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Relation aus dem Parnasso 1658
-- vorläufige Arbeitsfassung; Thomas Gloning, Juni 2002

RELATION Aus dem PARNASSO:
Wie APOLLO die Jesuiter unlängst in Novam Zemblam verbannet: Und Den Kauffleuten die Avisen-Handlung verboten.

Gedruckt im Jahr 1658.

JM jüngst abgewichenen Martio, da gleich den Tag zuvor Apollo seiner Mutter Latonae Gebürts-Fest mit sonderbahrer solennität celebriret hatte/ kam Alaricus, Svinthila vnd Biorno, 3. von den alten berühmten Gothischen Helden/ aus der unter Welt auff der Post bey gar früher Tageszeit im Parnasso an/ bey sich habende einen Paß von Radamantus; welcher im Namen seiner Herrn Collegen ihnen vergönnet/ daß sie sich eine Zeitlang auff die Ober-Welt begeben möchten/ umb zu erkündigen/ was es mit ihren Nachkömlingen für Beschaffenheit habe. Liessen sich derowegen gebührend beym Apollo anmelden/ der wegen erwiesener Frölichkeit/ und über Gewonheit zu sich genommen Nectar noch nicht allerdings [allerdigs] ausgeschlaffen/ vnd/ als Er diese Zeitung vernommen/ sich nicht wenig verwundert/ was doch dieser sonst in Parnasso wenig befindlichen Leute Anbringen seyn müste; nichts desto weniger ließ er sich auffs prächtigste ausstaffieren/ auch seine Trabanten in ihren schönsten Libereyen gedoppelt auffziehen/ damit er wolerwehnten Helden umb so viel magnifqver empfangen vnd tractiren <A1b> möchte.

Als sie nun zur audientz auffgeführet worden/ erschienen Sie in ihren gewöhnlichen Kleidern aus Rhenthier-Fellen gemachet/ mit sonderbahrer gravität und freyem Gesichte/ daß man leichtlich an ihren Stirnen abnehmen kunte/ daß sie zu herrlicher Dinge Verrichtung von der Natur gebildet worden/ und nach abgelegten Curialien that Alaricus die Proposition, ohngefehr folgenden Jnhalts: Ob wohl nicht ohn/ vnd die Erfahrung mehr als zu viel bezeuge/ daß die Tugend der Eltern nicht allezeit auff die Kinder und Nachkömlinge fortgepflantzet werde/ hätten [hättten]. Sie sich doch weit eines bessern zu den ihrigen versehen/ als welchen sie den rechten Helden-Muht dermassen eingepräget zu haben vermeyneten/ daß selbigen so gäntzlich abzulegen fast wie unmöglich scheinete; allermassen Sie dann auch ein solches in der That erwiesen: Und ungeacht man eine geraume Zeit nichts besonders von ihnen vernommen/ als das sie in ihren Clausen gelegen/ und nur verwehret/ daß nicht ihre Nachbarn ihnen ein vermeintliches Joch anlegen können; wären sie dennoch auff ein neues wiederumb auffgestanden/ und hätten der gantzen Welt deutlich gnug zu erkennen gegeben/ daß Sie von ihrem Geblüt entsprossen/ und die alte Tapfferkeit nur in ihnen geruhet/ nicht anders/ als etwan das Feur unter der Asche verborgen lieget/ und nur desto heller vnd gefährlicher herfür bricht/ wann es Lufft oder neue Materie bekommet: Ja/ daß sie auch noch wohl das Hertze hätten/ den Weg über das hohe Gebirge zu suchen/ und eine Walfahrt nach den Gräbern ihrer Uhr-Ahnen anzustellen.

