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Lungenentzündung - eine noch häufig tödlich verlaufende Volkskrankheit

Tagung des Sonderforschungsbereichs/Transregio „Angeborene Immunität der Lunge“ in Berlin – Gießener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beteiligt an Suche nach neuen Therapieansätzen

Nr. 181 • 12. September 2012

In Deutschland erkranken jährlich etwa 740.000 Menschen an einer Lungenentzündung (Pneumonie). Davon müssen 240.000 Fälle stationär behandelt werden, jeder zehnte Betroffene stirbt trotz adäquater Antibiotikatherapie. Damit entspricht die Pneumonie in ihren Ausmaßen einer Volkskrankheit wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Weltweit betrachtet tötet laut UNICEF die ambulant – also außerhalb des Krankenhauses – erworbene Lungenentzündung mehr Kinder im Alter unter fünf Jahren als Malaria, Aids und Masern zusammen.

Bereits im Jahr 1938 untersuchten die englischen Wissenschaftler Mary Evans und Wilfrid Gaisford in einer Plazebo-kontrollierten Studie die Wirksamkeit einer Antibiotika-Therapie zur Behandlung von Lungenentzündungen. Wie die Forscher feststellten, starben ohne Antibiotika 27 Prozent der Patienten, mit Antibiotika waren es acht Prozent. Seit Einführung der antibiotischen Therapie vor 70 Jahren ist die Sterblichkeit der schweren Pneumonie unverändert geblieben. Selbst der durch Antibiotika erreichte Therapiestandard ist zunehmend bedroht durch die Resistenzentwicklung von Erregern sowohl bei ambulant, aber ganz besonders bei im Krankenhaus erworbenen Pneumonien sowie durch die weltweit stagnierende Antibiotika-Entwicklung.

Vor dem Hintergrund dieses therapeutischen Stillstandes untersuchen Forscher aus Berlin sowie Gießen und Marburg im Rahmen des von der DFG geförderten Sonderforschungsbereichs-Transregio 84 „Angeborene Immunität der Lunge: Mechanismen des Pathogen-Angriffs und der Wirtsverteidigung bei Pneumonie“ die Rolle des angeborenen Immunsystems der Lunge mit dem Ziel, aus dem molekularen Verständnis der organspezifischen Wechselwirkung zwischen Erreger und Wirt neue Nicht-Antibiotika basierte Therapiestrategien zu entwickeln. Hierbei wird langfristig das Konzept verfolgt, Wirtsmoleküle und Signalwege zellspezifisch so zu beeinflussen, dass die Abwehrkompetenz erhöht, der entzündliche Gewebsschaden hingegen vermindert und die Gewebsreparatur beschleunigt wird. „Nur in einem solchen transregionalen Forschungsverbund, in welchem ausgewiesene Experten disziplinübergreifend zusammenarbeiten, lassen sich die komplexen Hintergründe der Krankheit erfassen und neue Therapien entwickeln“, führen der Sprecher des Sonderforschungsbereichs Prof. Dr. Norbert Suttorp, Charité Berlin, und der stellvertretende Sprecher Prof. Dr. Jürgen Lohmeyer, Justus-Liebig-Universität Gießen aus.

Auf einer internationalen Konferenz in Berlin diskutieren Experten nun aktuelle Erkenntnisse zum Krankheitsprozess und mögliche neue Therapieansätze. Die Konferenz „Innate immunity of the lung – Improving pneumonia outcome” wird vom SFB-TR84 gemeinsam mit der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina ausgerichtet.

Die Wissenschaftler erforschen unter anderem Eiweißstoffe, sogenannte antimikrobielle Peptide, die vom Lungenepithel gebildet werden und wie endogene Antibiotika wirken, um Krankheitserreger abzuwehren. Sie untersuchen auch, warum Patienten etwa nach einem Schlaganfall derart abwehrgeschwächt sind, dass sie sich leicht eine Pneumonie zuziehen. Außerdem wollen sie klären, woher Immunzellen wissen, ob Bakterien lebendig oder tot sind und die Abwehr entsprechend regulieren. „Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unseren Ansätzen neue Erkenntnisse sammeln werden, die letztlich dem Patienten zugutekommen“, so Suttorp.

Durch den Dialog zwischen führenden Fachkollegen aus Grundlagenwissenschaften, klinisch-theoretischen und klinischen Fächern werden neben einer national und international beachteten Standortbestimmung Impulse für das translationale Forschungskonzept des SFB-TR84 und für die pulmonale Infektions- und Entzündungsforschung insgesamt erwartet.

Über neueste Erkenntnisse zur Immunität der Lunge berichten Prof. Suttorp und Prof. Lohmeyer in einer Pressekonferenz am 20. September 2012 um 12:15 Uhr im Konferenz-raum 3 in der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, 10117 Berlin-Gendarmenmarkt, Markgrafenstraße 38.

  • Termin

Tagung vom 19.-22. September 2012 in Berlin, Pressekonferenz am 20. September um 12.15 Uhr im Konferenzraum 2, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Markgrafenstraße 38, 10117 Berlin

  • Weitere Informationen

http://www.sfb-tr84.de/conference.html

  • Kontakt

Prof. Dr. Jürgen Lohmeyer, Medizinische Klinik II, Abteilung Infektiologie
Klinikstraße 33, 35392 Gießen
Telefon: 0641 985 57 06 1
E-Mail (Sekretariat)

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon 0641 99-12041