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Transboundary Protection of Biodiversity in Southern Africa (TraProBio)

Im Zentrum der Partnerschaft zwischen der Justus-Liebig-Universität Gießen und der North-West University Potchefstroom (NWU) steht die strukturelle Verbesserung der Ausbildungs-, Forschungs- und Transferkapazitäten im (grenzüberschreitenden) Umwelt- und Planungsrecht, primär an der NWU, aber auch an benachbarten Hochschulen, um eine Verbesserung von Management, Schutz und Erhalt der Biodiversität in grenzüberschreitenden Situationen innerhalb der Southern African Development Community (SADC) zu erreichen. Neben den Erhalt der Biodiversität als solcher tritt der Schutz indigenen Wissens im Sinne der vom Übereinkommen über den Schutz der biologischen Vielfalt avisierten anwendungsbezogenen Aufbereitung dieser Kapazitäten.

Der Erhalt von Biodiversität und die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile lassen sich nicht allein mit den Instrumenten des innerstaatlichen Rechts auf der Grundlage einer nationalstaatlich verstandenen Territorialität gewährleisten. Auch wenn einschlägige natürliche Ressourcen häufig lokal oder regional zu verorten sind, lassen sich die natürlichen Siedlungsräume von Fauna und Flora gerade nicht mit Hilfe von Staatsgrenzen definieren. Dementsprechend kann sich der Schutz entsprechender Ökosysteme nicht auf das Territorium eines Staates beschränken, sondern muss in grenznachbarlichen Räumen organisiert werden. Auch wenn der Erhalt der Biodiversität ein globales Anliegen ist (und deshalb Gegenstand des 1992 vereinbarten Übereinkommens über die biologische Vielfalt ist), erfolgt die praktische Umsetzung auf lokaler, nationaler und regionaler Ebene. Zwar kann das innerstaatliche Recht in Umsetzung der aus dem Biodiversitätsübereinkommen resultierenden Verpflichtungen schon einen ganz wesentlichen Beitrag zum lokalen und regionalen Biodiversitätsschutz leisten. Es stößt aber dort an seine Grenzen, wo es um grenzüberschreitende Ökosysteme mit Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt geht.

Diese Erkenntnis ist als solche nicht neu. Allein fehlt es in zahlreichen grenzüberschreitenden Zusammenhängen an dem hierfür erforderlichen Instrumentarium. Die meisten rechtlichen Probleme lassen sich nicht allein auf der bilateralen Ebene lösen. Deshalb ist es von Vorteil, wenn Staaten den grenzüberschreitenden Biodiversitätsschutz im Rahmen einer Regionalorganisation organisieren können. Mit der Entwicklung des europäischen Umweltrechts und seiner Ausdifferenzierung im Hinblick auf den Biodiversitätsschutz verfügt Europa hier über einen durchaus beachtlichen Wissens- und Erfahrungsschatz – und zwar sowohl in der Rechtssetzung als auch in der Implementierung europarechtlicher Vorgaben und bei deren Durchsetzung.

Auch die Southern African Development Community (SADC) hat sich nicht nur dem regionalen Umweltschutz, sondern zunehmend auch dem regionalen – und damit grenzüberschreitenden – Schutz der Biodiversität zugewandt. Es gibt erste Ansätze für einschlägige rechtliche Instrumente, aber die praktische Umsetzung der grenznachbarlichen Zusammenarbeit stößt gelegentlich noch auf nicht unerhebliche Probleme. Hinzu kommt, dass das Recht als Mittel der Verhaltenssteuerung bei weitem nicht mit der Selbstverständlichkeit akzeptiert wird, wie dies aufgrund einer manchmal zu stark am Recht orientierten Ausgestaltung des Integrationsprozesses in Europa der Fall ist.

