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Symposium 3.4: Psychosoziale Aspekte der Arbeit

 

Raum: 309

Vorsitz:

Birgit Babitsch

Stefanie Sperlich

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09:00 Uhr: Miriam Engels: PragmatiKK: Prozessevaluation von web-basierter Stressprävention in Kleinst- und Kleinunternehmen

 

09:18 Uhr:  -Vortrag fällt aus - Lisa Toczek: Der Einfluss psychosozialer Arbeitsbelastungen auf einen frühzeitigen Erwerbsausstieg

 

09:36 Uhr: Thorsten Lunau: Der Zusammenhang zwischen Gefährdungs-beurteilungen am Arbeitsplatz und Maßnahmen zum Umgang mit psychosozialen Risiken - Ergebnisse der ESENER Befragung

 

09:54 Uhr: Helge Schnack: Pflegen auf Zeit? Entwicklung und Determinanten von Zeitarbeit in der Krankenpflege im Krankenhaus

 

10:12 Uhr: Robert Gutu: Unterscheiden sich berufsbedingte Ungleichheiten im COVID-19 Erkrankungsrisiko nach Pandemiephase? – Eine GKV Routinedatenanalyse unter 3.17 Mio. Versicherten

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PragmatiKK: Prozessevaluation von web-basierter Stressprävention in Kleinst- und Kleinunternehmen

Engels M 1, Scheepers L 2, Engels J 2, Boß L 3, Kuhlmann R 4, Kuske J 5, Lesener L 6, Pavlista V 7, Schmidt Stiedenroth K 7, Diebig M 7, Ruhle SA 8, Zapkau FB 9, Angerer P 7, Hoewner J 6, Lehr D 3, Schwens C 5, Süß S 4, Wulf IC 2, 10, Dragano N 2

 

1 Arbeits- und Organisationspsychologie, Open Universiteit, Heerlen

2 Institut für Medizinische Soziologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf

3 Gesundheitspsychologie und Angewandte Biologische, Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg

4 Lehrstuhl für BWL, insb. Arbeit, Personal und Organisation, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf

5 Professur für Entrepreneurship und Management, Universität zu Köln, Köln

6 K12 Agentur für Kommunikation und Innovation GmbH, Düsseldorf

7 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf

8 Department of Human Resource Studies, Tilburg University, Tilburg

9 Institute for International Business, Wirtschaftsuniversität Wien, Wien

10 VBG, Berlin

 

Hintergrund: Kleinst- und Kleinunternehmen (KKU) sind eine wichtige Zielgruppe für arbeitsplatzbezogene Maßnahmen zur Verhinderung von Stress am Arbeitsplatz, doch bisher werden diese Maßnahmen in KKU nur selten umgesetzt. Wir haben ein bestehendes Online-Instrument zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (GBP) und ein webbasiertes Stressbewältigungstraining auf einer digitalen Stresspräventionsplattform integriert (System P), um bekannte Hürden für die Umsetzung in KKU zu adressieren. Ziel dieser Studie war es, den Implementierungsprozess systematisch zu untersuchen.

Methoden: Die Nutzung von System P wurde im Rahmen einer Implementierungsstudie mit zwei Messzeitpunkten (T2 6 Monate nach T1) evaluiert. Zu den Indikatoren für einen erfolgreichen Implementierungsprozess gehören Akzeptanz, Machbarkeit, Reichweite, Dosis und Wiedergabetreue, die anhand von Fragebögen, halbstrukturierten Interviews und Nutzungsdaten des System P bewertet wurden.

Ergebnisse: Zwischen Dezember 2021 und September 2022 registrierten sich 24 KKU (24 Führungskräfte und 54 Mitarbeiter) auf System P und füllten den T1-Fragebogen aus. Obwohl die Mehrheit der Teilnehmer (> 80 %) eine hohe Akzeptanz und Veränderungsbereitschaft angab, blieben die Gesamtergebnisse für Machbarkeit, Reichweite, Dosis und Umsetzungstreue hinter den Erwartungen zurück. Insgesamt begannen 11 der registrierten KKU mit einer GBP, aber keines hat einen vollständigen Zyklus abgeschlossen. Gleichzeitig begannen 25 Teilnehmende mit dem Stressbewältigungstraining, aber nur 8 schlossen es ab.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Umsetzung von betrieblicher Stressprävention über eine digitale Stresspräventionsplattform nur einen kleinen Teil der Zielgruppe erreicht. Die Stichprobe in dieser Studie war generell gut über berufliche Stressprävention informiert, setzte die Interventionen aber dennoch nicht wie beabsichtigt um. In Zukunft müssen andere Strategien erprobt werden, um auch KKU mit weniger Erfahrung zu erreichen.

 

Acknowledgement: Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms „Zukunft der Wertschöpfung“ (Förderkennzeichen 02L16D020 bis 02L16D023) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

 

Beitragserklärung:

Interessenskonflikte:

Der korrespondierende Autor erklärt, dass kein Interessenskonflikt bei den Autoren vorliegt.

