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Gelerntes besser behalten und langfristig anwenden

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen an Forschungsgruppe zum nachhaltigen Lernen beteiligt

Nr. 120 • 5. August 2022

Wie muss Wissen vermittelt werden, damit es lange erhalten bleibt und flexibel eingesetzt werden kann? Mit welchen Strategien lässt sich das sogenannte Bulimie-Lernen vermeiden? Wie können Lerninhalte fachdidaktisch sinnvoll aufbereitet werden, um nachhaltiges Lernen zu fördern? Derartige Fragen stehen im Mittelpunkt einer neuen interdisziplinären und standortübergreifenden Forschungsgruppe, an der auch die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) über die Fachgebiete Physikdidaktik und Psychologie beteiligt ist.

Die Forschungsgruppe unter Federführung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) beschäftigt sich mit den vielfältigen Facetten des nachhaltigen Lernens und will  einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung effektiver Lehr-Lernszenarien und einer Theorie des nachhaltigen Lernens in Bildungskontexten leisten. Für die kommenden vier Jahre wird das Konsortium von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 4,2 Millionen Euro gefördert. Eingebunden sind Forscherinnen und Forscher der Universitäten Kassel, Bochum, Duisburg-Essen, Freiburg, Gießen, Osnabrück, Passau, Tübingen und der TU München. Für die JLU bringen Prof. Dr. Claudia Aufschnaiter, Institut für Didaktik der Physik, und Prof. Dr. Alexander Eitel, Pädagogische Psychologie, jeweils ihre fachliche Expertise ein.

„Vieles von dem, was in der Schule gelernt wird, kann bereits nach relativ kurzer Zeit nicht mehr aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden. Wir verstehen nachhaltiges Lernen als eine Form des Lernens, das einem schnellen Vergessen entgegenwirkt und Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt, das erworbene Wissen auch später noch anzuwenden“, beschreibt der Würzburger Psychologe und Sprecher der Forschungsgruppe (JMU) Prof. Dr. Tobias Richter den Forschungsgegenstand.

In der Psychologie und den Bildungswissenschaften ist nachhaltiges Lernen eines der zentralen Themen. Bislang, so der Sprecher, habe sich die experimentelle Lehr-Lernforschung fast ausschließlich auf die Untersuchung von Lernergebnissen innerhalb relativ kurzer Zeiträume konzentriert. Viele Studien seien im Labor durchgeführt worden. Diese Laborexperimente seien jedoch nur eingeschränkt auf das langfristige Lernen in realen Umgebungen übertragbar. Die Forschungsgruppe will dazu beitragen, diese Wissenslücke zu schließen. Dafür stützt sie sich auf ein Rahmenmodell, das die Forschung zu sogenannten „wünschenswerten Erschwernissen“ beim Lernen mit dem Prinzip des „sinnvoll eingebetteten Lernens“ verbindet. Dies soll das Behalten und den Transfer ermöglichen.

  • Acht Projekte

In acht Projekten will die Forschungsgruppe die Rollen des Lernsettings, von Merkmalen der Lernenden und deren Interaktionen beim nachhaltigen Lernen untersuchen. Dabei konzentriert sie sich auf die Effekte von drei zentralen wünschenswerten Erschwernissen auf langfristiges Lernen und den Transfer:
1)    Beim verteilten Lernen werden Übungen und Wiederholungen des Lernstoffs auf mehrere Lernphasen verteilt, anstatt den Stoff am Stück zu lernen.
2)    Verschachteltes Lernen bedeutet, dass unterschiedliche Inhalte abwechselnd im Unterricht behandelt werden und nicht, wie üblich, in Form thematisch abgeschlossener Blöcke.
3)    Beim Training des Abrufs werden Übungstests zum Beispiel in Form von Abfragen schon in der Lernphase genutzt, um Gedächtnisinhalte zu stärken und langfristig verfügbar zu machen.
Kombiniert wird dies mit dem „Prinzip des sinnvoll eingebetteten Lernens“. Es besagt, dass das Verstehen von Lerninhalten eine wichtige Voraussetzung für das langfristige Behalten ist. In allen Projekten sind experimentelle Studien in verschiedenen Schulformen in den Fächern Biologie, Mathematik, Deutsch und Physik geplant. Dabei arbeiten Forschende aus Psychologie, Erziehungswissenschaften und Fachdidaktiken eng zusammen.

  • Gießener Projektbeitrag

Im Projekt mit Gießener Beteiligung wird es um nachhaltiges Lernen im Mechanikunterricht der gymnasialen Oberstufe gehen. Prof. von Aufschnaiter betont: „Die physikdidaktische Forschung zeigt hier schon seit Jahrzehnten, dass Schülerinnen und Schüler zentrale Konzepte sehr schnell wieder vergessen.“ Prof. Eitel sieht gerade in der disziplin- und standortübergreifenden Zusammenarbeit einen wesentlichen Mehrwert: „Lernprozesse finden immer gegenstandsbezogen statt, hier können wir unsere spezifischen Expertisen optimal einbringen und zusammenführen.“

  • Weitere Informationen

https://www.psychologie.uni-wuerzburg.de/paepsy/mitarbeiterinnen/richter/
http://www.uni-giessen.de/physikdidaktik
https://www.uni-giessen.de/fbz/fb06/psychologie/abt/paed-psy/pp-eitel

  • Kontakt


Institut für Didaktik der Physik der Justus-Liebig-Universität Gießen
Karl-Glöckner-Straße 21C, 35394 Gießen
Telefon: 0641 99-3353


Pädagogische Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen
Otto-Behaghel-Straße 10 D, 35394 Gießen
Telefon: 0641 99-26200

 

 

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Schlagwörter
Forschung