Nichts desto weniger aber müsten sie anjetzo mit grossen Schmertzen erfahren/ daß sie in dem Kriege/ welchen sie neulich mit den Sarmaten, und dem [den] rest der alten Scythen angesponnen/ dermassen eingebüsset/ daß/ ob sie wohl anfangs einen nicht geringen Vortheil erlanget/ vnd ihre fürnembsten Plätze/ darunter die Hauptstadt selbst/ eingenommen/ ja/ was noch mehr ist/ dero König aus dem Lande getrieben; sie dennoch nunmehro auff einmahl alle occupirte Städte vnd Vestungen wider verlohren/ und mit blutigen Köpffen/ nebenst Verlust ihres Königes und dem Herrn des Kriegsheeres aus dem Reich gejaget worden/ <A2a> daß zu ihrem wieder-Auffkommen die geringste Hoffnung nicht verhanden.

Zwar sie wusten sich wohl zu erinnern/ daß das Glück/ wie in andern Dingen/ also auch vornehmlich im Kriege sehr wandelbahr/ vnd Er für seine Person könte es gnugsam ermessen an seinem Vorfahren Rhadagisus, welcher ob er gleich mit 200000. Mann in Jtalien eingefallen/ habe ihm dennoch der Römische Bürger-Meister Stillico allen Proviant abgeschnitten/ vnd dermassen geängstiget/ daß sein bestes Volck verloffen/ und nach einer harten Niederlage derer eine solche Menge gefangen/ daß man das Stück umb einen Goldgulden verkauffet. Ja Rhadagisus selbst sey in der Flucht ertappet/ vnd jämmerlich stranguliret worden.

Allein dieses Unglück hat ihnen so gar das Hertz nicht benommen; daß Sie auch hernach umb so viel desto muhtiger worden/ und kurtz darauff unter seiner Regierung die ewige Stadt Rom/ wie sie sich vergeblich rühmete/ eingenommen/ und gantz Jtalien/ andere Königreiche zugeschweigen/ unter sich gebracht/ und darinnen dermassen feste eingenistelt/ daß sie durch die lange Zeit mit den vorigen Einwohnern gleichsam in einen Klumpen geschmoltzen/ und hernachmals nicht so wohl die Gothen an sich selbst/ als nur bloß dero Namen an solchen Orten vertilget werden können. Solten sie nun anjetzo/ so sie anders jhre wahre Nachkommen wären/ auff einmal so Schachtmat worden sein/ daß sie Hand vnd Fuß sincken liessen/ und keine Hoffnung mehr übrig/ wäre es billig zu bejammern/ vnd ihnen höchstschimpfflich.

Zumahlen die Sarmater gegen die weichen Asiatischen Völcker zwar gute Soldaten/ aber mit den Mitternächtigen nicht zu vergleichen/ dieweil ihre Mannhafftigkeit in einer fliegenden Hitze bestehe/ welche durch die daurhaffte Nordische Spitze gar bald abgekühlet werde/ daß ihrer Volatischen Natur nachahnen/ und gleichsam in die Wette zu lauffen beginnen.

Damit sie aber gleichwol der Sachen waare Beschaffenheit erforschen und auskündigen möchten/ hätten sie sich länger in ihren Feldern zu erhalten nicht gewust/ noch das grosse jubiliren und Freuden-Fest/ welches allbereit/ aus Vergünstigung des Plutonis, eine gewisse Art der boschornen Pfaffen/ in ihrem Zimmer/ auch mitten in der höchsten Quaal und <A2b> Pein/ dermassen solenniter celebriret/ daß sie sich leichtlich die Rechnung gemacht/ es müsten die ihrigen mit diesen Leuten gar schlecht umbgangen seyn/ vertragen können.

Wiewohl sie bey ihrer Abreise aus der Unter-Welt allbereit wiederumb gute Hoffnung geschöpffet/ in dem so viel übel zugerichtete Sarmatier daselbst angelanget/ daß Charon noch eine neue Brahme verfertigen/ und Gesellen annemen/ umb solches Gesindlein zu überschiffen/ zumahlen sie nicht/ wie andere/ in dem Kahn unangebunden bleiben wollen/ besondern in grosse Fässer/ nicht anders als etwan Stock-Fische oder Hering/ eingepacket werden müssen/ daß sie sich nicht regen können. Woraus dann gnugsam zu schliessen/ daß sie zum wenigsten bey diesem Kriege keine Seide gesponnen/ besondern mehr Schläge/ als ihnen lieb gewesen/ darvon getragen.

