptfachs mein Wunschland für das Auslandssemester, sondern auch weil ich das Land über alles liebe. Also habe ich mir die Auswahl der englischen Partnerunis von College Contact angesehen, mich auf drei Unis eingeschränkt und mit Hilfe meiner Beraterin für York entschieden. Zum Einen wegen des Kursangebots, zum Anderen wegen der Größe der Uni: Während zu meiner Zeit rund 27.000 Studenten an der JLU waren, waren es an der YSJ (York St. John University) nur rund 7.600. Der Unterschied war sehr spürbar: Keine überfüllten Kurse, ein moderner Campus und Dozenten, die sich gerne viel Zeit nehmen, um auf möglichst jeden einzugehen. Auch bei der Wohnheim-Auswahl, der Organisation der Abholung vom Flughafen und dem Knüpfen von Kontakten mit deutschen Kommilitonen noch vor dem Aufenthalt dort war College Contact absolut fantastisch.

An der York St John University konnte ich meine interkulturellen Kompetenzen erweitern und bin um die einzigartige und unnachahmliche Erfahrung des Lebens in einem anderen Land reicher geworden. Meine Englischkenntnisse haben sich nicht unbedingt drastisch verbessert, was daran liegt, dass ich die Sprache bereits vorher sehr gut beherrscht habe. Ich habe Freundschaften geschlossen, die heute noch halten, und konnte lernen, mit neuen Situationen umzugehen, in die ich in Deutschland nie geraten wäre (zum Beispiel habe ich eine heftige Grippe bekommen und war drei Wochen krank – in Deutschland wäre ich sofort zu meinem Arzt gegangen und hätte gewusst, was ich für Medikamente brauche oder mich auf meine Freunde verlassen können. Aber selbst in einem europäischen Land wie England, mit netten Mitbewohnern sieht die Sache schon anders aus).

Was sind Deine Aufgaben bei Deinem derzeitigen Arbeitgeber?

Mein Aufgabenbereich ist sehr vielfältig und abwechslungsreich: Zur Routine gehören die administrative Bürotätigkeit und Beratung/Betreuung unserer Kunden (persönlich, telefonisch, per E-Mail), die eine bunte Mischung aus Privatpersonen, Firmen und ihren Mitarbeitern sowie Jobcenter-Kunden darstellt. Ich bin als pädagogische Leitung die Ansprechpartnerin für die Lehrkräfte und als Prüfungsverantwortliche ist mein Spezialgebiet die Planung, Organisation und Durchführung sämtlicher Sprachprüfungen, allen voran der B1-Deutschprüfung am Ende der Integrationskurse. Gemeinsam mit der Schulleiterin baue ich auch das fremd-sprachliche Angebot der Schule aus und unterstütze sie bei allem, was gerade anfällt (letztes Jahr haben wir uns zum Beispiel für die Durchführung von Bildungsmaßnahmen über die Agentur für Arbeit zertifizieren lassen).

Die inlingua Sprachschule Mönchengladbach bietet vorwiegend Integrationskurse an, die den Großteil der Arbeit ausmachen. Dabei ist der Kontakt mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) und den Mitarbeitern eines speziellen Sprachförderprojekts des Jobcenters in Mönchengladbach ein wesentlicher Bestandteil der täglichen Arbeit. Außerdem haben wir zwei Standorte (im Zentrum der Stadt, wo sich auch unser Büro befindet, und in einem etwas weiter gelegenen Stadtteil, wo wir nur Unterrichtsräume haben), an denen es stets zu unerwarteten „Katastrophen“ kommen kann, wie wenn ein Lehrer über Nacht krank geworden ist, dessen Kurs um 08:30 Uhr startet, und man sich sofort um eine Vertretung kümmern muss.

Findest Du, dass Dich das Studium gut auf Deinen Beruf vorbereitet hat?

