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AG Ionentriebwerke

Die Arbeitsgruppe Ionentriebwerke beschäftigt sich mit elektrischen Raumfahrtantrieben, die für die Fortbewegung von Satelliten und Raumfahrzeugen im Weltraum eingesetzt werden können.

50 Jahre Forschung für den Weltraum

Die AG Ionentriebwerke unter der Leitung von Prof. Dr. Peter J. Klar an der Justus-Liebig-Universität Gießen blickt auf eine über 50-jährige Forschungsgeschichte zurück. Ihr Fokus liegt auf der Entwicklung elektrischer Raumfahrtantriebe, insbesondere sogenannter Hochfrequenz-Ionentriebwerke (RIT).

Bereits Prof. Dr. Horst W. Löb, einer der Pioniere auf dem Gebiet der elektrischen Raumfahrtantriebe und Professor am I. Physikalischen Institut der JLU, erkannte in den 1960er Jahren das Potenzial elektrodenloser Hochfrequenzionisation für langlebige und effiziente Antriebe im All. Diese innovative Technologie unterscheidet sich wesentlich von herkömmlichen Hohlkathoden-basierten Systemen wie dem Kaufman-Triebwerk und verlängert die Lebensdauer des Antriebs durch den Wegfall direkter Kontakte zwischen HF-Spule und Plasma.

Funktionsweise eines RIT: Elektronen werden durch ein hochfrequentes Wirbelfeld aufgeheizt, bis sie genug Energie aufgenommen haben, um den eingelassenen Treibstoff in hinreichender Menge zu ionisieren (©IPI/JLU).

Die AG betreibt mehrere Testanlagen für realitätsnahe Weltraumsimulationen. Herausragend ist die Großvakuumkammer JUMBO mit einem Volumen von 30 m³, in der Triebwerke bis zur 5-kW-Klasse getestet werden können. Für den Betrieb kleinere Triebwerke und Neutralisatoren stehen weiterer Weltraumsimulationsanlagen zur Verfügung.

Technologische Schwerpunkte

  • Charakterisierung des Ionenstrahls: z. B. durch Messung von Ionenstromverteilungen
  • Plasmadiagnostik mit Langmuir-Sonden und Emissive Probes
  • Optische Methoden: Emissions- und THz-Spektroskopie
  • Schubmessung, Materialuntersuchung, Thermalanalyse

Historische Meilensteine

Die Entwicklung gipfelte u. a. in der erfolgreichen Mission ARTEMIS (2001), bei der ein defekter Satellit dank RIT-Technologie in einen geostationären Orbit gebracht wurde – ein historischer Erfolg für die elektrische Raumfahrt.

Mit Partnern wie dem DLR, der ESA und der Industrie wurde das RIT-System zur Serienreife gebracht. Heute ist die ArianeGroup GmbH weltweit führend bei geostationären Ionentriebwerken mit deutscher RIT-Technologie.

Aktuelle Projekte

Miniaturisierte Ionenquellen (MASELTOF-Projekt)

Ein zentraler Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung miniaturisierter Ionenquellen, die mithilfe der 3D-Zwei-Photonen-Lithografie direkt an der JLU gefertigt werden.

Standardisierung von Tests (Ref4EP-Projekt)

Im Rahmen des DLR-Projekts Ref4EP wird an der Standardisierung von Testverfahren gearbeitet, um eine Vergleichbarkeit von Triebwerkstests an verschiedenen Testanlagen zu gewährleisten. Dies erfolgt unter anderem durch Ringvergleiche mit einem Referenz-Ionentriebwerk sowie abgestimmten Referenz-Diagnostiken.

Luftatmende Ionenantriebe (ABEP-Projekt)

Ein innovativer Schwerpunkt liegt auf luftatmenden Ionenantrieben (Air-Breathing Electric Propulsion, ABEP), die atmosphärische Gase als Arbeitsmedium nutzen und sich ideal für sehr niedrige Erdumlaufbahnen (VLEO) eignen.

Elektride für Neutralisatoren (ATARI-Projekt)

Im Bereich der Neutralisatoren untersucht die Arbeitsgruppe den Einsatz von Elektriden als Insertmaterialien für Hohlkathoden und alternative Neutralisatortypen. Im Vergleich zu herkömmlichen Materialien wie BaO oder LaB₆ zeigen Elektride eine deutlich höhere Beständigkeit gegenüber chemisch aggressiven Treibstoffen wie Iod. Dadurch bieten sie großes Potenzial für den zuverlässigen Betrieb mit alternativen Treibstoffen.

RF-Neutralisatoren (ECHION-Projekt)

Die RIT-Technologie eignet sich nicht nur als Ionenquelle, sondern kann mit leichten Modifikationen auch als intensive Elektronenquelle genutzt werden und somit als Neutralisator. Der Vorteil ist hierbei, dass keine Insertmaterialien wie bei Hohlkathoden benötigt werden, weswegen die RF-Technologie insbesondere für alternative Treibstoffe wie Sauerstoff und Iod interessant ist.

Alternative Treibstoffe

Darüber hinaus erforscht die AG alternative Treibstoffe für elektrische Antriebe, um künftig auch in ressourcenlimitierten oder sicherheitskritischen Missionen eine hohe Betriebsflexibilität und Umweltverträglichkeit sicherzustellen.

Video: Sabrina und das Ionentriebwerk

Unsere Technologie wird auch allgemeinverständlich und humorvoll erklärt:

"Sabrina und das Ionentriebwerk"
von Till Schürmann
www.till-schuermann.de