Zudem hätten die unter-Jrrdische Richter sie alle zusammen in ein niedrig Gemach verbannet/ darinn sie nicht auffrecht/ sondern tieff gebückt stehen können/ und durch eine gelinde Hitze dermassen ausgedorret werden/ daß/ wie hübsch sie noch von aussen zu seyn scheinen/ man sie doch mit einem starcken Hauchen/ oder Kniplein-schlagen/ über den Hauffen werffen/ vnd zu Staub vnd Aschen machen kan. Gelangete demnach an den Apollo ihr bitten/ er wolle belieben/ ihnen hiervon gewissen Bericht ertheilen zu lassen/ und so es sich wieder Verhoffen also verhielte/ den Kriegerischen Mars ihrentwegen ersuchen/ daß er ihnen zu hülffe käme/ vnd die alte Mannheit wider einpflantzete: So es aber nur ein boßhafftiges und Lügen-Geschrey/ solte er auff die Autores inquiriren/ vnd sie/ dem Verdienst nach/ ernstlich abstraffen lassen/ damit sich andere daran spiegeln/ vnd sie hinfüro ohne Bekümmernuß ihre Elysische Felder durchspatziren möchten. Und dieses brachte Alaricus mit sonderbahrer gravität für/ daß es scheinete/ sie müsten zu ihren Nachkommen eine grosse Liebe tragen/ und sehr begierig seyn/ von dero Wolstath gewissen Bericht einzuziehen.

Apollo bedanckte sich zuförderst weitläufftig/ daß sie so ein gut Vertrauen zu ihm schöpfen wollen/ nechst angehängter Versicherung/ daß ihnen folgendes Tages ausführliche Relation darvon ertheilet <A3a>werden solte.

Damit sie dann auff dieses mahl ihren Abtritt nahmen/ und wurde ihnen der Argus zugegeben/ welcher ihnen die Raritäten im Parnasso weisen vnd darzeigen solte.

Hierauff ließ Apollo eilends seinen Geheimen Raht zusammen fordern/ vnd fragte den neulich angenommenen Estat-Secretarium Nicolaum Machiavellum von Florentz, welchem mit den vornehmsten Höfen in der Welt die correspondentz zu halten auffgetragen war/ in was für terminis doch der zwischen den Gothen und Sarmaten jüngst angesponnener Krieg bestünde. Dieser erzehlte nun nach der Länge: Wie nicht allein die Gothen in Sarmatia biß anhero noch nichts wieder eingebüsset/ besondern auch immerfort mehr glückliche Progressen gethan/ vnd gnugsam zuverstehen gegeben/ daß Sie noch die alten Schliche wüsten/ und/ wo Sie einmahl eingenistelt/ gar schwerlich daraus zu treiben wären. Fuhre darauff fort vnd discurrirte: Wie er nicht allein diesen Krieg auff der Gothen Seite für rechtmässig hielte/ wann er auch gleich keine andere Ursach hätte/ als daß Sie sich ein ebenmässiges bey gelegner Zeit von den Sarmaten befahren müssen; zumahlen es weit besser wäre/ einen andern anzufallen/ als stündlich gewärtig seyn/ daß er von Jhm überrumpelt werde/ vnd der erste Schlag gedoppelt gelte/ wenn er unversehens geschehe: besondern man hätte auch das templo zierlich in acht zu nehmen gewust/ daß es von keinen Ertz-Statisten bequemer designiret werden können.

Und weil es ja das Ansehen gehabt/ daß Sarmatien zur Beute gemacht werden solte/ wäre es besser/ Sie bemüheten sich auch einen guten Partickel davon zu tragen/ und diesem Adler etliche SchwingFedern auszurupffen/ oder etwan ihre Wapen mit einem geharnischten Reuter zu vermehren/ als ihren ungehobelten Nachbaren ein solch Leckerbißlein allein verschlucken lassen.

