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Gießener Allgemeine vom 13.7.2006

Wie man eine verschollene Stadt wiederfindet

Prof. Wolfram Martini sprach vor rund 120 kleinen Zuhörern über Ausgrabungen – Viel Lob für »Justus' Kinderuni«

Gießen (gök). Wie findet man eine Stadt, von der man nicht weiß, ob es sie gibt? Dies zeigte Prof. Wolfram Martini rund 120 Acht- bis Zwölfjährigen in seiner Vorlesung am Dienstag. »Ich möchte das Interesse für die Geschichte wecken, zudem habe ich Spaß daran jungen Menschen etwas von der Forschung mitzuteilen«, sagte der Archäologieprofessor der Justus-Liebig-Universität. Mit dem Thema »Perge in Pamphylien. Wie finde ich eine verschollene Stadt?« beschloss er »Justus' Kinderuni« in diesem Sommersemester im Hörsaal im Philosophikum II.

Prof. Martini referierte über sein Projekt Perge an der Küste von Antalya: Eine alte griechische Stadt, die man aus der Sage über die Schlacht von Troja kannte. Damals sollen Griechen nicht zurück nach Athen gesegelt sein, sondern weiter am Mittelmeer entlang, um eine Stadt zu gründen. Sie galt wie Troja als verschollen. Im Jahr 1993 wurde das Vorhaben gestartet, sie zu finden. Aber das Areal, welches man nach längeren Nachforschungen als möglichen Siedlungspunkt festhielt, konnte nicht untersucht werden. Erst 1997 nach einem Feuer begannen die Arbeiten. Martini hatte Recht behalten: Auf einem Plateau oberhalb der römischen Stadt fand man das griechische Perge.

Seinen Vortrag unterstütze der Archäologe mit Bildern und bemühte sich, sämtliche Fachbegriffe zu vermeiden oder sie wenigstens zu erläutern. Viel erklären musste er allerdings nicht, da die Jungen und Mädchen einiges Wissen mitbrachten.

Dies bemerkte man auch in der abschließenden Fragerunde. Die Kinder wollten zum Beispiel wissen: Hat es die Helden Agamemnon und Achill wirklich gegeben? Wie waren die Mauern gebaut, auch mit Mörtel wie bei den Römern? Wie ist es, Überreste von Menschen zu bergen?

Zu diesem Vortrag kamen Zuhörer sogar aus Marburg, etwa ein 35-Jähriger mit seinem Sohn (8). Marina Ortenberg (32), selber Studentin an der Gießener Universität wollte ihrer Tochter auch einmal einen anderen Fachbereich als ihren eigenen zeigen. Sie finde es gut, dass Kinder die Universität bei der Reihe erleben können und einen Einblick in das Studieren erhalten. Die Eltern sprachen allen beteiligten Professoren auch ein Lob aus: Die Kinder hätten sich immer 45 Minuten lang auf ein Thema konzentrieren können, ohne sich zu langweilen.

Vincent und Laurenz erzählten stolz, dass sie zu denen gehören, die bei jeder Vorlesung in diesem Semester dabei waren. »Wir haben alles verstanden«, betonten die Neunjährigen. Einige Kinder schrieben bereits wie richtige Studenten mit.

Prof. Martini nutzt im Übrigen nicht nur die »Kinderuni«, um sein Wissen weiterzugeben. Bereits im 18. Jahr habe er eine Vorlesung für kleine Zuhörer gehalten, sagt er – und er wolle auch noch einige Jahre weitermachen.