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Bericht zur Abschlusskonferenz am 10.11.23

Inspiration und Perspektiven: Die GOBeL-Abschlusskonferenz im Überblick

Bericht zur Abschlusskonferenz der „Gießener Offensive Berufliche Lehrerbildung“ (GOBeL) an der Justus-Liebig-Universität Gießen am 10. November 2023

November 2023

Am 10. November 2023 beging die „Gießener Offensive Berufliche Lehrerbildung“ (GOBeL) in der Aula des Universitätshauptgebäudes der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) feierlich ihre Abschlusskonferenz. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Doppelter Praxistransfer“ und brachte Akteur*innen der beruflichen Lehrkräftebildung zum nahenden Projektende im Dezember 2023 noch einmal miteinander ins Gespräch. Durch diese Herangehensweise eröffnet sich eine doppelte Perspektive: Einerseits bezogen auf berufliche Erfahrungen vor dem Studienbeginn (erster Transfer von Praxiserfahrungen), andererseits im Hinblick auf den Übergang in die zweite Phase – den pädagogischen Vorbereitungsdienst – und die spätere berufliche Tätigkeit (zweiter Transfer von Praxiserfahrungen).

Unter den Gästen befanden sich Mitarbeitende der Hessischen Lehrkräfteakademie aus den Bereichen Fort- und Weiterbildung sowie Seminarleitungen der beruflichen Schulen. Ebenso begrüßte GOBeL Lehrkräfte aus beruflichen Schulen, Ausbilder*innen, Mentor*innen und Referendar*innen aus Hessen. Zudem waren die Kooperationspartner von der Technischen Hochschule Mittelhessen und dem Europa-Studienseminar für berufliche Schulen in Gießen sowie Professor*innen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen von verschiedenen Standorten zu Gast.

Projektsprecher Prof. Dr. Christian Schmidt eröffnete die Veranstaltung im Namen der Steuerungsgruppe und betonte in seiner Begrüßungsrede die Verdienste des Projekts: „Die Gießener Offensive Berufliche Lehrerbildung hat die Lehramtsausbildung für Berufliche Schulen hier an der JLU nachhaltig entwickelt.“ Die Forschungsergebnisse weisen laut Prof. Schmidt auf die Notwendigkeit einer engen Verknüpfung von Theorie und Praxis zwischen der Hochschule und anderen Akteur*innen in der Lehrkräftebildung hin. Diese Verbindung sei entscheidend, um die Professionalisierung der Studierenden zu fördern.

Anschließend hieß Arbeitsgruppenleiterin Dr. Tatjana Hocker im Namen des GOBeL-Teams die Gäste willkommen. Sie übermittelte ihre Wünsche für einen inspirierenden und erfolgreichen Tag und drückte ihre herzliche Dankbarkeit gegenüber ihrem Team und den Tutor*innen aus, die maßgeblich zur Vorbereitung und Planung dieser Veranstaltung beigetragen haben.

Nach der Begrüßung folgten am Vormittag zwei Fachvorträge mit anschließender Diskussion. Die erste Referentin, Prof.‘in Erika Gericke, ist seit Dezember 2021 Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schul- und Unterrichtsentwicklung im Berufskolleg an der Universität Siegen. In ihrem Vortrag mit dem Titel „Doppelter Praxistransfer aus internationaler Perspektive – Berufliche Bildung im internationalen Vergleich. Ein Blick über den nationalen ‚Tellerrand‘ hinaus“ lieferte sie anhand von Forschungsergebnissen aus ihrer internationalen Vergleichsstudie einen Einblick in das Ausbildungssystem von beruflichen Lehrkräften in England. Die Unterschiede zur Lehramtsausbildung in Deutschland wurden anschließend im Plenum diskutiert.

