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Must the games go on?

von Eva Modrey

„Die Olympische Idee ist tot, zerronnen ist der Glaube an den gewaltfreien

Deutsches Historisches Museum Berlin: Der Olympische Fackellauf
Wettstreit aller Welt-Jugend nur um Gold, Silber und Bronze. Der künstliche Frieden einer harmlos spielenden Menschheit ist endgültig vorbei,“ so beginnt der Spiegel am 14.5.1984 seine Titelgeschichte zu den Boykott-Spielen in Los Angeles. Auch in den letzten Monaten findet man immer wieder in der internationalen Presse Zweifel, zum einen an der Institution des IOC, die sich immer noch gern als unpolitisch gibt und zum anderen an der Olympischen Idee im Allgemeinen.

Olympische Spiele und Politik, so wird nicht erst im Falle Chinas deutlich, sind aber seit eh und je untrennbar ineinander verwoben. Gerade in der aktuellen Berichterstattung wird diese Tradition besonders offensichtlich. Denn die Medien beziehen sich nicht nur auf die gegenwärtigen Proteste. Stets ziehen die Journalisten dabei Referenzpunkte und verweisen auf frühere Spiele, sei es 1936, seien es die großen Boykottspiele von 1980 in Moskau und 1984 in Los Angeles. Somit gelingt es ihnen die jetzige Situation in einen breiteren Kontext einzuordnen, Traditionslinien aufzuzeigen und letztendlich auch Erklärungsmuster anzubieten. Unter der Überschrift „Im Würgegriff der Politik“ beschäftigt sich beispielsweise die Zeit online in einem mehrseitigen Artikel mit den Olympischen Spielen und zeichnet bis 1988 eine historische Kontinuität Olympias als Politikum nach. Erst mit Peking habe nun wieder eine politische Debatte erneut eingesetzt, die sich vor allem in den letzten Tagen mit den Diskussionen um den Fackellauf zuspitzt. Dass gerade 1936 der Fackellauf, der sich nun fast als Farce darbietet, bei den Berliner Spielen eingeführt wurde, ist eine zufällige, aber doch schicksalshafte Parallele. Denn auch hier bot Olympia einem Land eine politische Bühne, um seine Mächtigkeit, Modernität und wirtschaftliche Stärke der Welt vorzuführen.

Auch hier existierte die Hoffnung durch die mediale Aufmerksamkeit und einen Öffnungs- statt Abgrenzungskurs das Land von innen zu demokratisieren. Auch hier waren bereits vor den Spielen die eklatanten Menschenrechtsverletzungen virulent augenscheinlich. Eine Tatsache, die die Olympische Idee und seine "unpolitische" Aufladung gleichermaßen als Farce degradiert und den eigenen Olympischen Statuten widerspricht. Denn so heißt es im fünften der „6 fundamentalen Prinzipien“ der olympischen Charta „Jede Form der Diskriminierung eines Landes oder einer Person aufgrund seiner Rasse, Religion, Politik, seines Geschlechts oder anderer Gründe ist unvereinbar mit der Zugehörigkeit zur olympischen Bewegung.“ Insoweit ist die Frage legitim: Must the Games go on?

Bild: Deutsches Historisches Museum Berlin: Der Olympische Fackellauf