Inhaltspezifische Aktionen

Anwendung in der Hochschullehre

 

BNE-Lernprozesse weisen folgende Eigenschaften auf:[1]

  • Bearbeitung von zukunftsrelevanten Themenkomplexen
  • Berücksichtigung der unterschiedlichen Dimensionen der Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch, sozial)
  • Multiperspektivische Auseinandersetzung (z.B. lokale und globale Relevanz)
  • Förderung des systemischen Denkens und der Vernetzung von Wissen
  • Berücksichtigung von Widersprüchen, Unwägbarkeiten sowie Zielkonflikten
  • Eigenverantwortliche und partizipative Lernprozesse

Somit sind sie kompetenzorientiert, kooperativ, handlungsorientiert, fächerübergreifend und partizipativ gestaltet und greifen auf unterstützende Methoden zurück.

Im Folgenden finden sich Anregungen für die Gestaltung eines BNE-Lernkonzepts sowie eine Vorstellung ausgewählter BNE-Methoden, die in der Hochschullehre eingesetzt werden können. Diese Ausführungen orientieren sich an den Inhalten der Workshops von Prof. em. Dr. Ingrid Hemmer (KU-Eichstätt-Ingolstadt) im Rahmen der BNE-Weiterbildungsreihe an der JLU im Wintersemester 2023/24.

 

Erstellung eines BNE-Lehrkonzepts

Vier Bausteine bilden das Grundgerüst eines BNE-Lehrkonzepts. Diese werden vorab festgelegt und bedingen sich bei ihrer Auswahl gegenseitig. Sie sind auf jede Fachrichtung übertragbar.

 

1. Zielvorgabe

Zunächst wird ein Lernziel formuliert, das sich, neben fachlichen Inhalten, auf die zwölf Gestaltungskompetenzen des BNE-Kompetenzmodells[2] bezieht. Diese umfassen Sach-, Medien-, Sozial- sowie Selbstkompetenzen.

 

2. Inhalte

Ein BNE-Lehrkonzept ermöglicht Studierenden, die komplexen Zusammenhänge zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit zu verstehen. Die Konzeptualisierung geschieht unter der Berücksichtigung der Aspekte Generationengerechtigkeit und Globale Gerechtigkeit. Durch praxisnahe Projekte und Seminare mit direktem Lebensweltbezug können die Studierenden nachhaltige Lösungsansätze erarbeiten.

 

3. Methoden

Die Wahl der richtigen Methodik orientiert sich am vorab formulierten Lernziel. Hierbei steht eine große Bandbreite an Methoden zur Verfügung die unterschiedliche Gestaltungskompetenzen vermitteln. Beispiele hierfür sind: Zukunftswerkstätten, Dilemma-Diskussionen, Projektarbeiten (an Realsituationen) und Planspiele. Die Methoden der BNE sind grundsätzlich durch ihren partizipativen Charakter geprägt und fördern das systemische Denken.

 

4. Medien

Eine auf die Kompetenzen, Inhalte und Methoden abgestimmte Auswahl der Medien ermöglicht Studierenden unterschiedliche Zugänge, beansprucht verschiedene Sinne und ermöglicht einen Perspektivwechsel.

 

Ausgewählte BNE-Methoden

 

Varianten für Abstimmungen und Positionierungen

Zur Anregung von Debatten können Abstimmungen mittels Farbkarten dienen, die Zustimmung oder Ablehnung zu verschiedenen Fragestellungen oder Thesen symbolisieren. Eine Alternative dazu ist die "Positionslinie", auf der sich die Teilnehmenden entsprechend ihrer Ablehnung beziehungsweise Zustimmung zu einer These einordnen. Auch bei der "Vier-Ecken-Methode" müssen die Teilnehmenden zu ihren Standpunkten Position beziehen. Hierbei werden die verschiedenen Thesen in den Ecken des Raumes verteilt und die Teilnehmenden sind dazu aufgefordert, sich einer der Aussagen zu zuordnen. Bei größeren Gruppen eignen sich Online-Abstimmungstools wie PINGO oder Clicker. Diese senken zudem aufgrund der anonymen Stimmabgabe die Hemmschwelle auch kontroverse Standpunkte einzunehmen.

Anschließend sollte immer eine Diskussion der unterschiedlichen Thesen im Plenum stattfinden.

 

Concept Maps

Concept Maps bilden ein Konzept in Form der inneren Repräsentation ihres Erstellers ab. Sie stellen Wissen als Netzwerke dar, wobei Begriffe und Objekte häufig durch Rechtecke und ihre Beziehungen durch Pfeile oder Striche visualisiert werden. Auch der Einsatz von Farben verbessert die Klarheit und das Verständnis der dargestellten Zusammenhänge. Concept Maps fördern das systemische Denken und erleichtern das Lernen, indem sie bildliche und verbale Elemente kombinieren und neues Wissen mit vorhandenem verknüpfen. Der Einsatz von Concept Maps sollte geübt werden. Insbesondere bei komplexeren Themen kann es sinnvoll sein, eine kurze thematische Diskussionsphase voranzustellen und die Concept Map vorab teilweise zu strukturieren.

