Gegenstand des Forschungsprojektes ist die Untersuchung der signifikanten Umbrüchen in der Geschichte der musikalischen Notation aus zeichen- und bildtheoretischer Perspektive. Im Zentrum steht die vergleichende Analyse der jeweiligen Übergänge von der rhythmuslosen Quadratnotation zur Modalnotation, dann zur Mensuralnotation und schließlich zur Tactusnotation – womit das Aufkommen einer Notenschrift gemeint ist, die einen quantitativ messbaren Taktschlag visuell darstellt. Es soll damit beschrieben werden, inwiefern sich diese sinnerzeugenden Strategien im historischen Spiegel der Notenschriften zueinander verhielten und veränderten.
01.04.2014 bis 31.05.2017
Die stetige Ausdifferenzierung der Rhythmik im 13. Jahrhundert, die Einkehr der Sprach- und Bildlichkeit und die Entstehung neuer taktmetrischer Gliederungen, die ab dem späten 15. Jahrhundert mit dem Ausdruck Tactus bedacht wurden (Adam von Fulda), entfalteten eine Musik, welche – zeichentheoretisch betrachtet – die Entwicklung einer immer weniger bildlich und zugleich zunehmend symbolisch werdenden Notation mit sich zog. Die Konkretisierung der Bezugnahme zwischen Zeichen und Bezeichnetem, d. h. die Steigerung der Notationalität, hatte dabei einen unmittelbaren Einfluss auf die grafische Gestalt und Struktur der Notenzeichen selbst. Die verschiedenen Formen der Notation von Musik besitzen eine epochenübergreifende, zentrale Bedeutung für die Musikgeschichte. Eine ihrer primären Aufgaben war und ist es, musikalische Strukturen durch ihre Verschriftlichung zu konservieren und somit über temporale und lokale Distanzen reproduzierbar zu machen.
Diesem Dogma folgen die klassischen Arbeiten und Nachschlagewerke zur Musiknotation und konzentrieren sich vornehmlich auf Aspekte der Aufführbarkeit und Orthografie der Notenschriften: Die einzelnen Notenzeichen werden im Hinblick auf ihre pragmatische Lesbarkeit entschlüsselt und klassifiziert. Neben einer rein praxisorientierten Funktion der Lesbarkeit weisen Notenschriften jedoch unterschiedliche Strategien der Visualisierung von musikalischen Sachverhalten auf, die bislang kaum erkannt und bedacht worden sind: Notenschrift soll hier in ihrer grundlegenden Seinsweise als historisch bedingte visuelle Kulturtechnik befragt werden.
Lust statt Frust mit Statistik. Nutzerorientiertes, betreutes E-Learning zu quantitativen Methoden der empirischen Forschung für Studierende des FB 03
Am Insititut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik wurde vom Wintersemester 2015/2016 bis zum Anfang des Wintersemesters 2016/2017, im Rahmen des vom Bund geförderten Projekts "Einstieg mit Erfolg", eine Beratung zu Fragen der empirischen Forschung mit quantitativen Methoden angeboten. Studierende mit eigenen Forschungsprojekten konnten sich mit ihren Fragen dorthin wenden.
Das Beratungsangebot umfasste:
Hilfestellung bei Fragen zur empirischen und quantitativen Forschung
Hilfestellung bei grundlegenden Fragen zum Umgang mit SPSS und LimeSurvey
Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PL12035 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.
Warum bewegt uns Musik?