Erklärung zum Ethikvotum:

Es liegt ein positives Ethikvotum vor.

 

Der Zusammenhang zwischen Gefährdungsbeurteilungen am Arbeitsplatz und Maßnahmen zum Umgang mit psychosozialen Risiken - Ergebnisse der ESENER Befragung

Lunau T 1, Rigó M, Sommer S 2, Wahrendorf M 3, Beck D 2

 

1 Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso), Saarbrücken

2 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin

3 Institut für Medizinische Soziologie, Centre for Health and Society, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf

 

Hintergrund: Unternehmen in der EU sind dazu verpflichtet eine Gefährdungsbeurteilung auch für psychosoziale Belastungen durchzuführen und Verbesserungsmaßnahmen zu ergreifen. Es gibt jedoch nur wenige Studien, die die Umsetzung solcher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung untersuchen. Insbesondere fehlen Studien darüber, ob Maßnahmen auch ohne eine formale Gefährdungsbeurteilung umgesetzt werden. Die vorliegende Studie untersucht, ob das Vorhandensein einer Gefährdungsbeurteilung ein guter Indikator für die Umsetzung von Maßnahmen ist und ob es Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen gibt.

Methoden: Die Studie basiert auf den Daten der ESENER Befragungen aus den Jahren 2014 und 2019 (40584 Befragte im Jahr 2014 und 39711 im Jahr 2019). Neben Informationen zur Gefährdungsbeurteilung (keine GB, GB allgemein, GB inkl. psychosozialer Belastungen) wurden auch Maßnahmen zur Reduktion psychosozialer Belastungen erfragt. Mit Hilfe logistischer Regressionen wurde der Zusammenhang zwischen der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz und den Maßnahmen zur Vermeidung psychosozialer Risiken analysiert. Die Ergebnisse werden in Form von adjustierten vorhergesagten Prävalenzen und durchschnittlichen marginalen Effekten (AME) dargestellt. Die Regressionsmodelle wurden für Betriebsgröße, Branche, Sektor, Jahr und Land adjustiert.

Ergebnisse: Insgesamt führen 40% der Betriebe eine GB einschließlich psychosozialer Belastungen durch. Die Umsetzung von Maßnahmen schwankt zwischen 30% (Intervention bei langen Arbeitszeiten) und 60% (Intervention bei Bedrohung, Missbrauch oder Übergriffen). Es zeigt sich jedoch, dass Maßnahmen auch in Betrieben ohne GB durchgeführt werden (zwischen 14 und 41%). Logistische Regressionsanalysen bestätigen diesen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer GB und der Durchführung von Maßnahmen. Allerdings ist dieser Zusammenhang bei Großbetrieben stärker ausgeprägt als bei Kleinbetrieben (geringere AME in Kleinunternehmen).

Diskussion: Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Bemühungen auf nationaler und europäischer Ebene, die Berücksichtigung psychosozialer Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung zu erhöhen. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die alleinige Betrachtung der Gefährdungsbeurteilung zu einer deutlichen Unterschätzung des Anteils derer führt, die Maßnahmen zur Reduzierung psychosozialer Belastungen durchführen.

Beitragserklärung:

Interessenskonflikte:

Der korrespondierende Autor erklärt, dass kein Interessenskonflikt bei den Autoren vorliegt.

Erklärung zum Ethikvotum:

Es ist kein Ethikvotum erforderlich.

 

Pflegen auf Zeit? Entwicklung und Determinanten von Zeitarbeit in der Krankenpflege im Krankenhaus

Schnack H 1, Lubasch J 2, Löhr AK 1, Ansmann L 3

 

1 Abteilung Organisationsbezogene Versorgungsforschung, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg

2 Oldenburger Forschungsnetzwerk für Notfall und Intensivmedizin, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg

3 Lehrstuhl für Medizinsoziologie, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR), Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Köln

 

Hintergrund: Krankenhäuser in Deutschland haben zunehmend Probleme, offene Pflegestellen zu besetzen, was diverse Auswirkungen auf die Patient*innenversorgung haben kann. Um offene Stellen kurzfristig zu besetzen, setzen Krankenhäuser deshalb verstärkt Zeitarbeitskräfte in der Pflege ein. Trotz der zunehmenden Bedeutung von Zeitarbeit existieren bisher kaum Studien, welche Zeitarbeit im Krankenhaus aus einer organisationalen Perspektive untersuchen. In diesem Zusammenhang analysiert der vorliegende Beitrag, wie sich Zeitarbeit in der Pflege entwickelt hat und mit welchen Krankenhausmerkmalen sie assoziiert ist.

