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Zu Risiken und Nebenwirkungen der Bewässerung mit Abwasser

DFG fördert Forschungsgruppe zu Schadstoffen, Antibiotikaresistenzen und Pathogenen in Abwasserbewässerungssystemen unter Federführung der JLU mit rund 2,5 Millionen Euro

Nr. 88 • 7. Juli 2021

Abwasser, das durch ein Flussbett geleitet wird (in Mexiko). Foto: Jan Siemens
Wasserverknappung, der steigende Nahrungsmittelbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung und Urbanisierung führen in zahlreichen Regionen der Welt zur Nutzung von Abwasser zur Bewässerung in der Landwirtschaft. Dies schont Ressourcen, birgt aber auch Risiken: Durch das Abwasser gelangen Antibiotika, Desinfektionsmittel und viele weitere Substanzen zusammen mit antibiotikaresistenten Bakterien auf die Felder, in die Böden – und letztlich in unsere Nahrungsmittel. Zur Beurteilung von Ausmaß und Relevanz dieser Risiken sowie der Risikominimierung durch die Behandlung des Abwassers fehlt bislang jedoch die Grundlage. Um diese Grundlage zu schaffen, fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine neue Forschungsgruppe unter Federführung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) mit rund 2,5 Millionen Euro für zunächst vier Jahre. Davon entfallen rund eine Million Euro auf die JLU.

Die Forschungsgruppe FOR 5095 „Interaktionen von Schadstoffen, Antibiotikaresistenz und Pathogenen in einem sich ändernden Abwasserbewässerungssystem“ wird am Beispiel des weltweiten größten zusammenhängenden Abwasserbewässerungssystems nördlich von Mexiko City die Selektion von Antibiotikaresistenzen und die Ausbreitung von Krankheitserregern in Agrarsystemen und ihren Transfer in Nahrungsmittel untersuchen. Das rund 900 Quadratkilometer große Gebiet wurde etwa 100 Jahre lang mit einer Mischung aus unbehandeltem Abwasser und Regenwasser bewässert. Dadurch haben sich Arzneimittel, Desinfektionsmittel, Metalle und zahlreiche weitere Substanzen in den Böden der Felder angereichert, wie unter anderem das Team von Prof. Dr. Jan Siemens, Professur für Bodenressourcen und Bodenschutz an der JLU und Sprecher der neuen DFG-Forschungsgruppe, in Zusammenarbeit mit mexikanischen Wissenschaftlerinnen bereits in früheren Untersuchungen festgestellt hat.

Nun ist im Valle Mezquital die weltweit drittgrößte Kläranlage in Betrieb genommen worden, das Abwasser von Mexiko City gelangt also nicht mehr ungeklärt auf die Felder. „Kläranlagen sind jedoch auch ein potenzieller Hotspot für die Selektion von antibiotikaresistenten Bakterien – das geklärte Wasser wird zwar weniger Bakterien enthalten als vorher, dafür unter Umständen aber einen größeren Anteil multiresistenter Bakterien“, so Prof. Siemens. „Auch besteht das Risiko, dass in der Vergangenheit in den Böden akkumulierte Schadstoffe durch das behandelte Abwasser mobilisiert werden und die Selektion von antibiotikaresistenten Bakterien in den Felder verstärken.“ Die Forschungsgruppe wird einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Bewässerungswasserqualität, dem Verhalten von Antibiotika und Desinfektionsmitteln sowie der Selektion und Ausbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien in der Umwelt leisten.

„Dieses Forschungsvorhaben festigt die starke Stellung der JLU in der Bioressourcenforschung und schlägt zudem eine Brücke zur Infektions- und Wirkstoffforschung“, so JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. „Ich gratuliere den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herzlich zu diesem Erfolg, der durch die enge Kooperation mit der Universidad Nacional Autónoma de México auch eine große Bedeutung für die weitere Internationalisierung unserer Universität hat.“ Mit dem Projekt nehmen die Forscherinnen und Forscher zugleich die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung Nr. 2 „Kein Hunger“, Nr. 3 „Gesundheit und Wohlergehen“, Nr. 6 „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“ und Nr. 11 „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ in den Blick.

Neben der Professur für Bodenressourcen und Bodenschutz ist an der JLU die Professur für Mikrobiologie der Recyclingprozesse am Institut für Angewandte Mikrobiologie beteiligt. Zur Forschungsgruppe gehören zudem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Bonn, des Universitätsklinikums Bonn, der Beuth Hochschule Berlin, des Julius Kühn-Instituts und der Universität Tübingen. Das Projekt wird in Kooperation mit der Universidad Nacional Autónoma de México durchgeführt.

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Forschung