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Symposium 1.2: Klimawandel und Gesundheit

 

Raum: 304

Vorsitz:

Martin Mlinarić

Victoria-Luise Batury

Miriam Engels

Melanie Jagla-Franke

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14:45 Uhr: Martin Mlinarić: Der Sachstandsbericht zu Klimawandel und Gesundheit – von neuen Daten zu Taten?

             

15:05 Uhr: Melanie Jagla-Franke: Hat der Klimawandel Auswirkungen auf reproduktive Einstellungen?

 

15:25 Uhr: Leonard Maier, Lisa J. Nieberle & Louis N. Schäfer: Das Wahlfach „Klimasprechstunde“: Praxisnaher, prämierter Unterricht in der Klimakrise

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Der Sachstandsbericht zu Klimawandel und Gesundheit – von neuen Daten zu Taten?

Mlinarić M 1, Niemann H 1, Kelleher K 1, Taylor A 1, Kümpfel R 1, Ziese T 1

 

1 Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, FG24 Gesundheitsberichterstattung, Berlin

 

Hintergrund: Der fortschreitende Klimawandel wirkt sich direkt und indirekt auf die Gesundheit aus und stellt damit Public Health und den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) gegenwärtig sowie zukünftig vor bevölkerungsmedizinische Herausforderungen. Um der interdisziplinären Bedeutung des Themas zu entsprechen, sind am Robert Koch-Institut (RKI) eine Geschäftsstelle für Klimawandel und Gesundheit und die Kommission Environmental Public Health eingerichtet.

Methoden: Zu den aktuellen Aufgaben der Gesundheitsberichterstattung am RKI in diesem Themenbereich gehört unter anderem die vom BMG geförderte Aktualisierung des Sachstandberichts zu Klimawandel und Gesundheit (2023), welcher in drei Ausgaben des Journal of Health Monitoring publiziert wird. Er wird vom RKI in Kooperation mit ca. 30 nationalen Institutionen, Behörden und Organisationen im Rahmen eines partizipativen Prozesses umgesetzt.

Ergebnisse: Der Sachstandsbericht zu Klimawandel und Gesundheit umfasst auf Basis von 14 Einzelbeiträgen aktuelle Evidenz zu Infektionskrankheiten, Antibiotikaresistenz (AMR), nicht-übertragbaren Krankheiten (NCDs), psychischer Gesundheit, zielgruppenbasierter Wissenschaftskommunikation und sozialen Determinanten mit räumlichem Fokus auf Deutschland.

Diskussion: Um gesundheitsgerechten Klimaschutz und Klimaanpassung vor Ort im kommunalen Setting zu gewährleisten, ist der Wissenstransfer dieser evidenzbasierten Ergebnisse von wesentlicher Bedeutung. Von den ca. 250 formulierten Handlungsoptionen des Sachstandsberichts werden Beispiele, wie etwa Vektoren- oder Hitze-assoziierte Auswirkungen, und thematische Cluster an Handlungsoptionen exemplarisch präsentiert und diskutiert.

 

Beitragserklärung:

Interessenskonflikte:

Der korrespondierende Autor erklärt, dass kein Interessenskonflikt bei den Autoren vorliegt.

Erklärung zum Ethikvotum:

Es ist kein Ethikvotum erforderlich.

 

Hat der Klimawandel Auswirkungen auf reproduktive Einstellungen?

Jagla-Franke M 1, 2, Henschel LD 1, Franke GH 1

 

1 Hochschule Magdeburg-Stendal, Hansestadt Stendal

2 Hochschule Neubrandenburg, Neubrandenburg

 

Hintergrund: Der Klimawandel erfordert Verhaltensänderungen in verschiedenen Lebensbereichen. Ein Aspekt könnte die Entscheidung gegen eigene Kinder bzw. die Entscheidung für eine geringe(re) Anzahl eigener Nachkommen sein. Ziel der vorliegenden Studie ist die Prüfung, inwieweit Sorgen über den ökologischen Fußabdruck der Fortpflanzung und Sorgen über Auswirkungen des Klimawandels denen (hypothetische) Nachkommen ausgesetzt sind, bestehen sowie welchen Einfluss Umweltbewusstsein, persönliche Umweltwerte und Umwelt-Fortpflanzung-Sorgen auf reproduktive Einstellungen haben.

Methoden: Die Datenerhebung fand zwischen Juli und Oktober 2022 statt; eingesetzt wurden die Reproductive Attitudes Scale, das Environmental Portrait Value Questionnaire und die Skala zur Messung von zentralen Kenngrößen des Umweltbewusstseins.