Dem Groove auf der Spur – DFG und Schweizerischer Nationalfonds fördern interdisziplinäres Forschungsprojekt am Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik
Wer hat nicht schon mal zu Jazz-Musik getanzt oder zu funkigen Beats mitgewippt? Wenn man fragt, warum solche Musik fast automatisch direkt „ins Blut“ und in die Beine geht, so bekommt man häufig die Antwort: „Einfach, weil das grooved – das spürt man doch!“ Der gehörte Rhythmus wirkt unbewusst psychomotorisch stimulierend. Um dem Rätsel des Groove-Gefühls auf die Spur zu kommen, wurde an der Justus-Liebig-Universität (JLU) nun ein sogenannter Lead Agency Projektantrag durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) bewilligt. In den kommenden zwei Jahren sollen am Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik der JLU unter Leitung der Musikwissenschaftlerin Prof. Dr. Claudia Bullerjahn und dem Musikpsychologen PD Dr. Richard von Georgi in Zusammenarbeit mit dem Institute for Music Performance der Schweizer Hochschule Luzern die Bedeutung von dynamischen Verschiebungen zwischen den gehörten Instrumenten für das Groove-Empfinden erforscht werden.
Obwohl inzwischen viel darüber geschrieben und geforscht wurde, was ein Rhythmus nicht nur psychologisch, sondern auch neurophysiologisch bewirken kann, ist nach wie vor unklar, wie Musikerinnen und Musiker es schaffen, eben dieses Gefühl bei uns auszulösen. So wird bezüglich des Swings immer wieder betont, dass das Groove-Gefühl durch das synkopische Grundmuster (rhythmische Verschiebung durch Bindung eines unbetonten Wertes an den folgenden betonten) ausgelöst wird. Jedoch allein die Tatsache, dass nicht jede Swing-Band tatsächlich swingt und nicht jede Funk-Band automatisch grooved, verweist auf die Tatsache, dass noch andere Parameter von Bedeutung sind.
Eine Theorie geht davon aus, dass es im einfachsten Fall die so genannten „perzeptuellen Diskrepanzen“ (PDs) zwischen den gehörten Instrumenten sind. Sie bewegen sich im Bereich von fünf bis 20 Millisekunden und variieren in Abhängigkeit von der Struktur des Gesamtstücks. Bisher wurden PDs vorwiegend in Zusammenhang mit dem sogenannten „laid back“- und „push“-Gefühl gebracht –Empfindungen die entstehen, wenn ein Instrument vor oder hinter dem eigentlichen Band-Timing spielt.
Jedoch gibt es auch Autorinnen und Autoren die betonen, dass es gerade diese PDs und deren dynamische Verschiebungen zwischen den Instrumenten während eines Musikstücks sind, die ein Groove-Gefühl entstehen lassen. Allerdings gibt es zu dieser Annahme bisher kaum empirisch fundierte und kontrollierte Studien. Zudem besteht die Problematik, dass die Wirkung der PDs deutlich unterhalb der bewussten Wahrnehmungsschwelle liegen muss, da es sich um ein Gefühl der psychophysischen Aktivierung handelt und nicht um die bewusste Wahrnehmung einer zeitlichen Verzögerung, wie es zum Beispiel beim „laid back“-Spiel zumindest für geübte Hörerinnen und Hörer der Fall ist.
In dem Gießener Forschungsprojekt werden die PDs systematisch variiert, um deren Wirkung auf nicht primär bewusste emotionale, psychophysiologische und motorische Reaktionen der Hörerinnen und Hörer zu untersuchen. Dabei nutzen die Forscherinnen und Forscher sowohl Stücke mit elektronischen (Midi-) Musikinstrumenten, als auch nachträglich bearbeitete Jazz- und Funkbeispiele, die professionelle Musikerinnen und Musiker der Hochschule Luzern eingespielt haben.
„Das Besondere an diesem Projekt ist dessen Interdisziplinarität und die Kombination aus einer rein experimentellen Grundlagenforschung und praktischem Musizieren“, betont Richard von Georgi, der sich an der JLU sowohl in der Psychologie als auch den Musikwissenschaften qualifizierte und für die Projektkoordination verantwortlich ist. Projektleiterin Prof. Bullerjahn sagt: „Die Bewilligung dieses Projekts ist ein wichtiger Schritt für das Verständnis dafür, was uns an Musik tatsächlich bewegt.“