So hätten auch die Sarmaten durch das schädliche Mißtrauen gegen ihren König sich dieses Unglück muthwillig über den Halß gezogen/ dessen sich dann die Gothen so meisterlich zu bedienen gewust/ daß so bald bey dem ersten Einfall Sie gantze Provincien auff ihre Seite gezogen/ und gegen Jhre eigene Obrigkeit noch mehr verhetzet.

Zwar sey es nicht ohne/ daß selbige nunmehro der Kauff zweiffels-frey gereuen <A3b> möchte/ zumahln von einigen Friedes-Stöhrern Jhnen fälschlich vorgeplaudert worden/ ob wäre bey so gestalten Sachen unmüglich/ daß die ihnen von den Gothen versprochene immunitäten gehalten werden könten/ wiewohl seiner Meynung nach/ ein Potentat seine gethane Promissen schlechter Dinge zu halten nicht befugt/ und wären die ertheilte Privilegien nicht anders/ als das Spiel und Poppenwerck/ welches man den weinenden Kindern gebe/ umb Sie zu stillen/ und zur Ruhe zu bringen/ aber wieder hinweg nehme und verstecke/ wenn es gut zu seyn gedünckte. Also meineten die Sarmaten, Sie würden ohne alle Beschwerden und Aufflagen den Gothen unterthan seyn können; weil sie von den verlogenen Pfaffen aber eines andern beredet worden/ begunten sie sich zu streuben und zu empören: allein Sie wären bereits zerstreuet/ und hätte sich der Feind unter ihnen dermassen eingenistelt/ daß ihnen ihre Macht zusammen zu ziehen unmüglich wäre: Müsten sie also einzelen und zertrennet das Joch an den Halß/ und ein neu Gebiß in den Mund legen lassen. Apollo hatte diese des Secretarii Rede mit etliche mahl verdecktem Gesichte angehöret; und sprach: Ey/ ist dem also/ wie mir nicht zweiffelt/ woher ist denn diß Geschrey entsprungen/ welches auch diese fürtreffliche Helden in den Elysischen Feldern dermassen zu erschrecken mächtig gewesen/ daß Sie für Bekümmernuß daselbst nicht bleiben können? Vermeynet man dann/ daß durch ein ungegründetes Gerücht das verlohrne wieder zu erlangen sey/ oder das Lügen-Brieffen (!) eine wolgefasten (!) Kriegs-Macht auffhalten oder zurück treiben werden? Solten wol die Gothen nach dem Exempel der Tanaqvil den Todt ihres Königs zu verhelen Ursach haben/ oder würde dadurch der Krieg gantz auffgehoben seyn/ wann sie schon einmal unglücklich gefochten? Warlich es wäre von Politicis eine schlechte Klugheit/ bey Unterfangung eines so wichtigen Werckes sich nicht auff beyde Fälle geschickt machen/ damit/ es schlage gleich aus/ wie es wolle/ man niemals ohne Mittel zu widerstehen erfunden werde. Müssen es also sehr unverschamte und unverständige Tropffen [Tröpffen?] seyn/ so aus einer [eine] erdichteten Niederlag eine Streitbare Nation gantz und <A4a> gar ruiniret haben wollen. Dergleichen Leuten muß billich das Maul gestopffet werden/ daß Sie ein andermahl von Sachen/ die ihren Verstand übersteigen/ zu judiciren scheu tragen mögen.