Die zweite Referentin, Prof.‘in Carolin Frank, hat seit Oktober 2016 eine Universitätsprofessur für Didaktik der Technik an der Bergischen Universität Wuppertal inne. In ihrem Vortrag „Doppelter Praxistransfer - Kohärenz in der Lehrkräftebildung“ stellte sie die Software „Allpaka“ vor, die zur Planung von gewerblich-technischem Unterricht am Berufskolleg didaktisch unterstützend eingesetzt wird. Im Fokus dieses Unterrichtsplanungstools steht die Zusammensetzung aus Theorie und Praxis, in dem sowohl auf didaktische Forschung als auch auf pragmatische Erfahrungen aus dem Unterricht und der Universität Bezug genommen wird. Frau Prof.‘in Frank diskutierte zudem die Unterschiede in der Kompetenzentwicklung von dual Studierenden und Vollzeitstudierenden.

Am Nachmittag tauschten sich die Gäste mit den Wissenschaftler*innen des GOBeL-Projektteams in drei Kurz-Workshops über deren Forschungsergebnisse aus.

1. Workshop - GOBeL Team: "Doppelter Praxistransfer und Professionalisierung in der technischen Berufsbildung" mit Dr. Tatjana Hocker und David Aßmann

Der Workshop legte besonderen Fokus auf die Verbindung von Theorie- und Praxiswissen während der ersten Phase der Lehrkräftebildung (Universitätsstudium). Der „Doppelte Praxistransfer“ in der beruflichen Bildung bezieht sich auf einen Ansatz, bei dem Lernende nicht nur theoretisches Wissen erwerben, sondern dieses auch in der Praxis anwenden und gleichzeitig ihre praktischen Erfahrungen in den Lernprozess integrieren. Hierzu wurde ein Seminarkonzept vorgestellt, bei dem Studierende des beruflichen Lehramts während des Studiums gemeinsam mit Lehrkräften im Vorbereitungsdienst zusammenarbeiten. Der Besuch des Studienseminars ermöglicht den Studierenden einen frühen Einblick in den Vorbereitungsdienst und bietet praktische Einsicht in die Umsetzung von Lehrinhalten, was dazu beiträgt, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse für den späteren Berufsalltag zu erweitern. Eine frühzeitige Integration in den Praxisalltag fördert ein realistisches Berufsbild und bereitet die Studierenden besser auf die Herausforderungen des Lehrberufs vor. Im Rahmen des Workshops wurde das vorgestellte Konzept gemeinsam mit den Teilnehmer*innen anhand von Leitfragen erörtert. Dabei stieß die Idee, gemeinsame Strukturen zu schaffen und möglicherweise einen gemeinsamen Unterrichtsort zu nutzen, auf positive Resonanz. Ein weiterer Schwerpunkt bei der Weiterentwicklung des Seminarkonzepts ist der Vorschlag, das Modell auch in anderen Fachbereichen wie der Ernährungs- und Hauswirtschaft sowie Agrarwirtschaft zu erproben. Des Weiteren wurde betont, wie bedeutend es ist, den erarbeiteten Unterricht zu reflektieren.

2. Workshop – GOBeL Team: „Rollenspielsimulationen als Professionalisierungsmöglichkeit von angehenden Lehrkräften“ mit Julia Fecke und Julia Gerstewitz

