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Essen wir bald nur noch Insekten? Eine Analyse institutioneller Kommunikation in Deutschland

04.12.2023: Der Klimawandel, die wachsende Weltbevölkerung sowie die negativen Folgen des Fleischkonsums sind Gründe, die die Suche nach alternativen Proteinquellen antreiben. Aber Insekten als Mahlzeitenkomponente auf den Tellern deutscher Haushalte? Das ist bisher eher eine Seltenheit und für viele Konsument*innen undenkbar. Da öffentliche Institutionen den Diskurs maßgeblich anführen und damit öffentliche Meinungsbilder verändern können, ist es wichtig sich die Kommunikation dieser Einrichtungen anzusehen. Ich bin daher in meiner Bachelor-Thesis der Frage „Wie kommunizieren ausgewählte Institutionen über Insekten als Nahrungsquelle und welche inhaltlichen Aspekte sind dabei von besonderem Interesse?“ nachgegangen.

Aktuelle Zulassungen verschiedener Insektenarten als Novel-Food in der Europäischen Union machen den Einzug von Insekten-Produkten in den Lebensmittelhandel allerdings möglich. Bisher stehen deutsche Verbraucher*innen der Nahrungsquelle noch kritisch gegenüber. Diese Haltung muss laut WHO hinterfragt werden, denn im Zuge der Globalisierung geht nicht nur das Wissen über die Zubereitung Insekten-basierter Speisen verloren, sondern auch die Toleranz gegenüber dem exotischen Lebensmittel. Diese Entwicklung ist besonders dort zu beobachten, wo die Tiere schon früher fester Bestandteil des Speiseplans waren.  

Methodik und Vorgehen

In meiner Abschlussarbeit habe ich zu diesem Zweck Textbeiträge über Speiseinsekten auf den Internetseiten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, des Bundeszentrums für Ernährung und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im Zeitraum vom 01.02.2013 bis 01.02.2023 recherchiert und anschließend mit Hilfe der Framework Analysis nach Ritchie et al. (2014) analysiert.

Die Framework Analysis dient der ausführlichen Organisation von Daten und hilft, wiederkehrende und wichtige Themen (Hauptkategorien) zu identifizieren. Das Ergebnis waren umfassende Tabellen (Charts), die durch vorangegangene Systematisierung und Formalisierung eine fallspezifische Analyse pro Akteur oder pro Kategorie ermöglichten. So erhielt ich einen guten Überblick über das Themenfeld und konnte Parallelen zwischen den verschiedenen Akteuren in ihrer Berichterstattung erkennen.

Ergebnisse

Die Analyse zeigt eine Steigerung der Frequenz der Beiträge in den letzten fünf Jahren. Insgesamt waren Texte über das Thema Insekten-essen jedoch nur in einer geringen Anzahl vorhanden, weshalb das Thema in der Kommunikation der betrachteten Organisationen als marginal eingestuft werden kann. 

Inhaltlich lässt sich keine Veränderung im Verlauf der Zeit feststellen. Die Esskultur ist ein konstantes Thema, bei dem es häufig um den Wandel hin zu einer nachhaltigen Ernährung geht. Food-Neophobie oder Ekel, Konzepte, die in Studien als wichtige Faktoren gelten, werden nur indirekt thematisiert. Die vorherrschenden psychologischen Hemmschwellen in Bezug auf den Verzehr von Insekten werden durch Begriffe wie „skeptisch“ und „kritisch“ deutlich. 

Weitere wiederkehrende Kategorien sind Ernährungsphysiologie und Umweltauswirkungen der Insekten. Die Analyse zeigt eine Fokussierung der Kommunikation auf die ernährungsphysiologischen Eigenschaften der Insekten, mit besonderem Augenmerk auf den Proteingehalt, sowie ihre ressourcenschonenden Zuchtmöglichkeiten. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung werden sie als alternative Proteinquelle zu konventionellen tierischen Produkten, wie Fleisch, diskutiert und wiederholt als nahrhafter und klimaschonender eingestuft. Insgesamt scheint ein Wandel von Fleisch hin zu Insekten in Deutschland jedoch nicht beabsichtigt. 

Als realistischere Alternative werden Eiweißpflanzen durch die verschiedenen Institutionen angeführt, da sie eine noch positivere Umweltbilanz aufweisen und die Akzeptanz gegenüber diesem heimischen Lebensmittel bereits vorhanden sei. 

Schlussfolgerungen 

Das Ziel meiner Abschlussarbeit war herauszufinden, wie die institutionelle Kommunikation über Insekten als Lebensmittel in Deutschland geführt wird. Kombiniert mit dem Hintergrund der wissenschaftlichen Disziplin der Ernährungskommunikation können die Erkenntnisse meiner Arbeit dazu beitragen, den gesellschaftlichen Diskurs nachzuvollziehen, um so durch eine optimierte Kommunikation staatlicher Einrichtungen das Verbraucherverhalten zu verbessern. 

Um die in den Texten hervorgehobenen positiven Eigenschaften der Insekten tatsächlich nutzen zu können, kam ich zu dem Schluss, dass die Verbraucherbildung in Bezug auf das Lebensmittel durch öffentliche Einrichtungen intensiver verfolgt werden muss. 

Der Abbau möglicher Hemmschwellen und eine Erweiterung der Lebensmittelvielfalt mit Hilfe von Insekten in der Bundesrepublik ist sinnvoll, da durch eine gesteigerte Akzeptanz gegenüber der Nahrungsquelle in Deutschland auch die Regionen profitieren könnten, in denen Nahrungssicherheit aktuell nicht existiert.  


Wir danken Tina Potthoff, B.Sc. Ernährungswissenschaften, für Ihren Beitrag über Ihre Erfahrungen und Ergebnisse aus der Bachelorthesis und wünschen alles Gute für die Zukunft!