Ergebnisse: Die N=223 Personen (67% weiblich) waren im Mittel 26.7 (±6.1, Range 18-45) Jahre alt, 74% der Teilnehmenden lebte in einer Partnerschaft/Ehe. 20% gaben an, Kinder zu haben bzw. zu erwarten; über den Lebenslauf waren 1.78 (Range 0-4) Kinder geplant. Insgesamt zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Besorgnis des ökologischen Fußabdrucks und der Besorgnis der Auswirkungen, denen die eigenen (hypothetischen) Kinder ausgesetzt sein könnten (rs=.49, p<.001). Frauen waren besorgter als Männer bezüglich des ökologischen Fußabdrucks (U=4418, z=-2.45, p=.01) und der Auswirkungen (U=4484, z=-2.29, p=.02). Die Prüfungen auf Unterschiede zwischen Alters- und Elternstatusgruppen zeigten keine signifikanten Ergebnisse hinsichtlich des ökologischen Fußabdrucks, aber hinsichtlich der Klimawandelauswirkungen auf (hypothetische) Nachkommen waren jüngere besorgter als ältere (p=.035) und bezüglich der Familienplanung unentschlossene Personen besorgter als Planende oder Eltern (p<.001). Regressionsanalytisch wurde der Einfluss von Umweltbewusstsein, Umweltwerten und Umwelt-Fortpflanzungs-Sorgen sowie soziodemografischer Daten auf die reproduktiven Einstellungen geprüft. Statistisch signifikanten Einfluss auf die reproduktiven Einstellungen (F(2,220)=26.93, p<.001, korr. R2=.19) übten die beiden Variablen Umweltbewusstsein (ß=-.37, t=-6.16, p<.001) und Alter (ß=.21, t=3.47, p<.001) aus.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass vorhandene Klimawandel-Sorgen kaum Einfluss auf reproduktive Einstellungen haben. Die vorliegenden Ergebnisse replizieren die bisherige Forschung, die ebenfalls zu widersprüchlichen Ergebnissen kam.

 

Beitragserklärung:

Interessenskonflikte:

Der korrespondierende Autor erklärt, dass kein Interessenskonflikt bei den Autoren vorliegt.

Erklärung zum Ethikvotum:

Es liegt ein positives Ethikvotum vor.

 

Das Wahlfach „Klimasprechstunde“: Praxisnaher, prämierter Unterricht in der Klimakrise

Maier L 1, Nieberle LJ 1, Schäfer LN 2, Schut C 3, Knipper M 4

 

1 Justus-Liebig-Universität Gießen, Studierende Fachbereich Medizin, Gießen

2 Philipps-Universität Marburg, Studierende Fachbereich Medizin, Marburg

3 Institut für Medizinische Psychologie, Justus-Liebig-Universität Gießen, Gießen

4 Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Geschichte der Medizin, Gießen

 

Hintergrund: Die Klimakrise stellt laut WHO die größte Gefahr für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert dar. Sie geht mit veränderten Lebenswelten von Patient:innen und Behandelnden einher. Um auf die neuen Herausforderungen reagieren zu können, braucht es medizinisches Personal, das auch im Bereich Klimakrise und -schutz ausgebildet ist. Das Thema Klima wird bislang allerdings kaum an medizinischen Fakultäten behandelt. In Marburg und Gießen haben Studierende und Lehrende daher ein klinisches Wahlfach unter studentischer Leitung ins Leben gerufen, das an beiden Universitäten angeboten wird.
Methode: Das Wahlfach „Klimasprechstunde" findet seit 2020 jedes Semester statt. Es wird kontinuierlich weiterentwickelt und ergänzt. Studierende des Organisationsteams unterrichten gemeinsam mit eingeladenen Expert:innen zu verschiedenen Aspekten. Themen sind: Auswirkungen der Klimakrise auf die menschliche Gesundheit und Prävention, klimasensible Gesundheitsberatung sowie Klimaschutz im Krankenhaus. Ziel ist neben der reinen Wissensvermittlung auch der Aufbau von Handlungskompetenz im Bereich Beratung und Transformation.

Ergebnisse: Das Wahlfach wurde bislang von über 100 Studierenden der Fachbereiche Medizin der Universitäten Marburg und Gießen besucht und durchweg sehr positiv bewertet (Gesamtnote: 4,8/5, n=32 aus den Semestern Winter 2020/21 bis Winter 2022/23). Im Jahr 2022 wurde das Wahlfach mit dem hessischen Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre in der Kategorie Studentische Initiative ausgezeichnet.
Diskussion: Perspektivisch muss "Planetare Gesundheit" in das Kerncurriculum medizinischer Ausbildung integriert werden, was auch der zukünftig geltende Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) vorsehen sollte. Mediziner:innen und Angehörige aller Gesundheitsberufe sollten durch entsprechende Ausbildung befähigt werden, ihrer Verantwortung zur Emissionsreduktion gerecht zu werden und auf bevorstehende Veränderungen durch die Klimakrise adäquat zu reagieren.


*LM, LJN und LNS haben gleichermaßen zu dieser Arbeit beigetragen und teilen sich die gemeinsame Erstautor:innenschaft

 

Beitragserklärung:

Interessenskonflikte:

Der korrespondierende Autor erklärt, dass kein Interessenskonflikt bei den Autoren vorliegt.

Erklärung zum Ethikvotum:

Es ist kein Ethikvotum erforderlich.