Als hier Apollo zu reden auffhörete/ fienge Printz Wilhelm von Uranien, den Jhre Maytt. auch zu dieser deliberation mit beruffen lassen/ an/ und sagte/ wie Er es nicht allein aus allen Umbständen abnehmen könte/ besondern er habe auch gewisse Nachricht/ daß alle dieses bösen Geschreys diejenige Pfaffen Ursach wären/ welche ein verlahmter [vrelahmter] Cantabrigischer Landsknecht/ Namens Ignatius Lojola, nunmehr vor ohngefehr 116. Jahren ausgehecket/ und in der gantzen Welt als die Heuschrecken herumb gestreuet. Denn dieses sey ihre rechte Art/ daß gleich wie ihr gantzes Wesen in einer erdichteten und zum Schein angenommenen Heiligkeit bestehet/ also wollen Sie jederman die Augen verkleistern/ und durch Fabeln und Lügen grosse Dinge ausrichten. Dannenhero/ weil Sie sehen/ daß durch der Gothen Progressen in Sarmatia ihre Herrschafft in ein zimliches Abnehmen gerathen dörffte/ massen man ihnen allbereit an etlichen Orten das migrate vorzusingen angefangen/ suchen sie alle Mittel an die Hand/ wie sie doch dieser Gäste wieder entlediget werden möchten. Drumb/ die Sarmatier zu einem allgemeinen Auffstand zu erwecken/ sprengen sie aus: Die Gothen wären mit sampt ihrem Könige auffs Haupt erleget/ und mangele an nichts/ als daß man den hin- und wieder zerstreueten rest vertilge/ und die Eyer mit dem Nest auffhebe/ und mag ihnen wol die Sicilianische Vesper im Traum vorkommen seyn.

Allein es ist ein bessers über die Gothen beschlossen/ und haben die Pfaffen nichts anders damit ausgerichtet/ als daß sie die Sarmatier theils umb Gut und Blut/ theils aber in harte Dienstbarkeit gebracht haben.

Und eben diese Plätlinge sind die jenigen/ welche diese beyde berühmte Nationen zu erst in einander gehetzet/ daß ein beständiger Friede zwischen ihnen mehr zu wündschen/ als zu hoffen/ in dem sie König Sigismundum dahin verleitet/ daß Er wieder geleistetes hochtheures Jurament in Gothiam einen andern GOttes-Dienst einführen wollen/ darüber dann selbiges <A4b> Reich verlohren gangen/ und so blutige Fehden erreget worden. Und wäre zu wündschen/ daß alle Potentaten und Republiqven der Durchläuchdigsten [Durchläudigsten] Signoria von Venedig in diesem Stück nachfolgeten/ und solche Logolitische Höllenbrut überall außjageten/ so würde es gewißlich besser zustehen/ und mancher tapferer Geist/ dem durch ihre Meuchel-Waffen der Lauff verkürtzet worden/ der Welt mehr Nutzen schaffen können.

Jn Warheit/ es ist sich höchst zu verwundern/ daß sich solche leydige Gesellen für Politicos ausgeben wollen/ da doch keine Elendere in der gantzen Welt zu finden/ als welche alle diejenigen/ die ihren (!) Raht gefolget/ in eusserstes Unglück gestürtzet/ und dero Reich keines Weges vermehret/ sondern vermindert haben.

Andere zu geschweigen/ sehe man nur das Haus Oesterreich an/ hat solches nicht durch dieser Zurathen einen unaussprechlichen Schaden gelitten/ und so viel herrliche Provincien mit dem Rücken ansehen müssen? Zwar/ daß sie bey solchem Hause so tieff eingewurtzelt/ und ein hohes Ansehen überkommen/ scheinet dannenhero geschehen zu seyn/ weil sie alles unter dem Deck-Mantel der GOttesfurcht und Fortpflantzung der Religion, mit Zuthun des abergläubischen Frauen-Zimmers/ so meisterlich zu treiben gewust/ daß man bey Furcht der Höllen-Pein ihre Begierden erfüllen müssen: Allein/ daß Sie auch anjetzo etliche Mercurialische Köpffe/ denen sonst ein Profitgen zu machen lieber/ als alle Religion, dermassen eingenommen/ daß sie sich einbilden/ eine Handvoll Korn-Händler oder Theer-Krämer könten es wol den Muthigen Spartanern zuvor thun/ welche unter ihrem König Leonida mit etlichen 100. Mann die unzehliche Macht Xerxis anzugreiffen/ und deroselben grosses Leid anzufügen vermocht; darob ist sich billig in Ansehung ihrer angemasseten Vorsichtigkeit nicht wenig zu verwundern.