Eingangs wurden in diesem Workshop Simulationen in Form von Rollenspielen im virtuellen Raum als Möglichkeit für Studierende vorgestellt, ihre kommunikativen Kompetenzen zu erproben und ihre Handlungsfähigkeit zu erhöhen. Die diskussionsunterstützenden Leitfragen thematisierten den Professionalisierungsprozess angehender Lehrkräfte, das Potential von Rollenspielsimulationen in der universitären Lehrkräftebildung sowie die Frage, ob dadurch ein besserer Theorie-Praxis-Bezug ermöglicht werden könne. Einige Workshop-Teilnehmer*innen äußerten Bedenken, diese Methode im Hochschulkontext zu etablieren; insbesondere wurden dabei die Bedingungen thematisiert, unter denen Simulationen stattfinden (sollten) sowie mögliche habituelle Schranken bei den Studierenden. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass Simulationen wegen ihrer Praxisnähe großes Potential besitzen: Die Lernenden können einen realitätsnahen Einblick in die Herausforderungen des Lehrberufs erhalten und ihre Fähigkeiten zugleich in einem geschützten Rahmen erproben. Wenn Studierende dadurch zu einem (begleiteten) Reflexionsprozess angeregt werden, können Rollenspielsimulationen zu deren Professionalisierung als angehende Lehrkräfte beitragen. Wie Julia Fecke aus ihrer Forschung berichtete, bewerten Studierende dieses Instrument positiv. Mit ihrem Workshop haben Julia Fecke und Julia Gerstewitz einen wertvollen Beitrag zur Diskussion und Implementierung innovativer Lehrmethoden in der beruflichen Lehrkräftebildung geleistet.

3. Workshop – GOBeL Team: „Bedeutung der Übergänge in der ersten und zweiten Phase der beruflichen Lehrkräftebildung“ mit Clemens Hafner und Carina Aul

In diesem Workshop standen die Übergänge in der ersten und zweiten Phase der beruflichen Lehrkräftebildung im Fokus. Um Studierende beim Umgang mit kritischen Studienanforderungen und somit dem Übergang an die Hochschule zu unterstützen, wurden im Projekt GOBeL verschiedene Maßnahmen entwickelt, die bei der Herausbildung der Studierfähigkeit unterstützen. Mit der Frage nach Herausforderungen beim Übergang in die zweite Phase der Lehrkräftebildung wurde in die Diskussion eingestiegen. Die Rollenfindung in dieser Phase wird aufgrund der unterschiedlichen Erwartungen der verschiedenen beteiligten Akteure an die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst als besonders anspruchsvoll gesehen. Um einen Umgang mit diesen Erwartungshaltungen zu generieren, können transparente Kenntnisse voneinander unterstützen. Als Pendant zur Studierfähigkeit wurde der Umgang mit Anforderungen im Vorbereitungsdienst mit Arbeitsfähigkeit betitelt. Dazu zählt neben der Kenntnis über das komplexe System Schule, die Vernetzung von Theorie und Praxis, wie der Didaktik und dem Unterrichten, sowie die Bewältigung des „Praxisschocks“. Im Workshop wurde deutlich, dass eine verstärkte Kooperation und Vernetzung von Universität, Studienseminar und Schule notwendig ist. Das Praxissemester – wie es in anderen Lehramtsstudiengängen bereits eingeführt wurde – wird als elementare und hilfreiche Möglichkeit genannt, um Studierenden erste Arbeitserfahrungen an der Institution Schule zu ermöglichen und den Transfer von Wissen und Praxis zu vertiefen. Abschließend wurde betont, wie wichtig institutionell begleitete Übergänge im Schulsystem sind. Dabei lag der Fokus auf der Orientierung im Schulsystem, der Rollenfindung im Studienseminar und in der Schule, der Umsetzung didaktischer Theorien im Unterricht sowie der Reflexion der Erwartungshaltung.

Diese und weitere GOBeL-Projektergebnisse sind im Projektsammelband ausführlich nachzulesen.

Die Abschlusskonferenz wurde durch eine gemeinsame Abschlussrunde und eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse abgerundet. In der Veranstaltungsevaluation zeigten sich die Teilnehmenden sehr zufrieden mit der Organisation der Abschlusskonferenz: 92 Prozent der Gäste äußerten, die Organisation der Veranstaltung habe ihre Erwartungen „deutlich übertroffen“ oder „übertroffen“. Sie lobten zudem die „gute Mischung von Input und Austausch“ und schätzten den „Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis der Lehrkräftebildung“ als „sehr fruchtbar“ ein: „Neue Anregungen sind entstanden.“