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Die Ikonographie des Klimawandels. Mit Bildern motivieren und informieren - wir haben es selbst ausprobiert

18.10.2021: Ein Semester lang setzten wir, Studierende aus dem Fachbereich 09, uns mit der Kommunikation von Klimawandel, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein auseinander. Das Modul dazu hat den Namen „Nachhaltigkeitskommunikation“, wird von Frau Prof. Dr. Jasmin Godemann geleitet und zählt zu den Kernmodulen der Umweltmanagement-Studierenden. In diesem Beitrag wollen wir speziell über den Themenbereich „Visuelle Klimakommunikation“ berichten.

Dabei lag der Fokus bei der Erarbeitung des Textes "Visuelle Konstruktionen von Klima und Klimawandel in den Medien. Ein Forschungsüberblick" von Elke Grittmann[1] und dem Video “Discussion with Toby Smith on Addressing the Climate Crisis Digitally” von Toby Smith[2]. Zur Vertiefung des Themas diente eine Studie von Climate Outreach[3].

 

Warum Visuelle Klimakommunikation?

 

Wie trägt das Bildmedium zum Erwerb von Klimabewusstsein und -wissen bei? Welche Aufgabe hat die visuelle Kommunikation in der Aufklärung über den Klimawandel? Was können Bilder was Printmedien nicht können? Visuelle Medien wie Diagramme, Statistiken oder Grafiken sind ein wichtiger Faktor in der Wissenschaftskommunikation. Die Wahrnehmung der Wichtigkeit des Wissens kann jedoch auch beeinflusst werden. Je nach Einteilung eines Parameters kann eine rot ansteigende CO2-Kurve beängstigend oder normal wirken. Neben Wissensvermittlung übernimmt die visuelle Kommunikation aber auch andere Aufgaben, wie z.B. das Dokumentieren von der Entwicklung des Klimawandels oder das Erzeugen von Mitgefühl.

 

Sieben Prinzipien für wirksame Klimabilder

 

Wir lernten sieben Aspekte kennen, die für den Erfolg von visueller Klimakommunikation ausschlaggebend sind. Eine von Climate Outreach in Auftrag gegebene und 2015 umgesetzte Studie bildet die wissenschaftliche Basis der sieben Prinzipien für Klimabilder.3

(1) So sollten Fotos Personen möglichst realitätsnah abbilden, zum Beispiel während sie ihrer Arbeit nachgehen, die zum Klimaschutz beiträgt. Ein deutlicher authentischer Gesichtsausdruck kann dabei helfen, Emotionen zu transportieren.

(2) Ungewöhnliche Bilder wecken Interesse und knüpfen neue Verbindungen zum Klimawandel. “Typische” Klimawandelbilder, etwa gerodete Wälder oder hungrige Eisbären, symbolisieren einerseits zuverlässig die Klimaproblematik. Andererseits rufen sie bei vielen Betrachtern zynische Reaktionen hervor oder Ermüdung.

(3) Fotos können die Dimensionen einer Ursache-Wirkung-Beziehung verdeutlichen, wie zum Beispiel das Foto einer vollen Autobahn. Solche Bilder rufen beim Betrachtenden eher eine Veränderung im Denken oder Handeln hervor als beispielsweise das Foto eines einzelnen Autos.

(4) Klimawandelfolgen berühren den Betrachter oft mehr als Fotos von Ursachen oder Lösungsansätzen. Um dem Gefühl der Überforderung entgegen zu wirken, sollten solche Bilder möglichst mit direkten Aktionsvorschlägen kombiniert werden.

(5) Zudem sollte das Motiv auf die Zielgruppe abgestimmt sein. Beispielsweise reagieren politisch rechts Orientierte emotional positiver auf Bilder von Lösungen als auf Bilder von Klimawandelfolgen.

(6) Insgesamt am stärksten wirken Fotos von lokalen Klimawandelauswirkungen mit einer Person oder Gruppe mit deutlich lesbaren Emotionen. Während die Lokalität des Gezeigten Nähe zu den Rezipienten schafft, darf sie aber nicht zu einer Banalisierung von Klimawandelfolgen führen.

(7) Fotos von Demonstrationen werden nur von wenigen, meist Aktivisten, positiv wahrgenommen. Bei anderen lösen sie eher Zynismus und eine Distanzierung von der Klimawandelthematik aus. Wenn direkt vom Klimawandel Betroffene beteiligt sind, wird der Protest als authentischer wahrgenommen.

 

Werden Sie aktiv und fotografieren Sie selbst!

 

„Finden Sie Fotos, mit denen Sie Studierende auf die Folgen des Klimawandels vor Ort aufmerksam machen wollen und zu eigenem Engagement motivieren können".

Mit dieser Aufgabenstellung wechseln wir von der Theorie zur Praxis. Pandemiebedingt kommen Fotos aus unterschiedlichen Orten zusammen, nicht nur aus dem Gießener Raum. Die Zahlen hinter den Bildern verweisen auf eins der vorgestellten sieben Prinzipien für wirksame Klimabilder.

 

Thinking Green!

Ein Foto, das eine Spaziergängerin im Bergwerkswald zeigt, spricht gezielt Studierende an, da das Waldstück gerade von ihnen aufgrund der Nähe zum Campus genutzt wird (5).

 

Luftverschmutzung über Kairo  

Das Ausmaß der Luftverschmutzung über Kairo wird durch die besondere Perspektive verdeutlicht, die einen Überblick über die Stadt und die darüber liegende Schadstoffschicht ermöglicht (3).

                                                                  

Erster Schritt auf die neue Schwanenwiese!

Steigende Temperaturen führen zu verstärktem Algenwachstum, auch im lokalen Schwanenteich (6).

Schlaflabor. Vermehrte Schlafstörungen durch den Klimawandel

Eine etwas ungewöhnliche Assoziation schafft das Foto eines Schlaflabors, dessen Bildunterschrift auf den Zusammenhang des Klimawandels mit Schlafstörungen hinweist (2).

                                                              

  

Alternative Verkehrsmittel

Das Bild zweier futuristischer Fahrräder spricht einen möglichen Lösungsweg an (4).

 

Aktuelles Beispiel: Bilder der Flut

 

Nach den schockierenden Fotos der Juli-Flut im Westen Deutschlands, könnten die Fotos der Studierenden, die Klimawandelfolgen aufgreifen, fast verharmlosend wirken. Daher hier der Hinweis, dass erstere größtenteils erst nach Vorlesungsende in den Medien kursierten. Die Fotos der Flutkatastrophe erfüllen, wenn man sie aus dieser Perspektive betrachten möchte, einige der Empfehlungen zur visuellen Klimakommunikation.

Zum Teil zeigen sie ungestellt Menschen in Notlagen und transportieren authentische Emotionen (1). Andere machen das Ausmaß der Zerstörung sichtbar (3). Sie zeigen lokale Folgen des Klimawandels und schaffen so Betroffenheit und Nähe ohne zu verharmlosen (6). Es sind keine Protest-Fotos (7).

 

Ein paar Worte zu uns

Elisabeth Richardsen und Maria Neuhoff studieren Umweltmanagement und belegten Nachhaltigkeitskommunikation im Sommersemester 2021.

 

Alle Bilder wurden von Studierenden des Moduls "Nachhaltigkeitskommunikation" im Sommersemester 2021 an der JLU Gießen aufgenommen.


[1] Grittmann, E. (2012). Visuelle Konstruktionen von Klima und Klimawandel in den Medien. Ein Forschungsüberblick. In Neverla I., Schäfer M.S. (Hrgs.): Das Medien-Klima (pp. 171-196). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94217-9_8