Inhaltspezifische Aktionen

Prof. Lore Steubing – ein Leben für die Pflanzenökologie

JLU würdigt Pflanzenökologin und erste Professorin Lore Steubing zum 100. Geburtstag mit einem Festakt – Eröffnung einer Wanderausstellung

Nr. 15 • 27. Januar 2022

Prof. Dr. Dr. h.c. Lore Steubing † (Archivbild aus dem Jahr 2008, Festakt „100 Jahre Frauenstudium an der Universität Gießen“) Foto: JLU-Pressestelle, Bildarchiv / Maria Sikorski
Erinnerung an die vorbildliche Pionierarbeit einer herausragenden Wissenschaftlerin: Das Institut für Pflanzenökologie der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen gedenkt der im Januar 2012 verstorbenen Professorin Dr. Dr. h.c. Eleonore („Lore“) Steubing anlässlich ihres 100. Geburtstags mit einem Festakt. Zugleich wird die Wanderausstellung „Lore Steubing – Eine Menge an Energie“ eröffnet, die vom Institut für Biologiedidaktik der JLU für das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) erstellt wurde. Die Veranstaltung wird am 1. Februar 2022 um 18.00 Uhr im Hörsaal C5b sowie im Foyer des Chemiegebäudes, Heinrich-Buff-Ring 17+19, stattfinden. Der Festakt kann im Livestream unter https://www.youtube.com/watch?v=Lf_gShAcyts verfolgt und auch im Nachhinein abgerufen werden.

Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind herzlich eingeladen. Der Festakt findet unter 2G+Bedingungen statt; eine vorherige Anmeldung an pressestelle@uni-giessen.de ist nötig.

„Prof. Lore Steubing war eine außergewöhnliche Persönlichkeit und herausragende Wissenschaftlerin. Ihr Name steht seit über 50 Jahren für die Bedeutung der Pflanzenökologie nicht nur in Gießen, sondern weit darüber hinaus. Sie ist Botschafterin der Justus-Liebig-Universität Gießen und hat den Namen der Universität in die Welt getragen“, erklärt Prof. Dr. Christoph Müller, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pflanzenökologie (IFZ) der JLU und zweiter Nachfolger von Prof. Lore Steubing.

Nach einer Begrüßung durch JLU-Vizepräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Kramer sowie einem Grußwort des HLNUG-Präsidenten Prof. Dr. Thomas Schmid wird Prof. Dr. Christoph Müller im Rahmen des Festakts einen Einblick in das Leben und Wirken von Prof. Lore Steubing geben. Sie war die erste Professorin der JLU – zu einer Zeit, als es in der Bundesrepublik kaum Frauen auf Lehrstühlen gab. „Ihre heutige Bedeutung resultiert nicht zuletzt auch daraus, dass sie in der Pflanzenökologie eine wichtige Wissenschaft für den Umweltschutz und das Klima erkannte. Ihre Arbeiten in Bezug auf die Erforschung der Zusammenhänge von Pflanzen, Boden und Luft waren wegweisend und Ausgangspunkt der heutigen international ausgerichteten Arbeit des Instituts für Pflanzenökologie“, so Prof. Müller. Lore Steubings Schüler und enger Weggefährte Prof. Dr. Andreas Fangmeier sowie ihr Neffe Dr. Jost Haneke werden ebenfalls aus ihrem Leben berichten.

Prof. Dr. Dr. h.c. Eleonore („Lore“) Steubing

Lore Steubing wurde am 1. Februar 1922 in Hamm/Westfalen geboren. Schon während der Schulzeit entdeckte sie die Liebe für die Biologie und die ökologische Forschung. Dieses Interesse führte sie nach dem Abitur im Jahr 1939 zum Biologiestudium an die Friedrich-Wilhelms-Universität (heute Humboldt Universität) in Berlin. Da sie das Studium kriegsbedingt dort nicht fortsetzen konnte, zog sie mit ihrem Vater und ihrer sehr geliebten Stiefmutter (ihre Mutter war kurz nach ihrer Geburt verstorben) nach Greifswald/Pommern, dem Geburtsort ihres Vaters. Dort setzte sie ihr Studium an der Ernst-Moritz-Arndt Universität fort. In den ersten, sehr schwierigen Nachkriegsjahren arbeitete sie neben ihrem Studium unter anderem als Schafschererin, Stallmagd und Melkerin. Ihr Studium schloss sie 1947 mit der Promotion über „Beiträge zur Ökologie der Hiddenseer Strandpflanzen unter besonderer Berücksichtigung der Wurzelsysteme“ ab. Von dort aus folgte sie einem Ruf der Pädagogischen Hochschule in Potsdam. Ende 1952 habilitierte sie sich dort im Fach Botanik und lehrte bis Ende 1956 die Allgemeine Botanik und Geobotanik.

