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Terrakotten aus Kampanien

Schauspieler der neuen Komödie in der Rolle der „Alten Schwätzerin“

Eros mit Gans

Maske eines Flussgottes (Acheloos)

Frauengesicht

Wickelkind mit Bulla und spitzer Mütze

 

Verfasserin: Waltrud Wamser-Krasznai

Kampanien erstreckt sich entlang der Küste des tyrrhenischen Meeres zwischen Latium und Lukanien (der heutigen Basilikata). Es war bereits in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. ein Schmelztiegel unterschiedlicher Völker. Griechische Siedler, die sich seit dem 2. Viertel des 8. Jhs. v. Chr. dort niederließen, trafen auf Indigene (Einheimische) mit lokalen Kulturtraditionen und verschiedenen italischen Sprachen. Vor allem die Samniter und die mit ihnen verwandten Lukaner erlangten größere Bedeutung. Seit dem 7. Jh. v. Chr. gerieten die Bewohner Kampaniens unter den Einfluss der Etrusker, die das Land östlich der griechischen Kolonien am Golf von Neapel bis nach Paestum hinunter zunehmend kontrollierten. Die wichtigste etruskische Stadt dieser Region war das reiche, mächtige Capua[1].

474 v. Chr. endete die Vorherrschaft der Etrusker in einer Seeschlacht gegen die Griechen bei Kyme. Wenig später besetzten samnitische Stämme Capua und Nola, Pompeji und Herkulaneum, dann auch das griechische Kyme (Cumae). 400 v. Chr. wurde aus dem ebenfalls griechischen Poseidonia das lukanische Paestum[2].  

Befruchtet und belebt von den vielfältigen kulturellen Einflüssen entwickelte sich die Terrakottaplastik Kampaniens in zwei verschiedene Richtungen. Die eine steht, vermittelt durch die Nachbarschaft Siziliens und der Magna Graecia (Groß- oder Westgriechenland), ganz in der griechischen Tradition. Auch die  im Geschmack lokaler koroplastischer Zentren umgestalteten Produkte lassen meist noch griechische Vorbilder erkennen[3]. Die andere Richtung setzt sich deutlich von jeder „klassischen“ Form ab und geht einen eigenen Weg[4].

Die folgenden fünf Terrakotten der Gießener Sammlung sind außer durch die griechische Kunst auch von einer gewissen geistig-künstlerischen Eigenständigkeit geprägt.



[1]„ Urbs maxima opulentissimaque Italiae“, Titus Livius VII, 31, I; M. Bonghi Jovino, Terrecotte votive. Catalogo del Museo provinciale campano I (Florenz 1965) 13; M. Torelli, Die Etrusker. Geschichte, Kultur, Gesellschaft (Wiesbaden 1998) 49. 211.

[2] Das 4. Jh. v. Chr. stand im Zeichen der samnitischen Auseinandersetzungen mit dem expandierenden Rom, das im Friedensschluss des Jahres 304 v. Chr. seine Macht über Kampanien besiegelte, M. Frederiksen, Campania (Oxford 1984) 1-4 und 99 f.; P. G. Guzzo – S. Moscati – G. Susini (Hrsg.), Antiche genti d’Italia (Rom 1995), 13; T. Fischer-Hansen, Catalogue Campania, South Italy and Sicily Ny Carlsberg Glyptotek (Kopenhagen 1992) 9; F.-K. Kienitz, Völker im Schatten. Die Gegenspieler der Griechen und Römer (München 1981); G. Pugliese Carratelli (Hrsg.), I Greci in Occidente (Mailand 1996), 117. 145.

[3] In hellenistischer Zeit unterliege die künstlerische Produktion zunehmend einer Verflachung, B. Grassi, La scultura in argilla, in: S. Cassani – V. Sampaolo (Hrsg.), Il Museo Archeologico dell’ Antica Capua (Neapel 1995), 38.

[4] In spontaner Expressivität, B. Grassi, ebenda; dazu S. Ciaghi, Le Terrecotte figurate da Cales del Museo Nazionale di Napoli (Rom 1993) 253 f. Abb. 180; W. Wamser-Krasznai, Lepra im Alten Italien??? Glossen zur Ikonodiagnostik antiker Bildwerke, im Druck. Beispiele für die drei Richtungen s. zwei Votivköpfe nach Alexanderbildnissen, Bonghi Jovino a. O. 1965, 119 Taf. 56, 2 und 119 f.  Taf. 56, 3 und 4 (lokal abgewandelt). Die dritte ist belegt durch Beispiele ebenda S. 27 Taf. 1,1. S.  30 Taf. 5, 3. S. 40 Taf.  9,4. S. 40  und 43 Taf. 10.  S. 51 Taf. 17, 3.