Inhaltspezifische Aktionen

Vogelklinik der JLU begleitet Modellprojekt zur Kontrolle der Wildgänse im Werratal

Maßnahmen zur Lenkung der Tiere werden wissenschaftlich überprüft – Grau- und Nilgänse können in der Landwirtschaft und an Badestellen für Probleme sorgen

Nr. 82 • 30. Juni 2021

Ein voller Erfolg für den Naturschutz, aber die zunehmende Zahl von Wildgänsen – im Bild sind Graugänse auf einer Ackerfläche zu sehen – bereitet auch Probleme. Foto: Johann David Lanz

Seit rund 15 bis 20 Jahren nehmen die Bestände von Wildgänsen in Deutschland rasant zu. Was aus Sicht des Naturschutzes ein voller Erfolg ist, bereitet an anderen Stellen zunehmend Probleme. Die geselligen Tiere, die häufig in Verbänden mit über 100 Exemplaren auftreten, können in der Landwirtschaft große Fraßschäden verursachen oder Badestellen stark verunreinigen. In dem Modellprojekt „Wildgänse im Werratal“ unter der wissenschaftlichen Leitung der Klinik für Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) werden seit rund zwei Jahren verschiedene Maßnahmen entwickelt, um die Bestände zu kontrollieren und die Tiere von Stellen fernzuhalten, an denen sie Probleme bereiten.

Im Werratal finden sich im Winterhalbjahr teilweise über 1.000 Grau- und Nilgänse ein; im Sommerhalbjahr sind es mit ca. 400 Wildgänsen deutlich weniger. Gänse bevorzugen Grünlandflächen sowie Raps- und Getreideschläge mit niedrigem Bewuchs, wo Feinde wie der Fuchs frühzeitig erkannt werden können. Dort bleiben sie für einige Tage und können in dieser Zeit große Fraßschäden – etwa an Winterraps oder Winterweizen – verursachen. Ihr Vorliebe für Grünflächen führt sie auch an die Badestellen der großen Seen rund um Eschwege. Wegen ihrer oberflächlichen Verdauung benötigen sie sehr viel Nahrung, die rasch wieder ausgeschieden wird. Da Gänse etwa alle fünf Minuten einen Kothaufen absetzen, können schon wenige Tiere die Badestellen innerhalb kürzester Zeit massiv verdrecken.

Um diesen Problemen zu begegnen, wurden im Rahmen des Projekts von Vertreterinnen und Vertretern aus Naturschutz, Jagd und Landwirtschaft gemeinsam verschiedene Maßnahmen entwickelt. Oberstes Ziel ist die Lenkung der Wildgänse weg von landwirtschaftlichen Schlägen und Badestellen. Dort werden die Gänse koordiniert bejagt und vergrämt. Landwirte und Jäger stehen hierfür in engem Austausch miteinander. Andererseits werden durch die Landwirte vermehrt Zwischenfrüchte ausgebracht, auf denen die Gänse ungestört fressen können und dürfen; dort findet keine Jagd statt.

Ob die in den letzten beiden Jahren gemeinsam entwickelten Maßnahmen ihre lenkende Wirkung wirklich entfalten konnten, soll jetzt überprüft werden. Dazu wurden Anfang Juni 2021 zehn Graugänse an einem Angelteich nahe Eschwege gefangen und mit GPS-Telemetries-Sendern ausgestattet. „Wir können auf diese Weise ihre Bewegungen genau nachvollziehen“, erklärt Projektleiter Johann David Lanz von der AG Wildtierforschung der Vogelklinik. „Wir erhoffen uns damit Hinweise darauf, wo im Maßnahmenpaket rund um Lenkung, Jagd, Zwischenfrüchte und Jagdruhezonen nachgebessert werden muss.“

An dem Projekt sind die Kreisverwaltung Werra-Meißner, die Gemeinde Meinhard, die Kreisstadt Eschwege, lokale Vertreterinnen und Vertreter des ehrenamtlichen Naturschutzes, des Jagdvereins Hubertus Kreis Eschwege e.V und der Landwirtschaft beteiligt. Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) fördert das Projekt aus Mitteln der Jagdabgabe. Die Ergebnisse des Managements und Monitorings von Wildgänsen im Werratal sollen nach Abschluss der Projekts im März 2022 Grundlage für landesweite Entscheidungen zum Umgang mit Wildgänsen sein.

  • Kontakt

, M.Sc., AG Wildtierforschung
Klinik für Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische
Frankfurter Straße 108, 35392 Gießen

 

Presse, Kommunikation und Marketing • Justus-Liebig-Universität Gießen • Telefon: 0641 99-12041

Schlagwörter
Forschung