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Text Forschungsprojekt

"Die Hartlaubs. Zeitwahrnehmung und Ästhetik im frühen 20. Jahrhundert"


Das Forschungsvorhaben wird die Wahrnehmung von Geschichte und die Konzeption ästhetisch-wissenschaftlicher Projekte aus dem Erfahrungshorizont einer einzigen, für die Kulturgeschichte der Weimarer Republik, des Dritten Reiches und der frühen Bundesrepublik Deutschland zentralen, doch von der kulturwissenschaftlichen Forschung weitgehend vernachlässigten Familie heraus untersuchen, deren Mitglieder ebenso unterschiedliche wie einander ergänzende Perspektiven einnahmen: die Familie des Kunsthistorikers Gustav Friedrich Hartlaub, seiner journalistisch tätigen Frau Félicie sowie deren beiden Kindern, dem Historiker und Schriftsteller Felix Hartlaub sowie der Schriftstellerin Geno Hartlaub. Das Forschungsprojekt geht davon aus, dass sowohl die wissenschaftlichen als auch die ästhetischen Konzepte, die im Kreis der Miniaturkonstellation dieser Familie im dichten Kommunikationsnetz brieflichen Austauschs diskutiert wurden, auf je aktuelle historische und kulturhistorische Probleme reagierten. Inbesondere für den Zeitraum von 1933 bis 1945 gilt, dass die Bedingungen der historischen Zeit als a priori aller ästhetisch-wissenschaftlichen Konzeptionen wahrgenommen wurden und dass letztere aus ihrem Antwortcharakter auf erstere verstanden werden müssen. Das Projekt wird nachweisen, dass die kritische Wahrnehmung von Geschichte, die Reflexion auf sie und die Konzeption von Gegenmodellen wissenschaftlicher, ästhetischer und literarischer Art ein zentrales Anliegen für die zu untersuchende Personenkonstellation darstellten. Verwandte Anliegen beschäftigten darüber hinaus weitere intellektuelle Zirkel seit der späten Weimarer Republik, die in Beziehung zu den Hartlaubs standen (u.a. Philosophen, Ästhetikhistoriker, Kunsthistoriker, Schriftsteller, Feuilletonisten: darunter Aby Warburg, Gustav Radbruch, Theodor W. Adorno). Diese bislang unerforschten Konstellationen wird das Projekt mit Blick auf die hier erwogenen ästhetisch-literarischen Konzepte, die insbesondere die Themenkreise Melancholie, Alchimie und Magie betreffen, sowie deren Modifikation unter dem Eindruck der Erfahrung von Geschichte in den Jahren nach 1933 unter Anwendung literatur- und ideengeschichtlicher Fragestellungen erforschen. Weiterhin wird es das impulsgebende Potential dieser produktiven, sich nach 1933 allerdings notgedrungen verbergenden Ideen für die Literatur-, Kunst- und Geistesgeschichte nach 1945 und deren neu einsetzende Vorstellungen herausarbeiten. Es erstreckt sich daher in historischer Hinsicht über die Zäsuren der Jahre 1933 und 1945 hinaus auf einen Zeitraum, der die Jahre von 1928 bis 1958 umfasst.

 

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