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A8 - Neuartige Ölsaat-Genotypen mit genetisch veränderter Fettsäure- und Tocopherol-Zusammensetzung

Projektleiter: Prof. Dr. Wolfgang Friedt
Mitarbeiter: Dr. agr. Mirela Raclaru

Nahrungsfette werden ernährungswissenschaftlich danach beurteilt, wie sie physiologische Abläufe im Organismus und die Gesundheit beeinflussen. Besondere Aufmerksamkeit gilt einer angemessen hohen Zufuhr von einfach ungesättigten Fettsäuren und einem ausgewogenen Verhältnis von ω6- zu ω3-Fettsäuren Fettsäuren; zu ersteren gehört z. B. Linolsäure (C18:2 n-6) zu letzeren die α-Linolensäure (C18:3 n-3). Diese Erkenntnisse haben sich in den Ernährungsempfehlungen zahlreicher deutscher und internationaler Gremien niedergeschlagen.
Heimische Ölquellen, wie Raps (Brassica napus L.), Öllein

Raps
(Linum usitatissimum L.) und Leindotter (Camelina sativa L.), zeichnen sich durch variable Anteile an α-Linolensäure (ALA) aus. Dieser ω3-Fettsäure wird unter ernährungsmedizinischen Gesichtspunkten eine herausragende Bedeutung bei¬ge¬messen. Aus ihr können im Körper weitere bedeutende bzw. essenzielle, sehr langkettige mehrfach un¬gesättigte Fettsäuren (LCPUFA), wie Eicosapentaensäure (EPA, C20:5) und Docosahexaensäure (DHA, C22:6), synthetisiert werden, die wiederum Vorstufen wichtiger Wirksubstanzen (Prostaglandine, Thromboxane und Leukotriene) sind. In
Lein
der Literatur finden sich sehr viele Hinweise darauf, dass langkettigen ω3-Fettsäuren auch für die Prävention von koronaren Herzerkrankungen eine große Bedeutung zukommt.
Im Hinblick auf den Oxidationsschutz dieser essentiellen Polyenfettsäuren stellen die Tocopherole (TOC) und Tocotrienole eine wichtige Gruppe natürlicher bioaktiver Antioxidantien dar, die unter dem Begriff Vitamin E zusammengefasst werden und vor allem mit den pflanzlichen Ölen in der Nahrung aufgenommen werden. Die Hauptfunktion von Vitamin E besteht im Schutz der Membranlipide vor Schädigung durch freie Radikale. Die antioxidative Funktion von Vitamin E ist seit langem bekannt und in tierischen Zellen insbesondere im Hinblick auf Krank¬heiten, die auf eine oxidative Degeneration zurückgeführt werden, sehr gut erforscht. Die biologischen Wirkungsweisen des Vitamin E sind aber, auch nach Jahrzehnten intensiver Forschung, noch nicht abschließend geklärt.
Im Sinne einer präventiven Ernährung ist es Ziel des Vorhabens, die Variabilität des Fettsäuremusters in den genannten ALA-haltigen Pflanzenölen zu untersuchen und durch Schaffung neuer Ausgangsvariation und Kombinationszüchtung gezielt zu modifizieren. Während die genetische Veränderung der Fettsäure-Zusammensetzung von Pflanzenölen in der Vergangenheit intensiv erforscht und züchterisch bearbeitet wurde, hat die Genetik und züchterische Veränderung des TOC-Gehaltes und Musters bei den wichtigsten Ölpflanzen bisher eher wenig Berücksichtigung gefunden. Im Hinblick auf die besonderen Eigenschaften und Funktionen der verschiedenen TOC und Tocotrienole stellt die Zusammensetzung der genannten Pflanzenöle eine gute Ausgangsbasis für genetische Studien und die gezielte züchterische Selektion dar. Neben der Erhöhung des Gesamt-Tocopherolgehaltes ist es daher unser Ziel, die Ursachen der Variabilität des TOC-Musters bei Ölpflanzen wie Raps und Lein eingehend zu untersuchen, den genetischen Anteil daran zu ermitteln, sowie TOC-Gehalt und Muster durch Selektion zu optimieren. Insbesondere soll der Anteil an α-TOC einerseits bzw. γ-TOC andererseits für spezifische Anwendungen angereichert werden. Im letzten Schritt erfolgt die Kombination der beiden Zuchtziele „hoher ALA-Gehalt“ und „hoher TOC-Gehalt“, um wertvolle neue Ölsaaten und hochwertige Nahrungsöle mit optimierter Gesundheitswirkung bereitzustellen.
Um Kenntnisse über die genetische Basis der Qualitätseigenschaften der Linien zu ge¬winnen, wird nun anhand der erhobenen phänotypischen Daten (Fettsäure- und TOC-Muster, Ölgehalt, agronomische Eigenschaften) und genetischen Karten, welche mittels molekularer Markersysteme wie Amplified Fragment Length Polymorphisms (AFLPs) und Mikro¬satelliten (Simple Sequence Repeats, SSR) erstellt werden, eine molekulare Analyse dieser komplexen Merkmalskombinationen vorgenommen. Damit ist es möglich entsprechende Genomregionen (QTLs) bzw. Gene zu identifizieren, die anschließend in der Züchtung verbesserter Varietäten gezielt eingesetzt werden können.

 

Weitere Informationen erhalten Sie im Institut für Planzenbau und Pflanzenzüchtung I (AG Wolfgang Friedt).