Anfang 1957 floh sie über Berlin (West) in die Bundesrepublik, obwohl sie kurz zuvor in Potsdam eine Professur mit Lehrauftrag für Allgemeine Botanik und Geobotanik erhalten hatte. Aufgrund eines wissenschaftlichen Kontakts wählte sie Gießen als Anlaufpunkt. Trotz anderer Möglichkeiten, etwa ein Ruf zur ETH Zürich und ein Wechselangebot zur UNESCO in Paris, blieb Gießen bis zu ihrem Tod im Jahr 2012 der Lebensmittelpunkt von Prof. Steubing.

Der Start in Gießen war für sie allerdings alles andere als einfach. Bevor sie eine Assistentenstelle erhielt, musste sie sich mit einer Aushilfstätigkeit beim Deutschen Wetterdienst bescheiden. Erst 1969 erreichte sie ihr angestrebtes Ziel: Sie wurde ordentliche Professorin und erste Direktorin des neu gegründeten Instituts für Pflanzenökologie, das sie bis zu ihrer Emeritierung leitete und systematisch weiterentwickelte.

Für Lore Steubing war es von zentraler Bedeutung, Fragen der Pflanzen- und Agrarökologie sowie deren Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse ganzheitlich zu sehen. Eine Erkenntnis, die gerade in jüngster Zeit vor dem Hintergrund der globalen Probleme zurecht betont wird. Interdisziplinäre Forschungsansätze und internationale Zusammenarbeit sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche Erforschung der globalen komplexen Fragen im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Prof. Steubing hat dies früh erkannt. Um die Bedeutung ökologischer Forschung in Deutschland besser zu vernetzen und sichtbarer zu machen, wurde auf ihre maßgebliche Initiative hin 1972 in Gießen die „Gesellschaft für Ökologie“(GFÖ) gegründet und durch sie als Gründungspräsidentin geleitet. Heute ist die GFÖ eine der größten ökologischen Gesellschaften Europas.

Darüber hinaus hat sie sich auch für internationale Forschungszusammenarbeit eingesetzt, eine Vielzahl von Exkursionen in zahlreiche Länder durchgeführt und erfolgreich Forschungsnetzwerke u. a. mit Chile, China, Kolumbien, Ungarn und der Zentralafrikanischen Republik begründet. In Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Lebensleistung wurde sie mit dem „Deutschen Umweltschutzpreis 1982“ ausgezeichnet.

Die Pflanzenökologie war für Prof. Lore Steubing keine isolierte Wissenschaft von einigen wenigen Experten, sie sah darin vielmehr die Grundlage für das Verständnis unserer Ökosysteme, für die wir deshalb auch alle gemeinsam Verantwortung tragen und sie gemeinsam schützen müssen. Diesen Anspruch hat sie auch nach ihrer Emeritierung in ihrer weiteren internationalen Arbeit gelebt und ihr reichhaltiges Wissen weitergegeben, u.a. als Honorarprofessorin in Shanghai, China, und Valdivia, Chile.

Lore-Steubing-Institut

Das Land Hessen hat im Juli 2021 das Lore-Steubing-Institut (LSI) als universitätsübergreifenden Forschungsverbund gegründet. Das LSI ist ein Zusammenschluss des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), der Universitäten Gießen, Darmstadt, Marburg, Kassel und Frankfurt am Main, der Hochschule Geisenheim University sowie der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Mit dem Lore-Steubing-Institut wird die Biodiversitätsforschung in Hessen gebündelt, und Forschungseinrichtungen und der behördliche Naturschutz in Hessen arbeiten zukünftig noch enger für den Natur- und Artenschutz zusammen.


https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/lore-steubing-institut


  • Termin

Festakt und Ausstellungseröffnung „Lore Steubing – Eine Menge an Energie“
am 1. Februar 2022, um 18 Uhr
Veranstaltungsort (nur nach Voranmeldung): Hörsaal C5b und im Foyer, Chemiegebäude, Heinrich-Buff-Ring 17+19, 35392 Gießen.


  • Weitere Informationen

Die Ausstellung ist anschließend öffentlich, zunächst in der JLU, zugänglich. Einzelheiten sind unter https://www.uni-giessen.de/fbz/fb08/Inst/pflanzenoek/termine/100geb abrufbar.
Link zum Festakt: https://www.youtube.com/watch?v=Lf_gShAcyts
LSI: https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/lore-steubing-institut


  • Kontakt


Professur für Experimentelle Pflanzenökologie
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pflanzenökologie (IFZ) der JLU Gießen
Heinrich-Buff-Ring 26; 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-35300


Presse, Kommunikation und Marketing • Justus-Liebig-Universität Gießen • Telefon: 0641 99-12041