Methoden: Die Fragestellung wurde anhand einer quantitativen Analyse von Sekundärdaten untersucht. Als Datengrundlage dienten hierzu die Qualitätsberichte der Krankenhäuser der Jahre 2015-2020, die mit Lagedaten der Krankenhäuser kombiniert wurden. Aufgrund der hierarchischen Datenstruktur (Zeiträume in Krankenhäusern) erfolgte die Analyse mittels einer Mehrebenenanalyse. Als abhängige Variable diente die Anzahl der Zeitarbeitskräfte im Verhältnis zum Gesamtpflegepersonal.

Ergebnisse: Insgesamt konnten n=7992 Beobachtungen von n=1208 Krankenhäusern in die Analyse mit einbezogen werden. Dabei konnte gezeigt werden, dass Zeitarbeit im Krankenhaus insbesondere in den Jahren 2019-2020 (im Vergleich zum Referenzjahr 2015) signifikant zugenommen hat. Mit Blick auf die Trägerschaft zeigte sich, dass freigemeinnützige im Vergleich zu öffentlichen Krankenhäusern signifikant seltener Zeitarbeit einsetzten. In Bezug auf die Lage zeigte sich, dass zentral sowie peripher gelegene Krankenhäuser im Vergleich zu sehr zentral gelegenen Häusern signifikant seltener Zeitarbeit einsetzten.

Diskussion: Insgesamt konnte gezeigt werden, dass Krankenhäuser zur Sicherstellung der Patient*innenversorgung zunehmend auf Zeitarbeitskräfte angewiesen sind und Zeitarbeit je nach Umwelt- und Organisationsbedingungen unterschiedlich nutzen. Die Ergebnisse machen deutlich, dass Krankenhäuser in sehr zentralen Regionen verstärkt Zeitarbeit in der Pflege nutzen, was möglicherweise durch die höhere Fluktuation von Pflegepersonal in Städten erklärt werden kann und dass Zeitarbeit hier häufiger genutzt wird, um kurzfristige Personalausfälle zu kompensieren. Die Unterschiede in der Nutzung von Zeitarbeit auf Basis der Trägerschaft könnten darauf hindeuten, dass freigemeinnützige Krankenhäuser weniger Schwierigkeiten haben, Pflegestellen zu besetzen.

 

Beitragserklärung:

Interessenskonflikte:

Der korrespondierende Autor erklärt, dass kein Interessenskonflikt bei den Autoren vorliegt.

Erklärung zum Ethikvotum:

Es liegt ein positives Ethikvotum vor.

 

Unterscheiden sich berufsbedingte Ungleichheiten im COVID-19 Erkrankungsrisiko nach Pandemiephase? – Eine GKV Routinedatenanalyse unter 3.17 Mio. Versicherten

Gutu R 1, Schaps V 1, Wahrendorf M 1

 

1 Institut für Medizinische Soziologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf

 

Hintergrund: Bisherige Befunde zu sozialen Ungleichheiten im COVID-19 Infektionsrisiko sind heterogen und weisen jeweils unterschiedliche Beobachtungszeiträume auf. Diese deutet darauf, dass Zusammenhänge nach Pandemiephase variieren können. Systematische Vergleiche zu Unterschieden liegen bislang aber nicht vor. Ziel dieses Beitrags ist es, COVID-19 Erkrankungsrisiken entlang von Berufssegmenten für vier Infektionswellen zu beschreiben.

Methoden: Die Studie nutzt longitudinale Krankenkassendaten der Forschungsdatenbank des InGef (Institut für angewandte Gesundheitsforschung) zu über 3.17 Mio. Versicherten Männern und Frauen zwischen 18 und 67 Jahren. SARS-CoV2 Infektionen wurden durch übermittelte COVID-19 Diagnosen (ICD-Codes U07.1!) zwischen 01.01.2020 und 31.12.2021 bestimmt. Berufssegmente wurden anhand der amtlichen Systematik der Klassifikation der Berufe unterschieden. Neben der kumulativen Inzidenz werden Relative Risiken (RR) und Inzidenzraten betrachtet – getrennt für Männer und Frauen.

Ergebnisse: Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass Angestellte in Gesundheitsberufen in den ersten beiden Wellen höchste Erkrankungsrisiken aufwiesen – allerdings nicht in der dritten und der vierten Welle. Im Pandemieverlauf waren dann insbesondere erhöhte Risiken für Produktionsberufe beobachtbar, gemeinsam mit Angestellten der Sektoren der sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufe.

Diskussion: Die Studie liefert wichtige Befunde zu berufsbedingten Unterschieden im COVID-19-Geschehen in Deutschland und dazu, dass Zusammenhänge nach Pandemiephase variierten. Ansatzpunkte für strukturelle Infektionsschutzmaßnahmen, die gleichzeitig Pandemiephasen berücksichtigen, sind daher von Bedeutung.

Beitragserklärung:

Interessenskonflikte:

Der korrespondierende Autor erklärt, dass kein Interessenskonflikt bei den Autoren vorliegt.

Erklärung zum Ethikvotum:

Es ist kein Ethikvotum erforderlich.