Inhaltspezifische Aktionen

Karsten Brüggemann

Biographie und Publikationen

 

Col 01 Col 11
seit 2008 Professor für estnische und allgemeine Geschichte am Historischen Institut der Universität Tallinn
weitere Daten
https://www.etis.ee/portaal/isikuCV.aspx? TextBoxName=Karsten&PersonVID=42969&FromUrl0=isikud.aspx&lang=en

 

 

Habilitationsprojekt

Arbeitstitel: "Luft und Licht des Imperiums: Legitimations- und Repräsentationsstrategien russischer Herrschaft an der Ostseeküste im 19. und 20. Jahrhundert"

Zum Ende des 18. Jhs. besaß Russland einen Zugang zur Ostsee von St. Petersburg bis Polangen/Palanga. Sein geopolitisches Interesse daran machte sich noch in den Debatten um die NATO-Osterweiterung bemerkbar. Im Laufe der Zeit wurde dieser Anspruch zwar unterschiedlich begründet, doch zeigen sich konzeptionelle Kontinuitäten in der Legitimation des russischen Herrschaftsanspruchs bis heute. Neben geographischen, strategischen und historischen Argumenten tritt eine kulturelle Perspektive, in der die Region als Bereicherung für das Russische Reich gesehen wird. Die Öffnung der russischen Gesellschaft für nationale Ideen seit der Mitte des 19. Jhs. führte hingegen zu einer Betonung des Gefahrenpotentials der nun primär als (ethnisch, konfessionell) fremd begriffenen „baltischen Region“; den Anspruch auf die Region verdeutlichte auch die "russifizierte" Bezeichnung des Pribaltijskij anstelle des Ostzejskij kraj. Erst unter Alexander III. indes begann der Staat in Est-, Liv- und Kurland mit einer Integrationspolitik, die sogleich in den lokalen Diskursen als "Russifizierung" perhoresziert wurde. Diese Integrationspolitik folgte einem genauer zu untersuchenden Prozess der intellektuellen russischen Aneignung, der die Region zum legitimen russischen Besitz erklärte. Während russische Herrschaft in Sibirien „europäisch“ sein wollte, musste sie in Reval/Tallinn und Riga vor allem „russisch“ sein. Den traditionellen Argumenten folgte auch die UdSSR, die unabhängige baltische Staaten als feindlichen Vorposten sah; im sowjetischen Alltag hingegen galt die Region wie schon im frühen 19. Jh. als „unser Ausland“.