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Wie organische Moleküle im Weltraum entstehen können

Wissenschaftlerteams der Universität Gießen und der Universität Hawaii entdecken gemeinsam eine präbiotische Synthese von Brenztraubensäure – Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Chem“

Nr. 165 • 3. November 2020

Brenztraubensäure ist ein Schlüsselmolekül in der präbiotischen Chemie zur Bildung von Metaboliten und Aminosäuren. Aber wie bildet sie sich, wenn keine Biosynthese möglich ist? Mit dieser Frage hat sich ein Team um den Chemiker Prof. Dr. Peter R. Schreiner vom Institut für Organische Chemie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) zusammen mit einer Gruppe an der Universität Hawaii (USA) beschäftigt – und dabei eine bislang unbekannte Möglichkeit der Synthese von Brenztraubensäure entdeckt. „Wir konnten die Herstellung eines Biomoleküls ohne Biochemie zeigen“, so Prof. Schreiner. „Unsere Ergebnisse bieten einen einzigartigen Einstiegspunkt in die abiotische organische Synthese im Weltraum.“ Veröffentlicht wurden sie in der renommierten Fachzeitschrift „Chem“.

Wie konnte Brenztraubensäure auf der frühen Erde entstehen? Ohne flüssiges Wasser ist eine endogene Bildung von Brenztraubensäure unwahrscheinlich – eine exogene Abgabe liegt nahe. Doch trotz des Nachweises von mehr als 200 Molekülen im Weltraum ist Brenztraubensäure bisher dort noch nicht nachgewiesen worden. Das liegt auch daran, dass bislang kein Bildungsmechanismus vorgeschlagen oder gar nachgewiesen wurde. Das Team aus Gießen und Hawaii beschreibt nun die Bildung der Brenztraubensäure durch die Kombination von Hydroxycarbonyl- und Acetyl-Radikalen in Eis aus Acetaldehyd und Kohlendioxid, wobei sie typische interstellare Bedingungen simulierten. Die Energie zur Erzeugung der Radikale im Eis wurde durch harte Elektronenstrahlung zugeführt, wodurch kosmische Strahlung modelliert wurde. „Unsere Forschung zeigt einen wichtigen Reaktionsweg für die Brenztraubensäuresynthese durch Nichtgleichgewichtsreaktionen in interstellaren, kalten Molekülwolken und sternbildenden Regionen“, so Prof. Schreiner.

Er forscht im Bereich der metallfreien Katalyse, der Nanodiamanten und des quantenmechanischen Tunnelns zur Entwicklung und Verbesserung nachhaltiger chemischer Methoden. Er ist Mitglied der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, erhielt mehrere Wissenschaftspreise, darunter den Akademiepreis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (2020), die Adolf-von-Baeyer Denkmünze der Gesellschaft Deutscher Chemiker 2017 und die Dirac-Medaille im Jahr 2003. Der in Nürnberg geborene Wissenschaftler wurde nach dem Chemiestudium an der Universität Erlangen-Nürnberg und in den USA sowohl in organischer Chemie (Erlangen, Dr. rer. nat.) als auch in theoretischer Chemie promoviert (Computational Chemistry, USA, University of Georgia, Athens, Doctor of Philosophy).

  • Publikation

Interstellar Formation of Biorelevant Pyruvic Acid (CH3COCOOH). Nils Fabian Kleimeier, André K. Eckhardt, Peter R. Schreiner, and Ralf I. Kaiser Chem 2020, im Druck.
DOI: 10.1016/j.chempr.2020.10.003

  • Weitere Informationen

www.uni-giessen.de/schreiner

  • Kontakt


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Heinrich-Buff-Ring 17, 35392 Gießen
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Schlagwörter
Forschung