Solten sich wol etwan diese gute Leute in Sinn ziehen: Dantzig sey aus dem zerstöhrten Carthago oder Numantia erbauet/ oder die alten Trojanischen Helden hätten sich durch eine Pythagorische metempsychosin in die Dantziger Patricios eingeschliechen/ daß sie auch des Achillis Waffen <B1a> stumpff machen könten? Vielleicht soll Jhre Münde nunmehro Salamin genennet werden/ ob schon kein Themistocles verhanden; oder sie haben etwann einen Paris bekommen/ der aber keinen Hector zum Bruder hat. Diese arme Tropffen werden überall ihren Scipionem finden/ und der Gothen Hitze wird diese dürfftige Wachsmännerlein gar bald zerschmeltzen. Besser were es man liesse Da pacem Domine mit Güldenen Buchstaben auff die hohe Wälle schreiben/ als trotziglich darauff umbher spatzieren/ so lange kein Feind vorhanden. Auff fremde Hülffe sich zuverlassen ist ihnen höchst gefährlich/ und weil bey dieser Zeit die Autorität der Seemänner nicht mehr so hoch bey den Finnischen Scheeren geachtet werden (!)/ weil sie ihre Hauptfamilie, von der sie in Ruhm gebracht/ zu vertilgen sich unterstehen dürffen.

Biß anhero haben sie sich in ihrer correspondence lustig gemachet/ und auff den Börsen etliche Hundert Tausent Mann gemustert/ mit welchen sie die Gothen alle umringet/ und in unzehlich viel Milionen Stücken zerhacket/ daß man zu Sendomir zwölff Kahnen mit den Ohren der Erschlagenen befrachtet/ welche unlängst in Dantzig angelanget wären.

Hierinnen [Hierinninen] haben ihnen ihre Mitbrüder treulich beygestanden/ welche ihre Capitalen nicht umb ein geringes verbessert/ daß sie auff die Lügen groß interesse geschlagen. Mich däucht/ es wird die Hauptsumma mit den eingebildeten Zinsen gar bald in die Lufft verfliegen/ und wenig 1000. Ducaten zu verwetten mehr übrig seyn. Jch wolte den für den künstlichsten Alchimisten halten/ der den Junckerhoff zu Dantzig in das Rathauß oder Arsenal zu Venedig, oder Theerbutten in den Schatz von Sancto Marco daselbst verwandeln könte. Es ist weit ein andere Sache/ ein gut journal oder Monatbuch zu halten als eine Armee im Felde zu conserviren; und fällt viel leichter/ einen Rabat zu machen/ als den Feind in die Flucht zu schlagen. Vorhero errathen können/ welche Wahren steigen oder fallen werden/ ist bey den Kauffleuten die grösseste Kunst/ aber für nichts zu achten gegen die/ welche einen Estat der massen disponiren kan/ daß er allezeit/ es gehe/ wie es wolle/ auffrecht bestehen bleibe. Besser wäre es/ wenn ein jedweder mit demjenigen/ so seinem Stande gemäß/ umbgienge/ und auß der Börse kein Kriegsrath gemacht würde.

Und dieses habe Euer Maytt. ich wegen der Uhrheber und Fortpflantzer solcher wiederwertigen Zeitungen erinnern [errinnern] wollen/ zu dero Belieben [Beleiben] stellende/ wie sie diesem Gesindlein den Krahm zuverbieten gedencken.

Apollo lächlete ein wenig/ weil er auß geführtem discurs leichtlich abnehmen kunte/ daß dieser beyder Art Leute Jhm gar schlechten favor müsten erwiesen haben/ und nach dem er seinen Cantzler/ daß er einige Befehle concipiren/ wie auch dem Stat-Secretario, <B1b> daß er der Gothen bißherige Verrichtungen in Samaria [- Sarmatio?] zu Papier bringen solte/ anbefohlen hatte/ ließ er zur Taffel blasen/ und die drey Gothischen Helden durch Silenum und Ganimedem prächtig auffholen [anffholen]/ und nach verrichteten Ceremonien nieder sitzen.

