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A2 - Vitamin A, Wachstumsfaktoren und Lungenfunktion bei Frühgeburt

Projektleiter:     PD Dr. oec. troph. Silvia Rudloff
Mitarbeiter:     Dr. oec. troph. Sabine Kuntz


Während der fetalen Entwicklung können hypoxische Bedingungen zur Wachstumsretardierung

Abb 1: Vitamin A-Metabolite
und einer unzureichenden Entwicklung der Lunge führen, die besonders bei Frühgeborenen das Risiko für chronische Lungenerkrankungen erhöhen. Da Vitamin A in Form seines Metaboliten all-trans Retinsäure (atRA) als Transkriptionsfaktor die Zelldifferenzierung beeinflusst und gleichzeitig bei Frühgeborenen niedrige Serumspiegel an Vitamin A beobachtet wurden, sollte an humanen Typ II-Pneumocyten (A549) untersucht werden, inwieweit atRA die Proliferation und Differenzierung unter hypoxischen Bedingungen beeinflusst. Mit Hilfe der quantitativen RT-PCR wurde die Genexpression der RA-Rezeptoren RAR und RXR (α, ß und γ) sowie weiterer Faktoren, die mit dem Vitamin A-Metabolismus assoziiert sind, untersucht. Unter Hypoxie war sowohl die Pneumocytenproliferation als auch die Zelldifferenzierung im Vergleich zur Kontrolle reduziert. Diese Hypoxie-induzierte, phänotypische Veränderung ging mit einer Verminderung der mRNA-Expression der RA-Rezeptoren einher. Wurden diese hypoxischen Lungenzellen jedoch mit physiologischen Mengen an atRA supplementiert, konnte vor allem die Zelldifferenzierung auf ein normales, d.h. normoxisches Niveau regeneriert werden. Unter hypoxischen Bedingungen waren die Expressionen von RAR-α, -ß und -γ reduziert. Sie stieg nach atRA-Behandlung auf bis zu 70% der Kontrolle an. Weniger deutlich, aber dennoch signifikant, wurden die mRNA-Spiegel der unterschiedlichen RXR-Isoformen durch atRA beeinflusst. atRA erwies sich in den oben genannten Untersuchungen als potentester Effektor. Weder Retinol noch Retinylpalmitat waren in der Lage die Hypoxie-induzierten Effekte in gleicher Weise wiederherzustellen wie dies bei atRA zu beobachten war.
Diese Beobachtungen deuten an, dass atRA die hypoxischen Effekte auf Typ II-Pneumozyten, die eine verzögerte und gestörte Lungenentwicklung wiederspiegelt, teilweise kompensieren könnte.
Postnatal wiederum entwickeln frühgeborene Kinder, die eine erhöhte Sauerstoffzufuhr benötigen, häufig eine sogenannte Bronchopulmonale Dysplasie (BPD) als klinisches Bild einer gestörten vaskulären und alveolären Lungenentwicklung. Da auch hier Vitamin A in Form seines Metaboliten atRA als Transkriptionsfaktor die Zelldifferenzierung beeinflusst und man gleichzeitig bei Frühgeborenen mit BPD niedrige Serumspiegel an Vitamin A beobachtet, wurden neonate Mäuse, die bis zu 21 Tagen in der Hyperoxie gehalten wurden und hierbei eine BPD entwickeln, mit atRA behandelt. Mit Hilfe der quantitativen RT-PCR wurde die pulmonale Genexpression der RA-Rezeptoren RAR-α, -ß, -γ sowie von Faktoren, die die Gefäß- und Alveolenentwicklung beeinflussen, bestimmt. Im Vergleich zu unbehandelten Tieren war eine erhöhte mRNA-Expression für RAR bei den Tieren zu beobachten, die mit physiologischen Dosen an atRA behandelt wurden. Auch die angiogentischen Faktoren VEGF, HIF-2α, und die endotheliale NO-Synthase sowie deren Aktivator DDAH-2 waren unter hyperoxischen Bedingungen herunterreguliert und konnten durch die RA-Supplementierung zum Teil auf ein Niveau angehoben werden, das bei Tieren in der Normoxie beobachtet wurde.

Zusammenfassend deuten diese Beobachtungen an, dass atRA sowohl in vitro die hypoxischen Effekte auf Typ II-Pneumozyten als auch in vivo die Auswirkungen einer chronischen Hyperoxie auf die pulmonale Genexpression, die die verzögerte und gestörte Lungenentwicklung wiederspiegelt, teilweise kompensieren könnte.

Ein wesentlicher Teil der Untersuchungen wird in Zusammenarbeit mit der Klinischen Forschergruppe “Lungenfibrose“, Teilprojekt III „Mechanismen und therapeutische Strategien der Alveolo- und Vasculogenese in der Lungenentwicklung: Rolle in der Bronchopulmonalen Dysplasie (BPD)“ (Projektleitung: R. Schermuly, Innere Medizin Giessen, I. Reiss, Erasmus Medical Center Rotterdam) durchgeführt.

 

Weitere Informationen erhalten Sie im Zentrum für Allgemeine Pädiatrie und Neonataologie.

Publikationen

Kuntz S, Rudloff S. Effect of retinoic acid on human lung epithelial cells under hypoxia. In Vorbereitung

Rudloff S, Koebrich S, Reiss I, Schmermuly R, Kuntz S. Retinoic acid restores pulmonary gene expression in neonatal mice developing bronchopulmonary dysplasia. In Vorbereitung

Kuntz S, Kunz C, Rudloff S. All-trans retinoic acid prevents hypoxia-induced effects on human pulmonary cells. Experimental Biology 2007, Washington (USA)

Rudloff S, Kuntz S, Koebrich S, Zoremba M, Schermuly R, Reiss I. Retinoic acid affects pulmonary gene expression in neonatal mice developing bronchopulmonary dysplasia. Experimental Biology 2007, Washington (USA)