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Collegium Gissenum 2019

Menschliches Leben - philosophische Beiträge

 

Das Collegium Gissenum 2019 soll den Titel Menschliches Leben – philosophische Beiträge tragen. Das Ziel der Vortragsreihe besteht darin, zentrale Dimensionen menschlichen Lebens auszuleuchten. Inhaltlich strukturiert werden soll die Reihe durch Paare begrifflicher Kontraste. Ihre Bearbeitung soll helfen, Spezifika unseres Menschseins herauszuarbeiten.

Die Kontrastpaare sind:

Leben und Tod: Was uns Lebenden das Nachdenken über den Tod lehrt.
Natürliches Leben und künstliches ‚Leben‘: Grenzen und Perspektiven der Artificial-Life- Forschung.
Unsere menschliche Lebensform und Lebensformen nicht-menschlicher Tiere: Wodurch unterscheidet sich menschliches Leben von anderen Formen des Lebens?
Leben als ein biologisches und soziales Phänomen: menschliches Leben im Spannungsfeld zwischen naturwissenschaftlichen und geistes- bzw. kulturwissenschaftlichen Zugängen.

 

Das Programm

24.04. Prof. Dr. Theda Rehbock (Dresden)

Leben und Tod: Was erfahren wir über uns Menschen, wenn wir über den Tod nachdenken?

„Das Nachdenken über den Tod konfrontiert uns Menschen in radikaler Weise mit den Grenzen möglicher menschlicher Erkenntnis, mit unserem Nicht-Wissen. Anders als jedes Ende im Leben, das immer zugleich der Anfang von etwas Neuem ist, ist der Tod eine absolute Grenze des Lebens, von der wir keine Erfahrung haben können. Weder die Religionen noch die Naturwissenschaften können uns ein Wissen über den Tod vermitteln. Diese erkenntniskritische Einsicht ist zugleich die notwendige Voraussetzung dafür, dass wir verstehen, in welchem Sinne wir diese Grenze im Denken gleichwohl überschreiten. Über ein Jenseits des begrenzten irdischen Lebens können wir nichts wissen. Dass wir ein solches Jenseits denken können, hat aber eine praktische Bedeutung für ein gutes Zusammenleben der Menschen, auch mit Sterbenden und Toten. Der Vortrag verbindet das theoretische Nachdenken über den Tod mit dem Aufweisen der praktischen Konsequenzen dieses Nachdenkens für das Leben.“

 

19:00 Uhr, Margarete-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34

 

08.05. Prof. Dr. Geert Keil (Berlin)

Menschliche Fehlbarkeit

Irren ist menschlich. Fehlbare Wesen wie wir können aus eigener Kraft nicht sicherstellen, dass etwas, was sie mit guten Gründen für wahr halten, tatsächlich wahr ist. Dabei sind durchaus Wesen vorstellbar, die Irrtümer sicher vermeiden können, wenn sie sich darum bemühen. Nach allem, was wir wissen, gehören Menschen aber nicht zu diesen Wesen. (Dem Zweiten Vatikanischen Konzil zufolge gibt es genau eine Ausnahme: den Papst.)

Warum ist das so? Liegt der Grund dafür, dass wir niemals alle Irrtumsmöglichkeiten ausschließen können, in der Beschaffenheit der Welt oder in unser eigenen?  Ist Wahrheit vielleicht als etwas definiert, was wir bei unseren Erkenntnisbemühungen verfehlen können? Oder fehlen uns bestimmte Fähigkeiten, die wir im Prinzip erwerben könnten? Oder gehört die Anfälligkeit für Irrtümer zur menschlichen Natur?

