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Physiologie gestern und heute

         Autor: Prof. Dr. K.-D. Schlüter

 

Vor 100 Jahren
Vor 50 Jahren Physiologie heute

 

Vor 100 Jahren in der Physiologie der Hormone

 

Der Einfluss einer Parathyroidektomie auf den Metabolismus
(The effect of parathyroidectomy upon metabolism)
Isidor Greenwald
Am J Physiol 28: 103-132, 1911

 

Was war bekannt?

Die Funktion der Nebenschilddrüse (Parathyroidea) war im Detail nicht bekannt, aber es fanden sich zahlreiche Berichte darüber, dass eine Fehlfunktion der Nebenschilddrüse, in der Regel induziert durch operative Entfernung derselben, zu Tetanien führte. Verschiedene Autoren postulierten eine Akkumulation von Stoffwechselmetaboliten als kausale Ursache für die Tetanie. Gabe von Calcium konnte diese Symptome mindern. Eine Akkumulation von Stickstoffendprodukten galt als Alternative.

Was wurde untersucht?

An Hunden verschiedener Rassen wurde eine Parathyroidektomie (Entfernung der Nebenschilddrüse) durchgeführt. Vergleichsstudien hatten bis dahin meist eine Entfernung von Schilddrüse und Nebenschilddrüse benutzt, was eine kausale Zuordnung nicht erlaubte. Die renale Ausscheidung von Stoffwechselendprodukten wurde bestimmt. Was wurde herausgefunden? Der Autor fand keinen Hinweis auf eine Veränderung in der Stickstoffausscheidung aber eine sehr starke Abnahme der Ausscheidung von Phosphorverbindungen. 

Welche Bedeutung hat dies?

 Heute ist bekannt, dass die Nebenschilddrüse ein spezifisches Hormon sezerniert, das Einfluss auf die Transport-Aktivität der Niere nimmt. Während dieses Hormon (Parathormon, PTH) bei Abfall der Plasma-Calcium-Konzentration Calcium mobilisiert (durch Aktivierung von Osteoklasten), wird gleichzeitig auch Phosphat aus der Knochensubstanz freigesetzt. Die Bildung von Calcium-Phosphat-Komplexen im Plasma könnte Gefäße verstopfen. Dies wird vermieden indem PTH zwar die Resorption von Calcium in der Niere fördert aber gleichzeitig auch die Ausscheidung von Phosphat stimuliert. Die hier zitierte Studie weist erstmals auf die Rolle des PTH für die Phosphat-Ausscheidung hin.

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Vor 50 Jahren in der Nierenphysiologie

Untersuchungen zur Ausbildung von PAH-Transportern in neugeborenen Ferkeln
(Development of renal tubular transports of TEA and PAH in the puppy and piglet)
Barabara Rennick, Byron Hamilton und Robert Evans
Am J Physiol 201: 743-746, 1961

Was war bekannt?

Die Nierentubuli müssen sowohl organische Basen als auch organische Säuren eliminieren. Die Ausscheidung organischer Säuren, wie der Para-Aminohippursäure (PAH), dient bis heute zur Bestimmung des renalen Blutflusses indem man diesen anhand seiner Clearance bestimmen kann. Doch warum verwendet man dafür nicht Transporter für organische Basen, wie man dies anhand von Tetraethylamonium (TEA) untersuchen könnte? 

Was wurde untersucht?

Die Fähigkeit zur Ausscheidung von TEA und PAH wurde in vitro an Schnittpräparaten der Niere von ungeborenen Ferkeln und Ferkeln im Alter von 1-9 Wochen untersucht und mit derjenigen der erwachsenen Schweine verglichen. Dazu inkubiert man die Schnitte mit Lösungen bekannter Konzentration an PAH oder TEA und misst die Aufnahme in den Präparaten. Je höher das Verhältnis von Stoffmenge im Präparat relativ zum Medium ist, desto größer die Transportleistung.

Was wurde herausgefunden?

Die Bildung funktionierenderTransportsysteme für TEA erfolgt sukzessive in den ersten 9 Wochen nach Geburt. Dagegen sind die PAH Transporter schon im Fötus aktiv und bleiben konstant.

Welche Bedeutung hat dies?

PAH Clearanceraten zeigen geringere Variabilitäten (hier am Beispiel der Entwicklung gezeigt) und lassen sich zuverlässiger als TEA Transporter für die Bestimmung des renalen Blutflusses bestimmen.

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Heute in der Physiologie

Angiotensin induziert die Janus Kinase 2 um Bluthochdruck auszulösen aber nicht zur normalen Blutdruckkontrolle bei salzarmer Ernährung
(Angiotensin II utilizes Janus kinase 2 in hypertension, but not in the physiological control of blood pressure, during low-salt diet)
Amy Banes-Berceli, Hind Al-Azawi, Daniel Proctor, Harvey Qu, Dominic Femmineo, Crystal Hill-Pyror, Clinton Webb, Michael Brands
Am J Physiol 301: R1169-R1176, 2011

 

Was war bekannt?

Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) spielt eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle und Aufrechterhaltung eines physiologischen Blutdrucks. Eine Überaktivierung des RAAS ist maßgeblich am Entstehen von Bluthochdruck beteiligt und eine Hemmung des RAAS gehört zu den Standardtherapien hypertensiver Patienten. Wie können solche Medikamente wirken ohne gleichzeitig in die physiologische Regulation von Blutdruck und Nierenperfusion einzugreifen?

Was wurde untersucht?

Die Autoren postulierten, dass Angiotensin II über den Angiotensin Rezeptor Typ 1 eine Signalkaskade auslöst, die eine Aktivierung der Janus Kinase 2 beinhaltet. Die Autoren infundierten Angiotensin II und einen pharmakologischen Inhibitor der Kinase unter Hochsalzfütterung und bei Salzmangelernährung. Bei Salzmangel führt eine physiologische Aktivierung des RAAS zur Aufrechterhaltung eines physiologischen Blutdrucks.

Was wurde herausgefunden?

Während die Hemmung der Kinase den Angiotensin-induzierten Bluthochdruck wirkungsvoll unterdrückte, hatte die Hemmung keinen Einfluss auf die durch Salzmangel hervorgerufene physiologische Regulation des Blutdrucks durch Angiotensin II.

Welche Bedeutung hat dies?

Die offenbar bei der pathophysiologischen Wirkung von Angiotensin II bedeutsame Aktivierung der Janus Kinase 2 kann durch ihre Inhibierung zu einer spezifischeren Hemmung von Angiotensin II-abhängigen Endorganschäden führen als dies die gegenwärtigen Inhibitoren des Angiotensin-Conversionsenzyms (ACE) oder der Angiotensin-Rezeptoren vermögen, weil sie nicht in die physiologische Wirkung des Angiotensins eingreift.

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