Fachlich hat mich das Studium insoweit darauf vorbereitet, als ich meine Liebe zu Sprachen vertieft und durch die Portion BWL einen Eindruck davon habe, wie ein Unternehmen arbeitet (und arbeiten sollte). Ich würde aber sagen, dass es weniger der fachliche Inhalt meines Studiums ist, der mich auf meine Tätigkeit vorbereitet hat, sondern mehr die Soft Skills, die ich im Laufe meines Studiums erworben oder ausgebaut habe: Wenn man drei Fächer parallel studiert und 13 Klausuren plus 3 Hausarbeiten am Semesterende schreibt, muss man schnell lernen, sich Deadlines zu setzen. Dabei ist es unverzichtbar, seine Arbeit zu organisieren und zu priorisieren und dabei auch sich selbst zu organisieren, was mir jetzt sehr bei meiner täglichen Arbeit hilft.
Außerdem habe ich im Studium mit so vielen Menschen zusammen studiert und gearbeitet, wodurch sich zwischenmenschliches und interkulturelles Verständnis und die nötige Prise Feingefühl entwickelt haben. Ich habe auch keine Scheu davor, mich Herausforderungen zu stellen, weil rückblickend das ganze Studium aus tausenden Herausforderungen bestand, die zu bewältigen waren.

Worauf legt Deine Firma bei einem Vorstellungsgespräch besonders viel Wert?

Das wichtigste an erster Stelle: Ehrlichkeit. Meine Chefin und Schulleiterin ist sehr menschlich und würde keinen ihrer Mitarbeiter hängen oder einen Bewerber abblitzen lassen, wenn es ein Problem gibt. Aber die Grundvoraussetzung dafür, dass es auf beiden Seiten klappt, ist beidseitige Ehrlichkeit. Ich war zwar auch schon immer ein Vertreter dieser heutzutage seltenen Tugend, aber durch meine Arbeit bei inlingua habe ich umso mehr verstanden, wie wichtig es ist, ehrlich zu sein und offen miteinander zu sprechen.

Ansonsten würde ich sagen sind es die Klassiker, ein gut formuliertes Anschreiben mit Zeugnissen und Nachweisen bilden die Basis und eine ordentliche Erscheinung rundet das Bild des ersten Eindrucks ab. Da wir aktuell in erster Linie Vorstellungsgespräche mit Lehrern führen, achten wir besonders darauf, wie sich der Bewerber verhält: Ist es eine offene, kommunikative Person, die interessiert ist, Fragen stellt und von sich aus von seinen Erfahrungen berichtet? Denn eine zurückhaltende Person, die nur auf Fragen reagiert und wenig von sich aus zeigt, mag zwar ein bestimmter Schlag Mensch sein, kann dann aber eine noch so perfekte Bildung und Arbeitserfahrung haben und wird trotzdem nicht mit unserer Vorstellung eines guten Lehrers übereinstimmen.

Was spielt eine größere Rolle bei der Bewerberauswahl: gute Noten oder Arbeitserfahrung?

Um ehrlich zu sein kann ich diese Frage nicht klar beantworten, selbst wenn ich von meinem eigenen Fall ausgehe. Ich hatte einen Masterabschluss mit 1,4 und keine Arbeitserfahrung an Sprachschulen, aber ich konnte zeigen, dass sich sowohl meine Kenntnisse aus dem Studium als auch die Erfahrungen, die ich durch meine bisherigen praktischen Tätigkeiten erlangt habe, für die Stelle bei inlingua auszahlen würden. Meine Chefin achtet bei der Durchsicht von Bewerbungsunterlagen zwar auf beides, schaut aber viel mehr auf das Gesamtbild und ist der Meinung, dass auch ein weniger guter Abschluss nichts zu bedeuten hat, wenn sich jemand in seinem Arbeitsleben profiliert hat und richtig gut ist in dem was er tut. Meiner Ansicht nach ist dies ohnehin ein Punkt, der sehr stark davon abhängt, was die Personaler der jeweiligen Firmen denken, für mich gibt es kein entweder oder.

Lohnt sich ein Masterstudium Deiner Meinung nach?

