Hochschultagung 2017
Der Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement veranstaltet regelmäßig eine Hochschultagung, auf der aktuelle Forschungsfragen präsentiert werden.
Tierwohl und Tiergesundheit
Eingangs zeigte Herr Dr. Hans-Joachim Herrmann (LLH, Kompetenzzentrum Tierschutz) die widersprüchlichen Anforderungen der Gesellschaft an Tierwohl und Tiergesundheit auf. Herr Prof. Dr. Sven König (JLU, Professur für Tierzüchtung) stellte die Aufgaben der Tierzüchtung zur weiteren Verbesserung der Tiergesundheit heraus und sieht in der Kombination von Gesundheitsdaten mit Genotypisierungen ein wichtiges Zuchtinstrument zur Verbesserung des Gesundheitsstatus hochleistender Nutztiere. Frau Prof. Dr. Uta König von Borstel (JLU, Professur für Tierhaltung und Haltungsbiologie) zeigte auf der Basis von verhaltenspsychologischen Tests in der Tierhaltung, dass nicht die vom Menschen postulierten Tierwohlindikatoren eine artgerechte Nutztierhaltung bestimmen sollten, sondern vielmehr die aus dem Tierverhalten gewonnen Erkenntnisse. Für Prof. Dr. Axel Wehrend (JLU, Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie) sind die Fruchtbarkeitsleistungen der Milchkuhherden noch unbefriedigend, wofür sich in der Regel keine singuläre Ursache findet. Daher sind Faktorenanalysen erforderlich. Diese zeigen, dass neben Stoffwechselstörungen in Deutschland Hitzestress eine zunehmende Rolle spielt.
Prof. Dr. Wilhelm Windisch (TUM, Lehrstuhl für Tierernährung) setzte sich in seinem Vortrag mit der Effizienz der Transformation der Futter-Biomasse in Lebensmittel tierischer Herkunft auseinander. Hochwertige Futterkomponenten treten zunehmend in Lebensmittelkonkurrenz zu dem Menschen. Dies führt zu der Herausforderung, das jeweils effizienteste Transformationssystem (z.B. Milch vor Fleisch) zu nutzen und die Limitierung der Qualität der Futtermittel durch Zusatzstoffe (Aminosäuren, Vitamine) zu beheben. Prof. Dr. Klaus Eder (JLU, Professur für Tierernährung) zeigte auf, wie entzündungsähnliche Prozesse bei Nutztieren die Tiergesundheit beeinträchtigen und deren Leistung schwächen. Durch die Fütterung von Polyphenolen – z.B. durch eine Beimischung von Traubenester – können bei Ferkeln und Milchkühen diese Entzündungsprozesse unterdrückt werden.
Mit dem Thema Vermeidung von Tierversuchen befasste sich Prof. Dr. Jedlicka (JLU, FB Medizin, 3R-Zentrum) unter dem Aspekt durch Einsatz von Computermodellen notwendige Tierversuche zu reduzieren. Eine Simulation von einer großen Zahl der Parameterkombinationen im Computermodell führt zu einer Verringerung der Zahl nötiger Experimente am Tier. Dennoch sind derzeit in vitro und in vivo Versuche notwendig, um die Parameter der Computermodelle realitätsnah einzustellen. Aktuell tragen biologisch realistische Computermodelle der Nervenzellen im gesunden und geschädigten Gehirn zur Entwicklung von Ersatzmethoden bei und führen zur Reduktion von Tierversuchen.
Die Diskussionen zeigen, so Herr Dekan Eder in seinem Schlusswort, dass die Forschung vor weiteren Fragen zum besseren Verstehen des Tierwohls steht. Der Fachbereich 09 werde sich diesen Fragen auch in Zukunft widmen.
Herr Dr. Felde hat an der Justus-Liebig-Universität Umwelt- und Ressourcenmanagement studiert und anschließend bei Herrn Prof. Dr. Felix-Henningsen im Fachgebiete Bodenkunde promoviert. In seiner Dissertationsschrift setzte sich Herr Felde mit biologischen Bodenkrusten in Sanddünenökosystemen mit Bezug auf hydrologische Prozesse auseinander. Unter dem Aspekt der zunehmenden weltweiten Wüstenbildung auf Grund des Klimawandels leistet die Arbeit von Herrn Felde einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung von Degradation in Trockengebieten.
Vorträge
- Anforderungen der Gesellschaft an Tierwohl und Tierschutz
Dr. Hans-Joachim Herrmann, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Sprecher Kompetenzzentrum Tierschutz in Hessen - Beitrag der Tierzucht zu Tierwohl und Tiergesundheit – was wurde bereits realisiert und wo besteht noch Forschungsbedarf?
Prof. Dr. Sven König, Institut für Tierzucht und Haustiergenetik, JLU Gießen - Tierhaltung und Nutztierethologie – was ist die optimale Haltungsumwelt für unsere Nutztiere?
Prof. Dr. Uta König von Borstel, Institut für Tierzucht und Haustiergenetik, JLU Gießen - Fruchtbarkeit und Tiergesundheit – wie hängt das zusammen?
Prof. Dr. Axel Wehrend, Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz der JLU Gießen - Potenziale der Nutztierhaltung für eine umweltschonende Erzeugung von Lebensmitteln tierischer Herkunft
Prof. Dr. Wilhelm Windisch, Lehrstuhl für Tierernährung, Wissenschaftszentrum Weihenstephan, Technische Universität München - Verbesserung der Tiergesundheit durch die Fütterung am Beispiel des Einsatzes von Polyphenolen
Prof. Dr. Klaus Eder, Institut für Tierernährung und Ernährungsphysiologie, JLU Gießen - Computersimulationen und 3R-Tierschutz
Prof. Dr. Peter Jedlicka, 3R-Zentrum und Center for BioMedical Informatics der JLU Gießen