 

Fishbowl-Diskussion

Mit der Fishbowl-Methode lassen sich kontroverse Diskussionen sowie die Analyse und Auswertung von Argumentationen effektiv umsetzen. Bei einer Fishbowl-Diskussion werden ein Innen- und ein Außenkreis gebildet. Im Innenkreis befinden sich 1-2 Moderator*innen und 5-8 Diskutierende und im Außenkreis verteilen sich die Zuschauer*innen. 1-2 Plätze des Innenkreises können zunächst frei bleiben und Zuschauer*innen bereitstehen, die sich bei Gelegenheit in die Diskussion integrieren. Die Zuschauer*innen können zu aktiven Beobachter*innen werden, in dem ihnen konkrete Beobachtungaufträge zugeteilt werden.

Das Konzept kann zudem durch verschiedene Abwandlungen angepasst werden, beispielsweise durch die Bildung von Pro- und Contra-Gruppen. Eine weitere Alternative ist "Der-Heiße-Stuhl". Hierbei besteht der Innenkreis ausschließlich aus der/dem Moderator*in und einer/einem Teilnehmenden in einer vorab festgelegten Rolle. Die Zuschauer*innen im Außenkreis haben die Möglichkeit, ihre Fragen an die Person auf dem "Heißen Stuhl" im Innenkreis zu richten, die ihrer Rolle entsprechend argumentiert.

 

Hüte-Methode

Eine weitere Diskussionsvariante ist die Hüte-Methode. Die Farbe der Hüte der Diskutierenden symbolisiert dabei die Rolle, die sie in der Diskussion einnehmen. Als Hüte/Perspektiven eignen sich:

  • Weißer Hut (Zahlen und Fakten): Weiß ist neutral und objektiv. Der weiße Hut befasst sich mit sachlichen Fakten und Zahlen.
  • Roter Hut (Emotionen und Gefühle): Rot deutet auf Ärger, Zorn ("rot sehen") und Emotionen hin. Der rote Hut vermittelt die gefühlsmäßige Sicht.
  • Schwarzer Hut (Pessimistisches Denken): Schwarz ist düster und negativ. Der schwarze Hut deckt die negativen Aspekte ab. Er legt auf Fakten gestützt dar, warum etwas nicht funktioniert.
  • Gelber Hut (Spekulativ-Positives Denken): Gelb ist sonnig, heiter und positiv. Der gelbe Hut ist optimistisch und steht für Hoffnung und positives Denken.
  • Grüner Hut (Kreatives und laterales Denken): Grün ist das Gras, die Vegetation und üppiges, fruchtbares Wachstum. Der grüne Hut deutet auf Kreativität und neue Ideen hin.
  • Blauer Hut (Die Leitung des Denkens): Blau ist kühl und auch die Farbe des Himmels, der über allem anderen steht. Der blaue Hut befasst sich mit der Kontrolle und Organisation des Denkprozesses und lenkt den Einsatz der anderen Hüte.

Als Erweiterung kann außerdem eine Einzelperson oder eine Gruppe den Advocatus Diaboli spielen und eine kritische Gegenposition zum Thema oder Konzept einnehmen. Ihre Aufgabe ist es, durch provokative Argumentation die übrigen Teilnehmenden von ihrer Sichtweise zu überzeugen.

 

Zukunftswerkstatt

In der Zukunftswerkstatt erarbeiten die Teilnehmenden Zukunftsvisionen zu einer bestimmten Fragestellung. Dabei durchlaufen sie unterschiedliche Phasen, um ihre Ideen zu konkretisieren.

  1. Kritikphase: Im ersten Schritt steht die aktuelle Situation im Fokus. Wie ist der aktuelle Sachstand? Welche Herausforderungen müssen überwunden werden? Für welche Probleme müssen Lösungen erarbeitet werden?
  2. Phantasiephase: Anschließend können erste, durchaus auch utopische, Ideen und Lösungsvorschläge formuliert werden.
  3. Realisierungsphase: In der letzten Phase sollen konkrete Vorschläge ausgearbeitet werden. Das Ziel ist ein präzises Konzept inklusive der Untersuchung der Umsetzbarkeit, einer Auflistung weiterer notwendiger Handlungsschritte und Zuständigkeiten.

Diese Methode ist besonders sinnvoll, wenn konkrete, lösbare Problemstellungen bearbeitet werden und genügend zeitliche Ressourcen für die Durchführung sowie Vor- und Nachbereitung der Zukunftswerkstatt zur Verfügung stehen.

 

Weitere BNE-Methoden umfassen zum Beispiel Rollen- und Strategiespiele, Pressearbeit (z. B. Podcasts, Blogs, Videos) und selbstorganisierte Lernformate (s. weiterführende Links).

 

_________________________________

[1] Hessisches Kultusministerium/Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2022): Hessische Umweltschulen - Lernen und Handeln für unsere Zukunft. Ein Beitrag zu einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (https://kultus.hessen.de/sites/kultus.hessen.de/files/2022-12/umweltschulen.pdf).
[2] Das verlinkte Dokument stammt ursprünglich aus dem Bereich Lehramt, kann aber im Rahmen der Hochschullehre auf alle anderen Fächer im übertragen werden.