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Prof. Dr. Peter Andraschke (†)

Zum Gedenken an Prof. Dr. Peter Andraschke (1939-2020)

Das Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik gedenkt in Trauer seines langjährigen Institutsmitglieds und Kollegen, Professor Dr. Peter Andraschke. Von 1988 bis zu seinem Ruhestand 2005 hatte er die Professur für Musikgeschichte an unserer Universität inne. Zeitweise war er Dekan des Fachbereichs. Die Breite seiner thematischen Interessen, vor allem aber die bis heute nachhaltig wirksame Schwerpunktbildung im Bereich der Neuen und neuesten Musik, prägten nicht nur seine Publikationen, sondern nicht zuletzt seine Lehrveranstaltungen. Der Verfasser dieses Nachrufs, zur Zeit von Andraschkes Berufung Student im ersten Semester, erinnert sich noch heute eindrücklich an die fast pedantische Genauigkeit der Vorlesung über mittelalterliche Notation, an intensivste, brütende Analysearbeit im Seminar zu Beethovens späten Streichquartetten, an packende Recherchen anhand von Skizzen neuester Musik, die Andraschke direkt aus Archiven oder aus erster Hand der Komponisten ins Seminar mitbrachte. Überhaupt hat Peter Andraschke für seine Schützlinge gesorgt – dazu gehörte die Versorgung mit schlecht zugänglicher Literatur, mit seltenen Tonaufnahmen, die Vermittlung von Kontakten, aber auch das unverhohlen dringliche Anempfehlen des Besuchs relevanter Tagungen.

 

Studiert hatte Peter Andraschke, der 1939 im schlesischen Bielitz (Bielsko) geboren wurde, Schulmusik und Musikwissenschaft in Freiburg, bei Thrasybulos Georgiades und Hans Heinrich Eggebrecht, außerdem auch Germanistik und Volkskunde in München, Berlin und Freiburg. 1969 bis 1982 war er wissenschaftlicher Assistent an der Freiburger Universität. Nach Zwischenstationen als Privatdozent und als Mitarbeiter des Forschungsprojektes „Antike in der Moderne“ der VW-Stiftung wurde er 1988 auf die Gießener Professur berufen. Andraschkes Promotion zu „Kompositionsprozeß und Analyse“ in Gustav Mahlers neunter Sinfonie (publiziert 1976) gehört bis heute zu Grundlagenwerken zum Verständnis von Mahlers Kompositionsweise. Seine Habilitationsschrift zum Thema „Folklore und außereuropäische Kunstmusik in Kompositionen der Avantgarde im 20. Jahrhundert“ (1981) zeigt seine auch später stets weiter verfolgte interdisziplinäre Forschungshaltung. Immer wieder hat ihn besonders das Verhältnis von Musik und Poesie, von Musik und Sprache beschäftigt, insbesondere bei den Romantikern und in der Musik des 20. Jahrhunderts. Seinen Lebensabend verbrachte Peter Andraschke in Perchtoldsdorf in Niederösterreich. Dort ist er am 25. März verstorben.  

 

Prof. apl. Dr. Karsten Mackensen