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Blick zurück und nach vorne

uniforum am 02. Oktober 2014:

Festredner Prof. em. Ernst Giese (Foto: Sara Strüßmann)
Landgraf Philipp der Großmütige ließ das Neue Schloss in den Jahren 1533 bis 1539 erbauen. Nach 1650 diente es der Universität als Kanzlei und war gleichzeitig das Gerichtsgebäude. Zwischen 1899 und 1907 wurde das Neue Schloss restauriert und stellt seit 1965 den Sitz der Geographie der Justus-Liebig- Universität dar. (Foto: Georg Kronenberg)
Jubiläumsfeier „150 Jahre Geographie in Gießen“ – Schon Mitte des 19. Jahrhunderts Expeditionen durch Zentralasien

Von Georg Kronenberg

Die Geographie sei „in vielerlei Hinsicht eine Leitwissenschaft“, betonte JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. Die Geographie sei für die Gießener Universität ein wichtiges Fach mit einer langen Tradition unterstrich der JLU-Präsident bei der Jubiläumsfeier des Instituts für Geographie
über „150 Jahre Geographie in Gießen“.

Gehe es bei der Geographie doch mitunter auch um eine „Verortung im Raum“ – und dies sei ein Thema, das tagtäglich in der Hochschulleitung von Bedeutung sei: „Es geht für die Universität als Ganzes immer auch darum, zu entscheiden, wie man sich selbst im Raum sieht.“ Vor 150 Jahren, 1864, wurde die erste außerordentliche Professur für Geographie an der Gießener Universität eingerichtet. Dies sei zu einem Zeitpunkt gewesen, zu dem es im deutschsprachigen Raum erst drei Geographie-Lehrstühle gegeben habe, berichtete der ehemalige Institutsleiter Prof. em. Dr. Ernst Giese bei seinem Festvortrag im Rahmen der Jubiläumsfeier.

Der erste Gießener Geographie-Professor Robert von Schlagintweit sei einer der Begründer der Zentralasien- und Hochasienforschung in Deutschland gewesen, erläuterte Giese. Schlagintweit hatte zusammen mit seinen zwei Brüdern von 1854 bis 1857 auf Empfehlung Alexander von Humboldts an Expeditionen durch die damals unerforschten Gebirgsregionen Zentralasiens teilgenommen.

Mit Schlagintweits Nachfolger Wilhelm Sievers, der 1890 berufen wurde, war dann die eigentliche Gründung des Geographischen Instituts verbunden. Das neue Institut zog in ein eigenes Gebäude, in das Collegienhaus am Brandplatz zwischen dem Neuen und dem Alten Schloss. Dort hatte es seinen Sitz, bis das Institut bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg 1944 zerstört wurde.

Die Rolle der Gießener Geographie im Nationalsozialismus wird in einem Beitrag zur Jubiläumsfestschrift von André Staarmann aufgearbeitet. Staarmann führt darin aus, dass Fritz Klute, der 1922 bis 1944 das Institut für Geographie leitete, ebenso wie die Mehrheit der Hochschulgeographen „durch ,Selbstgleichschaltung‘ und damit durch eine größtenteils freiwillige Unterwerfung unter die NS-Diktatur gekennzeichnet“ gewesen sei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Institut für Geographie erst 1960 neu gegründet, drei Jahre nachdem die Gießener Hochschule ihren Universitätsstatus wiedererlangt hatte. Im folgenden Jahrzehnt sollte das Institut schnell zu „einem der fortschrittlichsten in der Bundesrepublik werden“, berichtete der ehemalige Institutsleiter Giese.

Ende der 1960er Jahre sei die Zahl der Studierenden am Institut in der Phase der Hochschulexpansion von rund 200 auf durchschnittlich 400 gestiegen. Durch die steigende Nachfrage nach dem Diplomstudiengang sei die Studierendenzahl dann in den 1990ern auf über 500 gestiegen. Seit 2007 seien die Studierendenzahlen im Zuge der Neukonzeption des Studiums und der Umstellung auf die Abschlüsse Bachelor und Master explodiert, so Giese: von 486 Studentinnen und Studenten im Wintersemester 2007/2008 auf 1.203 im Wintersemester 2013/2014.


Stichwort: Geographie
Die Gießener Geographie am Fachbereich 07 – Mathematik und Informatik, Physik, Geographie beschäftigt sich sowohl mit naturwissenschaftlichen (Klimageographie) als auch mit sozial und wirtschaftswissenschaftlichen Fragen (Humangeographie) und ihrem Anwendungsbezug (Raumplanung). Durch ihren integrativen Forschungsansatz trägt sie als Lebensraumwissenschaft zur Bewältigung der Entwicklungs- und Existenzprobleme bei, vor denen die Menschheit steht: Klimawandel, Zerstörung der Lebensräume und Verknappung lebenswichtiger Ressourcen, aber auch wirtschaftliche und politische Krisen. Die regionalen Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Entwicklungsländerforschung (speziell Asien und Afrika), Klimawandel und Naturgefahren, Wirtschaftsgeographie/Clusterforschung sowie Raumplanungsforschung.
Die Geographen vermitteln in öffentlichen Vorträgen lebendige Einblicke in ihre weltweiten Forschungsaktivitäten.