Unter währender Mahlzeit gab es allerhand discursen/ und brauchten sich die Musen jhrer Instrumenten wohl/ umb diese fremde Herren frölich zu machen. Apollo selbst fieng an sich sehr lustig zu erzeigen/ und dem Alarico ein groß Chrystallinen Glaß auff [anff] Gesundheit des jetztregierenden Königs der Gothen zuzubringen.

Bey welchem herumb trincken Clio und Caliope eine schöne Concerte machten/ derer Jnhalt war: Daß der Septentrio noch die gantze Welt herschen solte/ welches sie aus Sybillischen Weissagungen genommen/ und versweise elaboriret hätten.

So ließ Tiresias eine Prophezeyung über der Taffel austheilen/ darinnen des Nordischen Carls fürtreffliche Thaten/ und mächtiges Reich fürgebildet war. Zu letzt kam auch Vulcanus angestochen/ welcher König Carln zum besten ein noch künstlicher Netze verfertiget/ als dasjenige gewesen/ darinnen er seine Venus mit dem Mars zusammen [znsammen] geschmiedet/ umb solches den Pohlen über den Kopff zu werffen/ daß sie sich weder kehren noch wenden könten.

Mit diesen und andern dergleichen lustigen Discursen/ worbey auch Silenus des Einschenckens nicht vergessen lassen/ wurde die Zeit zugebracht/ biß der Abend heran nahete/ und die Gäste Abscheid nahmen/ welche dann vom Apollo freundlich demittirt/ und mit einem herrlichen außstafierten Zimmer versehen worden. Er selber auch/ nach dem Er seinem Hatschierer-Hauptmann dem Aristomeni von Messena Ordre gegeben/ daß er überall doppelte Post außsetzen solte/ damit [dar mit?] nicht etwan die aus Sarmatia vertriebene Pfaffen sich in Parnassum einschleichen/ und alles mit Lügen erfüllen möchten/ begab sich zur Ruhe/ mit Befehl/ daß man Jhn Morgen beyzeiten auffwecken solte.

Des andern Tages ließ er die drey Helden wiedrumb solenniter zur Audientz erfordern/ und redete Sie ohngefehr folgender gestalt an: Daß er sich nehmlich nochmals bedancke für die gute Zuversicht/ so Sie zu Jhm getragen/ und wie er allbereit versichert/ daß mit ihren Nachkömlingen nicht allein keine Noth haben werde/ besondern nichts/ alß dero Wachsthum und Flor, von den Göttern beschlossen; Also hätte Er/ umb [nmb] sie desto besser zu informiren/ durch seinen Secretarium, was sie biß anhero außgerichtet/ auffzeichnen lassen/ und ihnen mitgeben wollen/ mit versprechen/ daß ihnen künfftig von allen Dingen gewisse Nachricht solle ertheilet werden.

Und weil die Pfaffen und einige super-kluge Handels-Leute so wiederwertige Zeitungen zu erdichten/ und außzubreiten sich gebrauchen [gebranchen] lassen/ als habe Er/ umb sie abzustraffen/ und solchem Ubel hinführo <B2a> vorzukommen nachfolgende Verordnung gethan/ welche der Secretarius anjetzo jhnen mit lauter Stimme ablesen solte.

Prämissis prämittendis [P.P.]

