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Prof. Gisela Distler-Brendel (†)

Kurzbiographie Prof. Gisela Distler-Brendel

Am 11.1.1919 als Tochter einer philosophisch interessierten jüdischen Mutter und eines schriftstellerisch tätigen evangelischen Vaters in eine bildungsbürgerliche Familie hineingeboren, erhielt sie privaten Klavierunterricht und besuchte die höhere Schule.

Nach dem Abitur 1937 wurde sie wegen ihrer jüdischen Herkunft
nicht zum Musikstudium zugelassen, konnte aber durch den Unterricht der Komponistin Ilse Fromm-Michaelis 1939 in Hamburg das staatliche Musiklehrerexamen ablegen, wurde aber nicht in die Reichsmusikkammer aufgenommen und erhielt damit Studien- und Berufsverbot.

1940 lernte sie den Geiger Hubertus Brendel kennen, mit dem sie Privatkonzerte veranstaltete.

Ab 1941 konnte sie mit der Unterstützung durch die Cellistin Maimi Celina von Mirbach in Berlin ihr privates Klavierstudium bei Konrad Hansen und Elfriede Kolbe fortsetzen. In ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit durch das nationalsozialistische Deutschland stark behindert, trat sie erst nach 1945 als Pianistin, Cembalistin und Musikpädagogin öffentlich auf.

1945 heiratete sie Hubertus Distler und veranstaltete mit ihm, später mit dem Gebel Trio, in den folgenden Jahren öffentliche Konzerte.

Seit 1958 trat sie als Cembalistin bei den Frankfurter Bachkonzerten und mit den Deutschen Bachsolisten auf. Im selben Jahr wurde sie vom Pädagogischen Institut Jugenheim als künstlerische Lehrkraft eingestellt und nahm dort gleichzeitig ein Studium der Pädagogik auf.

1961 bestand sie das erste Lehrerexamen und erhielt eine Assistentenstelle an der Hochschule für Erziehung der Universität Gießen. In der damaligen Gründungsphase des Instituts gab sie bei der Ausarbeitung der Studienpläne und durch ihre Lehrtätigkeit wesentliche musikpädagogische Impulse. Ihr lag daran, die angehenden Musiklehrerinnen und Musiklehrer zu befähigen, ein breites Spektrum von musikalischen Epochen und Stilen bis in die Gegenwart durch eigene Musikpraxis selbst den Schülern vorzustellen. Insbesondere gab sie ihre Begeisterung für Musik und Musizieren an ihre Studentinnen und Studenten weiter.

1964 wurde sie zur Studienrätin im Hochschuldienst,

1972 zur Professorin ernannt. Weitere 12 Jahre erfolgreicher Lehrtätigkeit, bei der sie ihre musikpädagogischen Konzepte vermitteln konnte, schlossen sich an. Nach ihrer Pensionierung

1984 gründete sie mit Musikern des Gießener Stadttheaters das Gießener Barockensemble, das bis 1990 Konzerte veranstaltete. Auch in den folgenden Jahren nahm sie intensiv Anteil am kulturellen Leben der Stadt. Ein besonderes Anliegen war ihr die Förderung komponierender Frauen. Auf ihre Anregung hin wurde im Jahr 2007 die Oper „Die Strandräuber“ von Ethel Smyth am Gießener Stadttheater neu inszeniert.

Sie lebte viele Jahre in Pohlheim-Hausen.

2019 wurde in Anwesenheit von Repräsentanten der Universität, der Stadt und des

Stadttheaters ihr 100. Geburtstag im Foyer des Stadttheaters gefeiert.

2021 zog sie in ein Pflegeheim in Lich.

Am 11.1.2022, ihrem 103. Geburtstag, verstarb sie.

Bild: Quelle: Gießener Allgemeine Zeitung/Roger Schmidt

 Peter Nitsche