Zahlreiche Gespräche mit Wissenschaftler/inne/n und Praktiker/inne/n in Südafrika haben deutlich gemacht, dass es eine Reihe von Problemen gibt, die sich über einen institutionalisierten Diskurs zwischen deutschen und im südlichen Afrika beheimateten universitären Einrichtungen jedenfalls adressieren, wenn nicht sogar einer Lösung zuführen lassen. Hierzu gehört zum einen das verfügbare Normenmaterial (mit einem Blick auf die Rechtssetzung) innerhalb von SADC, aber auch auf der Grundlage völkerrechtlicher Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten. Zum zweiten gehört dazu eine Auseinandersetzung mit der Implementierung einschlägiger materieller und prozeduraler Standards sowie mit deren Durchsetzung. Immerhin hat das SADC-Tribunal seine Arbeit mit einer spektakulären Entscheidung aufgenommen und verspricht prinzipiell zu einem relevanten Akteur zu werden. Schließlich – und das ist in Anbetracht der tatsächlichen Probleme doch erstaunlich – sind die Gräben zwischen den Disziplinen sowohl in Forschung und Lehre als auch in der rechtlichen und politischen Praxis bemerkenswert.

Neben den Schutz der Biodiversität tritt zu Recht auch die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile. Gegenstand der Hochschulpartnerschaft sind dabei in erster Linie rechtliche Fragen – und zwar solche, die nicht nur auf die Regelungen zum Zugang und zum Vorteilsausgleich bezogen sind („access and benefit sharing“), sondern die auf den Schutz und die anwendungsbezogene Aufbereitung autochthonen (oder indigenen) Wissens zielen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Schutz traditionellen Wissens auf der völkerrechtlichen Ebene bislang nach wie vor unzureichend gewährleistet ist. Auch verfügen nur einzelne Staaten über rechtliche Instrumentarien, um dieses Wissen vor ungerechtfertigter Aneignung zu schützen. Dies darf jedoch nicht dazu führen, die Frage nach einschlägigen rechtlichen Regelungen auf die lange Bank zu schieben, zumal es im südlichen Afrika durchaus schon Erfahrungen mit der Problematik gegeben hat (Hoodia Kaktus). Generell wird man wohl feststellen können, dass ungeachtet der Teilnahme am TRIPS-Übereinkommen und an anderen regionalen und universellen Instrumenten des gewerblichen Rechtsschutzes dieser Teilbereich des Rechts auch in Südafrika nach wie vor von Forschung und Lehre nicht besonders intensiv bearbeitet wird.

Es ist mittlerweile nicht nur von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit anerkannt, dass die Verminderung der Biodiversität die Entwicklungschancen der zukünftigen Generationen auf der gesamten Erde gefährdet und dabei insbesondere die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Existenzgrundlage in den Entwicklungsländern bedroht. Deshalb gehören Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt zu den Grundlagen einer nachhaltigen Entwicklung. Artenvielfalt hilft insbesondere Ernährung nachhaltig zu sichern, Wasservorräte und Böden zu schonen sowie Anpassungsprozesse an den Klimawandel zu bewältigen. Das Völkerrecht bringt an zahlreichen Stellen zum Ausdruck, dass Entwicklungs- und Industrieländer die Verantwortung für den Erhalt der Biodiversität gemeinsam tragen. Hierzu kann TraProBio einen wesentlichen Beitrag leisten, indem es hilft, dass sich Staaten einer Region gemeinsam engagieren, um die gemeinsamen Lebensgrundlagen zu bewahren.

Das Projekt bildet einen weiteren Baustein zur Stabilisierung der Zusammenarbeit zwischen JLU und NWU und unterstützt die Netzwerkbildung zwischen Deutschland und Südafrika sowie innerhalb der SADC-Mitgliedstaaten. Die Bemühungen der letzten Jahre im Hinblick auf eine Stärkung dieser Zusammenarbeit sind eine wesentliche Grundlage zur Sicherung der Nachhaltigkeit der fachbezogenen Partnerschaft zwischen den beteiligten Hochschulen.

Das gesamte Projekt wird finanziert vom Deutschen Akademisches Austauschdienst (DAAD), Maßnahmenpaket ''Qualitätsnetz Biodiversität''.

Publikation

Aus dem Projekt hervor ging der von Prof. Dr. Thilo Marauhn und Prof. Louis Kotzé herausgegebene Band „Transboundary Governance of Biodiversity“ mit Beiträgen von Autoren aus Südafrika und Deutschland.

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