 

19:00 Uhr, Margarete-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34

  

15.05. Prof. Dr. Martin Saar (Frankfurt)

Lebenskunst und Lebenstechnik

Die Philosophie streitet seit Jahrhunderten darüber, was menschliches Leben ausmacht und welche Eigenschaften den Menschen vom Tier unterscheiden. In diesem Vortrag soll ein Beitrag zu diesem Thema von einem Umweg her geleistet werden, nämlich vom Topos der "Lebenskunst" her, der auf etwas verschlungenen Wegen aus der antiken Philosophie in die Moderne geraten ist. So findet sich ganz prominent bei Friedrich Nietzsche (und einigen seiner Nachfolger) eine auf interessante Weise "technische" und "ästhetische" Auffassung des Lebens. Die Frage nach dem menschlichen Leben wird hier zur Frage nach dem Wie des Lebens, seinen Verfahren, Techniken und Formen. Es ist vielleicht kein Zufall, dass dieses Konzept der Lebenskunst in der spät- oder nachmodernen Philosophie seit den frühen 1980er Jahren und bis heute wieder eine bedeutende Konjunktur erlangt hat. Ich schlage vor, die Beiträge von Michel Foucault und Peter Sloterdijk als interessante Symptome für die Triftigkeit der Idee zu diskutieren, dass, wer wissen will, was menschliches Leben ist, verstehen muss, wie es gelebt wird.

 

19:00 Uhr, Margarete-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34

  

05.06. Prof. Dr. Kristina Musholt (Leipzig)

Der Mensch als das normative Tier

Die These meines Vortrag lautet, dass wir zwar viele Dimensionen unseres Lebens mit nicht-menschlichen Tieren teilen, sich menschliches Leben aber durch unsere besondere Orientierung an Normen auszeichnet. Das heißt, als selbstbewusste und zugleich notwendig soziale Wesen sind Menschen in besonderer Weise mit Fragen des Sollens - etwa "Was soll ich tun?" oder "Was soll ich denken?" - konfrontiert. In meinem Vortrag werde ich, auch mit Bezug auf evolutionäre und entwicklungspsychologiesche Befunde, die Ursprünge dieser normativen Orientierung skizzieren und einige daraus resultierende Überlegungen zum Verhältnis von theoretischer und praktischer Normativität vorstellen.

 

19:00 Uhr, Margarete-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34

  

12.06. Prof. Dr. Dieter Birnbacher (Düsseldorf)

Menschliche versus tierische Lebensform – was rechtfertigt die ethische Priorität des Menschen?

Zwischen Menschen und Tieren wird sowohl axiologisch wie normativ herkömmlich scharf differenziert. Tiere gelten zwar rechtlich auch in Deutschland nicht mehr als Sachen, der Tierschutz ist mittlerweile im Grundgesetz aufgeführt und der § 1 des Tierschutzgesetzes würdigt die Tiere emphatisch als "Mitgeschöpfe". Aber Tiere sind weiterhin Eigentum und können gehandelt werden, Tötung und Intensivhaltung von hochstehenden Säugetieren sind auch für Luxusbedürfnisse zulässig, und "invasive Tierarten" werden nicht nur zur Vernichtung freigegeben, sondern diese wird teilweise sogar verpflichtend gemacht. Kulminationspunkt der Differenzierung ist die prominente Rolle der Kategorie der "Menschenwürde" im deutschen Verfassungsrecht und in der Bioethik. Worin ist diese starke Differenzierung begründet? Der Beitrag diskutiert die wichtigsten der dazu vorgeschlagenen Begründungsansätze und stellt dabei insbesondere die Tragfähigkeit von Ansätzen in Frage, die den moralischen Status des Menschen in den für Menschen spezifischen Fähigkeiten begründet sehen. Verteidigt wird demgegenüber ein Begründungsansatz, der die Besonderheit der menschlichen Lebensform in normativ relevanten speziestypischen Bedürfnissen verortet. Diese Besonderheit schließt nicht aus, auch auf Tiere normative Kategorien anzuwenden, die herkömmlich Menschen vorbehalten waren, etwa die bestimmter moralischer Rechte.

 

19:00 Uhr, Margarete-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34

 
Sie können das Programm auch als Plakat herunterladen.

Margarte-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34 (Karte)

 

Kontakt

Prof. Dr. Gerson Reuter

 

Institut für Philosophie, Professur für Theoretische Philosophie
Rathenaustraße 8, 2. Stock, Raum 202
35394 Gießen
E-Mail: 

Alexandra Darabos
Institut für Philosophie
Rathenaustraße 8, 2. Stock, Raum 209
35394 Gießen

 

Telefon: + (49)-641-99-15531

E-Mail: