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FOOdIVERSE

Internationales Forscherteam unter Federführung der Universität Gießen untersucht Ernährungssysteme – Nachhaltige Entwicklungsziele im Blick

 FOOdIVERSE - die Projektpartner stellen sich vor

Vernetzungsveranstaltung: Unsere Ernährung neu gestalten. Besser heute als morgen!


Am Freitag, den 20. Januar 2023 fand eine Vernetzungsveranstaltung statt: Der Ernährungsrat Gießen, die Stadtverwaltung Gießen und die Professur für Ernährungssoziologie der Universität Gießen luden Bürgerinnen und Bürger ein, die sich für eine Transformation des Ernährungssystems interessieren. Mehr als 120 interessierte Teilnehmer folgten der Einladung zur ersten Veranstaltung dieser Art ins Rathaus.

Bürgermeister Alexander Wright begrüßte die Besucherinnen und Besucher und unterstrich die Bedeutung einer Ernährungswende für gutes und gesundes Essen auch in diesen Zeiten, wo die "Tafel" für die Lebensmittelversorgung gefordert ist wie nie zuvor, und natürlich für den Klimaschutz sowie die Möglichkeiten, der Kommune, in dieser Hinsicht aktiv zu werden. Das Vernetzungsanliegen der Veranstaltung wurde danach im Vortrag von Dr. Susanne von Münchhausen, Sprecherin des Ernährungsrates Frankfurt aufgegriffen. Ausgehend von einer globalen Analyse skizzierte sie mögliche Treiber und Barrieren, die eine Transformation des Ernährungssystems ermöglichen bzw. behindern. Sie unterstrich die Bedeutung der Diversifizierung des Ernährungssystems. Basierend auf den Ergebnissen eines Forschungsprojekts betonte sie die Notwendigkeit, verschiedene Akteure einzubeziehen, und motivierte die Zuhörer, sich aktiv für Veränderungen einzusetzen. Netzwerke sind entscheidend, wenn es darum geht, Innovationen für den Wandel zu schaffen.

Stadträtin Astrid Eibelshäuser eröffnete das folgende Thema der Schulverpflegung in Gießen mit einer Bestandsaufnahme. Gutes Essen für alle Kinder ist angestrebt. Eine Möglichkeit, den Wandel des Ernährungssystems zu beschleunigen, ist die Erhöhung des Anteils an biologisch und regional erzeugten gesunden Lebensmitteln in der Schulverpflegung an öffentlichen Schulen und Kindertagesstätten, aber auch in anderen öffentlichen Kantinen. Während der Vernetzungsveranstaltung wurden zwei lokale Projekte vorgestellt: Ein Projekt im Kontext städtischer Entwicklungspolitik und der Entwicklungsziele der Vereinten Nationen klärt Kinder über Lebensmittel, Lebensmittelverschwendung und Kochen auf. Es wurde von der Stadt Gießen und dem ZAUG, einem großen Caterer von Schulkantinen koordiniert. Ein anderes Projekt, die Nah-Land-Küche der Ökomodellregion Gießen/Lahn-Dill, zielt darauf ab, Wertschöpfungsketten für regional erzeugte und verarbeitete Bio-Produkte zu schaffen, die in Schulkantinen angeboten werden. Das Publikum wurde zu einem weiteren Treffen am 23. Februar 2023 eingeladen, um nach Möglichkeiten zu suchen, wie der Anteil an bio-regionalen Lebensmitteln in öffentlichen Kantinen erhöht werden kann.

Zur Pause stellten sich zwölf lokale Initiativen vor. Teilnehmende waren im Rahmen eines Marktes der Möglichkeiten eingeladen diese Initiativen kennen zu lernen. Die Einladung an das Publikum galt auch über die Veranstaltung hinaus, sich aktiv mit in die Ernährungswende einzubringen.

Nach einer Pause mit sehr leckeren Suppen von Bio-Caterer Safran und Zeit zum Netzwerken und um mehr über die Initiativen zu erfahren, wurde die Netzwerkveranstaltung mit einer Präsentation über die Zusammenhänge von ökologischem Landbau und Biodiversität fortgesetzt: am Beispiel eines Betriebs in Gießen Rödgen, über Saisongärten and drei Standorten in Gießen, ein potentielles House of Food für Gießen und eine beispielhafte Initiative, die einen ganzen Stadtteil in Marburg stärkt, indem sie Lebensmittel in den Mittelpunkt des Lebens in diesem Stadtteil stellt (u.a. durch öffentliches Gärtnern und die Initiierung einer Lebensmittelkooperative), fortgesetzt.

Es war ein großartiger, informativer und motivierender Abend, der hoffentlich viele Anstösse zu einer Transformation des Ernährungssystems in der Stadt Gießen und darüber hinausgibt.

 

 

FOOdIVERSE - Welche Rolle spielt Diversität für nachhaltigere Ernährungssysteme?

 

Wie wir unsere Nahrungsversorgung durch Vielfalt nachhaltiger gestalten können

 

Nicht erst durch die Corona-Pandemie ist die Nachfrage an regional angebauten und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln stark angestiegen. Lebensmittel sollen nicht nur gesund sein, sondern auch möglichst umweltfreundlich produziert, verarbeitet und ohne Tierleid erzeugt worden sein. Wie kann die Vielfalt von Ernährungskultur und Ernährungsgewohnheiten, von Lebensmittelversorgungsketten sowie von politischen Rahmenbedingungen und Interventionen zu einer nachhaltigen Nahrungsversorgung beitragen? Dieser Frage geht das Team von Prof. Dr. Stefan Wahlen, Professur für Ernährungssoziologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), in dem neuen internationalen Verbundprojekt FOOdIVERSE nach. Das Projekt wird durch das EU-Programm ERA-NET (SUSFOOD / CORE Organic) im Rahmen von Horizont 2020 mit rund einer Million Euro gefördert, die JLU erhält davon rund 200.000 Euro. Beteiligt an FOOdIVERSE sind neben der federführenden JLU die Universität Coventry (Großbritannien), die Oslo Metropolitan Universität (Norwegen), die Universität Trento (Italien) und die Jagiellonian-Universität in Krakau (Polen).

„Vielfalt ist in einigen Bereichen bereits wissenschaftlich untersucht und als zentraler Bestandteil für die Widerstandsfähigkeit verschiedener Systeme anerkannt. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Biodiversität“, erläutert Prof. Wahlen, der das Projekt koordiniert. „Wie die Nahrungsversorgung widerstandsfähiger werden kann, ist jedoch noch wenig untersucht. Diese Lücke möchten wir durch FOOdIVERSE schließen.” Das Projekt läuft von 2021 bis 2023.

 

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen lokale, nachhaltige und ökologische Ernährungssysteme in fünf europäischen Ländern: Norwegen, Großbritannien, Polen, Italien und Deutschland. Ernährungssysteme umfassen alle Akteurinnen und Akteure sowie Aktivitäten, die die Produktion, Verarbeitung, Beschaffung, Konsum und Entsorgung von Lebensmitteln betreffen: vom Feld bis auf den Tisch. Das Ziel des Projektes ist es, zu analysieren, was ein vielfältiges Konsum-, Versorgungs- und Produktionssystem im Lebensmittelbereich in den jeweiligen Regionen auszeichnet. Darüber hinaus sollen Einflussfaktoren bestimmt werden, die zu einem sozialen, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Ernährungssystem beitragen können.

Akteurinnen und Akteure unterschiedlicher Bereiche des Ernährungssystems – aus der Landwirtschaft über die Verarbeitung bis zum Vertrieb und Verbrauch – treten im Rahmen des FOOdIVERSE-Projektes in Reallaboren in den Dialog miteinander und entwickeln Ideen und Innovationen zur Förderung eines widerstandfähigeren Ernährungssystems. „Hessen als Ökomodellland in Deutschland eignet sich für das Projekt besonders gut“, so Prof. Wahlen.

 
 

Weitere Informationen finden Sie auf der englischsprachigen Internetpräsenz des Projektes: www.foodiverse.eu

 

Projektteam Ernährungsoziologie

Prof. Dr. Stefan Wahlen

Bärbel Mahr

Alexandra Stuhlmann