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Auf der Suche nach der Achillesferse des Coronavirus

Neue Therapien gegen SARS-CoV-2 im Fokus – EU fördert das internationale Projekt MAD-CoV-2 an der Universität Gießen mit rund 600.000 Euro

Nr. 93 • 23. Juni 2020

Wo ist die Achillesferse des Coronavirus SARS-CoV-2? Dies herauszufinden und einen Wirkstoff gegen das Virus zu entwickeln, ist das Ziel eines internationalen Konsortiums aus Forschergruppen und Industriepartnern. Von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Friedemann Weber am Institut für Virologie beteiligt. Das Projekt „Modern Approaches for developing antivirals against SARS-CoV-2“ (MAD-CoV-2) wird von der Europäischen Union (EU) innerhalb des EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ für vier Jahre mit voraussichtlich rund 3,75 Millionen Euro gefördert, auf die JLU entfallen davon voraussichtlich rund 600.000 Euro.

„Wir wollen neue Zielstrukturen in der Wirtszelle finden, an die das Virus bindet und die für das Virus essenziell sind“, erklärt Prof. Weber. „Diese Interaktionen sollen dann gehemmt werden, damit sich das Virus nicht mehr vervielfältigen kann.“ Bereits bekannt ist, dass SARS-CoV-2 über das Protein ACE2 (Angiotensin-konvertierendes Enzym 2) in die Wirtszellen eintritt. ACE2 steht daher im Mittelpunkt für neue Therapien. Studien haben gezeigt, dass biotechnologisch hergestelltes, lösliches ACE2 das Andocken des Virus an die Zellen verhindern kann. Hierzu hatte bereits einer der Projektpartner eine klinische Phase-II-Studie mit Patientinnen und Patienten gestartet. Im Rahmen von MAD-CoV-2 werden Virusbindung und Halbwertszeit des löslichen ACE2 weiter optimiert, damit möglichst schnell eine hochwirksame ACE2-basierte Therapie zur Verfügung steht.

Zudem suchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach weiteren zellulären Zielstrukturen des Virus. Dazu nutzen sie modernste „Cutting edge“-Methoden, um das Puzzleteil zu finden, das den entscheidenden Unterschied machen kann: Sie führen unter anderem einen Aminosäure-Mutagenese-Screen des kompletten humanen Genoms durch, um für die SARS-CoV-2-Replikation wichtigen Domänen der Wirtszelle zu identifizieren. Wenn neue Zielstrukturen identifiziert sind, werden diese mittels Künstlicher Intelligenz – ein sogenannter „In-silico-Screen“ – auf viele Millionen Substanzen getestet, aus denen sich im besten Fall Therapeutika entwickeln lassen.

Für ihre Untersuchungen verwenden die Forscherinnen und Forscher in MAD-CoV-2 unter anderem sogenannte 3D-Organoide, um daran nach dem 3R-Prinzip neue Therapieansätze zu testen. „Die so gewonnenen Daten werden wir der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft für die Prüfung und Entwicklung von Arzneimitteln zur Verfügung stellen“, so Prof. Weber. „Mit unserem Projekt unterstützen wir somit alle anderen Bemühungen zur Bekämpfung von SARS-CoV-2.“

„Dieses Konsortium hat nicht nur die aktuelle Pandemie im Blick, sondern bereitet uns auch auf zukünftige Coronavirus-Ausbrüche vor“, so JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. „Ich freue mich sehr darüber, dass die Gießener Virologie nicht nur an der ebenfalls EU-geförderten Impfstoffentwicklung beteiligt ist, sondern auch bei der Entwicklung von Therapien gegen SARS-CoV-2 ihre Expertise einbringen wird.“

An dem Konsortium MAD-SARS-CoV-2 sind neben der JLU Forschergruppen beziehungsweise Unternehmen aus Schweden, Frankreich, Österreich, Spanien und Großbritannien beteiligt. Die Federführung liegt bei Prof. Ali Mirazimi vom Staatlichen Veterinärinstitut (SVA) in Uppsala, Schweden.

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Forschung