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Corona & Ernährungskommunikationsforschung

Einige Gedanken zu Forschungsaktivitäten & -möglichkeiten (04.11.2020, Dr. Tina Bartelmeß)

Essen vom Asiaten?

 


Ernährung und der Versorgung der Gesellschaft mit Lebensmitteln wird in den Diskursen um das Coronavirus von Beginn an (unterschiedliche) Bedeutung zugeschrieben, nicht zuletzt, weil ein Lebensmittelmarkt in der Stadt Wuhan in der chinesischen Provinz Hubei als ursprünglicher Infektionsort gilt. Der 28. Januar 2020 gilt als der Tag, an dem das Corona-Virus Deutschland erreicht hat (→). Bei einem Mann aus dem Landkreis Starnberg in Bayern wurde die Infektion nach beruflichem Kontakt zu einer chinesischen Arbeitskollegin nachgewiesen. Schnell verbreiteten sich in digitalen Ernährungsdiskursen persönliche Empfehlungen, chinesische Restaurants in Deutschland zu meiden. Unabhängig von wissenschaftlichen Einschätzungen wurden zunächst nur chinesische und anschließend auch übergreifend asiatische Restaurants zu lokalen Risikogebieten erklärt und damit (unintendiert) über Ernährungskommunikation stigmatisierende und rassistische Einstellungen transportiert. Mit zunehmenden Infektionszahlen auch in Deutschland, geraten diese Bemerkungen in den Hintergrund und die private Versorgung der Haushalte mit Lebensmitteln dominieren coronavirusbezogene digitale Ernährungsdiskurse.

Team Hamster oder Team Gärtner?

 

Wer von Ihnen wollte im Frühjahr dieses Jahres Toilettenpapier einkaufen und stand vor leeren Regalen? Laut einer Studie ging es etwa 80 Prozent der Befragten weltweit so. Neben Toilettenpapier waren in erster Linie Lebensmittel, wie Getreide und Getreideprodukte sowie Milch und Eier schnell vergriffen (→). Vorratshaltung wurde ja auch politisch angeraten – die Bevölkerung sollte sich vorbereiten auf das Risiko einer möglichen zweiwöchigen Quarantäne. Die Bilder von leeren Supermarktregalen im Frühjahr 2020 haben sich wahrscheinlich bei allen eingeprägt. Die Metapher des „Hamsterns“ hatte zu dieser Zeit Konjunktur. Nun kann aber nicht pauschalisierend gesagt werden, dass die ganze Bevölkerung zum Hamstern neigt. Es sind überwiegend die 36- bis 45-jährigen, die zu dieser Zeit übermäßig viele Lebensmittel eingekauft haben (→).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Andere neigten eher dazu, Ihre Ernährung durch Gärtnern langfristig zu sichern. Doch während in Deutschland nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung angefangen haben, selbst Obst und Gemüse im eigenen Garten oder auf dem Balkon anzubauen, waren es in Großbritannien ganze 23 Prozent - übrigens eher Frauen als Männer (→). In Großbritannien wurde übrigens auch weniger gehamstert als in Deutschland (→).

 

Warum manche eher zum Hamstern neigen, andere zum Gärtnern, ob wir es mit gärtnernden Hamstern zu tun haben oder privat ganz andere Strategien von Bedeutung sind, um die Lebensmittelversorgung in Sicherheit zu wägen, ist jedoch bisher nicht zu beantworten. Hier (→) können Sie helfen, Antworten auf diese Fragen zu liefern. Insgesamt sind bisherige Erkenntnisse im Ländervergleich eher heterogen. Ein interessanter Zusammenhang, den es aus Sicht der Ernährungskommunikation zu beleuchten gilt, ist, inwiefern der gesellschaftliche Diskurs während diesen Zeiten bestimmte Handlungsmuster vorgegeben hat und als Orientierungsgrundlage für das Handeln der Menschen diente. So könnte bspw. ein Zusammenhang zwischen der politischen Thematisierung der Vorratshaltung und dem Hamstern vermutet werden.