Auch das ist eine Frage, die sich nicht eindeutig dafür oder dagegen beantworten lässt. Kommilitonen von mir haben das Masterstudium nur gemacht, weil sie nicht wussten, was sie machen sollten – ich habe es gemacht, weil ich mein Studium geliebt habe und weiterlernen wollte. Wenn sich jemand für einen Master entscheidet, dann bitte nicht, weil man sonst nichts Besseres zu tun oder zu große Angst vor der Welt da draußen hat. Damit verschwendet man nicht nur seine eigene Zeit, sondern belastet auch diejenigen der Kommilitonen, die ihr Studium mit Leidenschaft fortführen. Für manche Berufe macht ein Masterstudium keinen Sinn (wobei für viele Berufe auch eine Ausbildung reichen würde) und wenn Ihr Geld verdienen statt Schulden anhäufen wollt, dann macht den Master nicht. Für andere Berufe ist sogar ein Doktortitel eine Voraussetzung, sodass der Masterabschluss nur eine Stufe auf der Karriereleiter darstellt. Ihr solltet Euch auf jeden Fall schon zu Bachelorzeiten mit dem Gedanken auseinandersetzen, was Ihr nach dem Studium machen oder in welche Richtung Ihr gehen möchtet, um zu entscheiden, ob es sich für Euch lohnt, den Master dranzuhängen. Lasst Euch da von niemandem sagen, dass Ihr ihn unbedingt machen müsst, oder dass es – im Gegenteil – völliger Schwachsinn ist, weil Ihr danach für irgendetwas überqualifiziert seid. Ihr müsst danach entscheiden, was Ihr wollt, und nicht danach, was irgendwer darüber denkt. Also wenn Ihr Euer Studium liebt und den Master machen wollt, weil Ihr noch mehr lernen und einen höheren Abschluss haben möchtet, dann macht ihn.

Welchen Tipp, den Du während Deines Studiums selbst gebraucht hättest, kannst Du heutigen Studenten geben?

Lasst Euch nicht vom Studienverlaufsplan stressen. Ich weiß, dass es vielen wie mir gehen wird, als BaföG-Empfänger steht man unter Druck, das Studium in Regelstudienzeit abzuschließen. Aber ich kann Euch nur ans Herz legen, Euch davon nicht kontrollieren zu lassen. Wenn Ihr eine Vorlesung unmöglich unterbringen könnt, dann macht sie, wenn sie das nächste Mal angeboten wird. Oder wenn Ihr unbedingt ein Praktikum in diesem Unternehmen machen wollt, sie aber nur sechsmonatige Praktika anbieten, dann pausiert halt ein Semester. Und wenn Eure Freunde unbedingt einen Roadtrip durch die USA machen wollen und Ihr im letzten Sommer ein bisschen was dazuverdienen konntet, dann nutzt die Chance und fahrt mit. Was ich damit sagen möchte, ist, dass Ihr Euch keine Gelegenheit entgehen lassen und das Leben genießen sollt. Die Studienzeit ist einzigartig und kommt nie wieder (klingt viel pessimistischer als ich es eigentlich meine, aber so lange Ferienzeiten und eine solche Flexibilität werdet Ihr danach nicht mehr so schnell kriegen) und auch wenn Ihr brave Studenten sein und einen tollen Abschluss erreichen wollt, solltet Ihr euch sonst nichts entgehen lassen, was das Leben zu bieten hat. Und am Rande kann ich Euch sonst nur sagen, dass Ihr nicht allem glauben sollt, was andere erzählen und Euch doppelt und dreifach absichern solltet, was jetzt stimmt und was nicht, wenn es darum geht, was für Seminare Ihr jetzt in diesem Modul belegen könnt oder wie viele CP Ihr braucht, um eure Masterthesis anmelden zu können. Und zu guter Letzt: Glaubt an Euch und lasst Euch nicht entmutigen, wenn Euch jemand fragt, was um Himmels willen man mit Eurem Studium bitte machen kann – mit MFKW stehen Euch jede Menge Türen offen!

 Vielen Dank, Julia Sorokin, für Deinen Bericht!