Nach demmahlen Wir in Erfahrung kommen/ die Lojoliten/ so sich ihrer Profession nach einig und allein zum Gottesdienst und information der Jugend gewidmet haben wollen/ auch in die Estat-Cabineten einzuschleichen/ und alles mit Lügen/ Raub und Mord zu erfüllen keinen Scheu tragen/ und aber allen Reichen und Republiquen mercklich daran gelegen/ daß solche Lügner und Verführer außgejaget/ und öffentlich für der Welt zu schanden gemacht werden: Als haben wir unter Direction des Durchläuchtigsten Leonhardi Donati, Hertzogens zu Venedig, die Hochwürdige/ Wolgeborne/ Edle und Hochgelahrte unsere Räthe und liebe getreue Herren/ Johannem Silicium, Ertzbischoffen zu Toleto, Petrum Hardivillerium, Rectoren der Hohen Schul zu Pariss, Laurentium Boucerstum, Carolum Molinaeum, Stephanum Pasquerium, Noen Bruslardum zu Inquisitoren und Commissarien/ Paulum Servitum aber und Johannem Passeratium zu dero Secretarien verordnet/ und befehlen Jhnen hiemit und in Krafft dieses/ auff obgemeldte Personen aller Orten und Enden/ absonderlich aber in den Raths-Stuben fleisigst zu inquiriren/ und/ wo sie angetroffen werden/ mit einem Brandmahl vor die Stirne ohne allen Vnterscheid oder Entschuldigung zu bezeichnen/ auch angehendes auff denen hierzu außgerüsteten Galleen nacher Nova Zembla überbringen zu lassen/ damit sie daselbsten in unsern unlängst erfundenen Goldgruben embsig arbeiten/ und bey unsern bestellten Berg-Voigten ihr Leben in hartester Dienstbarkeit/ gleich denen zum Tod verdammeten/ zubringen mögen.

Gestaltsam wir dann aldar allbereit die Verordnung gethan/ wie ihr Refectorium angestellet werden soll/ und sie wohl zu verwahren/ daß nicht einer von ihnen entkommen/ und die Welt auff ein neues turbiren könne. Hieran vollbringen sie unsere ernste Meinung/ und wir sind ihnen in Gnaden gewogen.

Die andere Constitution lautete von Wort zu Wort also: <B2b>

OB wir wol der gäntzlichen Hoffnung gewesen/ es würde der Reiche Orient und die gegen Westen erfundene Länder und Reich so viel Specereyen und andere köstliche Wahren herfür geben können/ daß auch die allerklügesten Handels-Leute mit derer Umsetzung und Verkauffung gnug zu schaffen hätten/ ist nichts desto weniger unlängst zu Ohren gebracht worden/ wie daß sich deren eine grosse Anzahl unterstanden/ eine neue Handlung mit Novellen anzurichten/ und die Stapel zu Amsterdam und Hamburg zu verlegen/ auch über diß anjetzo auff den Börsen nichts/ als von Kriegs- und Regiments-Sachen geredet werden wolle. Wann nun hiedurch den höchstnöthigen Trafiquen nicht allein mercklicher Schade zugefüget wird/ in dem sich der Handelsmann mehr umb ihm unbegreiffliche Sachen/ als umb den Preiß der Wahren/ und andere ihm anstehende Dinge bekümmert: Besondern der Neue Zeitungs-Handel auff lauter Unwarheit und Vanitäten gegründet/ worüber ihn keine Octroy ertheilet werden kan: Zumahlen unser freundlicher geliebter Herr Bruder Mercurius seine hierunter tragende displicentz so wol in Schrifften/ als Mündlich/ satsam contestiret/ auch diesem Unheil abzuhelffen. Vns zugleich gültige Plenipotenz auffgetragen. Als befehlen wir für Uns/ und im Nahmen hochgemeldten unsers Herrn Bruders/ allen und jeden/ so sich in erwehnte Compagnie begeben haben/ hiemit ernstlich daß sie nach Publication dieses unsern Befehls von Stund an die gemachte Geselschafft renunciiren/ und bey Verlust des Credits sich von dero Versamblung enthalten.

Und im Fall einer oder ander betreten werden soll/ der auff der Börse von andern/ als Handlungs-Sachen/ ohne fundament/ wie sie pflegen/ zu urtheilen sich unterstünde/ wird unsern Fiscalen hiemit anbefohlen/ dergleichen Gesellen die Handelung zu verbieten/ und in dem neuen Prillen-Krahm zu gebrauchen/ auff daß sie hinfüro die alten Weiber damit versehen und mit ihnen der Gnüge nach unnötige Reden anstellen können. Darnach sich ein jeder zu richten und für Schimpff zu hüten.

Nach verlesung dieses/ ließ Apollo den Dreyen Helden hiervon Copiam ertheilen: Welche dann/ nach beschehener Dancksagung/ wiedrumb ihren Abschied nahmen und frölich davon zogen.


tg, 6/2002