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Die Geschichte des Bergbaus

Die Entwicklung des Kupferschieferbergbaus wird von den lokalen Chronisten in vier Betriebsperioden gegliedert:

 

Erste Betriebsperiode: 1200 bis 1699

Abb. 4: Charakteristische Sekundärminerale auf Kupferschiefer: Malachit (grün) und Azurit (blau). Mansfeld-Museum Hettstedt.

Der Bergbau begann an obertägigen Ausbissen des Kupferschiefers an den Muldenrändern und folgte dem zum Muldentiefsten mit durchschnittlich 7 bis 10 Grad einfallenden Flöz schrittweise in immer grössere Tiefen. Übertägige Aufschlüsse befinden sich u.a. im Bereich des Hettstedter Kupferberges (Mansfelder Revier) und nördlich des Besucherbergwerkes "Röhrigschacht" in Wettelrode (Sangerhäuser Revier). Begünstigt wurde das Auffinden des anstehenden Kupferschiefers durch kräftig gefärbte sekundäre Kupferminerale. Hierbei handelte es sich um Mineralneubildungen, die auf Kosten der primären Erzminerale unter der Einwirkung von Wasser, Sauerstoff und Kohlendioxid auskristallisierten, u.a. die intensiv grün gefärbten Minerale Malachit (Cu2(OH)2/CO3) (Abb. 4) und Brochantit (Cu4(SO4)(OH)6), der blaue Azurit (Cu3[OH/CO3]2) oder auch der rosafarbene Erythrin (Co3(AsO4)2 * 8H2O).

Der Legende nach begründeten die durchreisenden Goslarer Bergleute Nappian und Neuke um 1200 den Bergbau auf dem Hettstedter Kupferberg. Für die Sangerhäuser Mulde ist der Kupferschieferabbau seit 1369 schriftlich belegt. Die Erzförderung erfolgte oberflächennah aus einer Vielzahl kleiner und kleinster Schächte und Stollen (Abb. 19). Die Strebhöhe orientierte sich vor allem an der geringen Mächtigkeit des Kupferschiefers und betrug zwischen 40 und 80 cm, d.h. die Bergleute mußten auf der Seite liegend den Abbau mit Schlegel und Eisen und Keilhaue vorantreiben.

Mit Fortschreiten des Bergbaus in die Tiefe wurden Wasserzuflüsse zu einem ernsten Problem, zumal der Abbau um 1500 den Grundwasserspiegel erreichte. Um weiter Bergbau betreiben zu können, mußte das einsickernde Wasser aus den untertägigen Grubenbauen herausgeleitet werden. Dies gelang mit der Auffahrung von Entwässerungsstollen (Wasserlösestollen), die die Morphologie der Mulden ausnutzten und die Grubenwässer des Mansfelder Reviers in den Süßen See und die Saale ableiteten (Abb. 1).

In den Wirren des 30-jährigen Krieges kam der Bergbau trotz allen technischen Fortschritts zum Erliegen und wurde erst um 1674 wieder aufgenommen. Die Auffahrung eines großen Wasserlösestollens (Froschmühlenstollen, ab 1698) leitete hierbei eine neue Betriebsperiode des Bergbaus ein.

 

Zweite Betriebsperiode: 1700 bis 1851

Abb. 5: Lichtloch 24 des Schlüsselstollens oberhalb des Mansfeld-Museums Hettstedt.
Abb. 6: Blick in den Schacht des Lichtlochs 24 hinunter zum Schlüsselstollen.

Abb. 7: Kleinhaldenlandschaft bei Hettstedt-Burgörner. Das Maschinendenkmal auf der Halde des König-Friedrich-Schachts (am Waldrand) erinnert an die Inbetriebnahme der ersten Dampfmaschine Watt'scher Bauart in Deutschland am 23. August 1785.

Die zunehmenden Abbauteufen stellten den Bergbau vor immer größere Probleme (Ende des 18. Jahrhunderts hatte der Abbau bereits Teufen von 130 m erreicht!). Zur Ableitung der Grubenwässer mußten daher weitere Entwässerungsstollen aufgefahren weden. Die beiden größten, der Froschmühlenstollen (ab 1698) und der Schlüsselstollen (ab 1809, Fertigstellung 1879), erreichten mit 13.6 km bzw. 31 km Länge erstaunliche Ausmaße und sind heute noch zu Kontrollzwecken mit dem Grubenboot befahrbar. Als Hilfsbaue entstanden bei der Anlage der Stollen zahlreiche Lichtlöcher, die als Transport- und Wetterschächte dienten (Abb. 5, 6). Eine weitere entscheidende Verbesserung der technischen Voraussetzungen stellte die Inbetriebnahme der ersten deutschen Dampfmaschine Watt'scher Bauart am 23. August 1785 auf dem König-Friedrich-Schacht bei Hettstedt dar (Abb. 7). Ein originalgetreuer Nachbau dieser Dampfmaschine, die zum Ausgangspunkt der industriell-technischen Revolution in Deutschland wurde, kann heute als einzigartiges Industriedenkmal im Mansfeld-Museum in Hettstedt (incl. Vorführung!) besichtigt werden.

 

Dritte Betriebsperiode: 1852-1950

Abb. 8: Am Bindersee, einem der beiden „Restseen“ des ehem. Salzigen Sees. Im Hintergrund die Spitzkegelhalde des Kalisalz-Bergbaus bei Teutschenthal, dem Ort, in dem Schultze erstmals den Blues hörte.
Abb. 9: Am NW-Ende des Bindersees. Das Bild zeigt einen großer Erdfall, der erst 1961 eingebrochen und mit Wasser vollgelaufenen ist.

Die fortschreitende Mechanisierung veränderte die Art und Effektivität des Bergbaus. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Grubenbaue bis in 955 m Teufe aufgefahren. Der Maschineneinsatz beim Abbau bedingte nun Strebhöhen deutlich über 80 cm. Dadurch stieg der Anteil der Berge (vor allem die hangenden Kalke des Zechsteins) am Fördergut weiter an, und dies hatte zur Folge, dass die Halden rasant anwuchsen und sich zu den landschaftsprägenden Elementen entwickelten.

Kritische Situationen entstanden durch unvorhergesehene Wassereinbrüche. Besonders betroffen waren die Anlagen in Eisleben, nur wenige km östlich des Süßen Sees und des damals noch existenten Salzigen Sees (Abb. 1). Bei beiden Seen handelte es sich um teilweise mit Wasser gefüllte Subrosionssenken, deren Entstehung auf Auslaugungsvorgänge im unterlagernden Salinar des Zechsteins zurückzuführen ist.

Von Mai 1892 bis September 1894 versanken ca. 75 Millionen Kubikmeter Wasser des damals 6 km langen und 1.5 km breiten Salzigen Sees in einem großen Erdfall ("Die Teufe") und flossen auf natürlichen Kluftsystemen über 13 km weit bis zum Clotildeschacht im NW von Eisleben. Aus Sorge um die Sicherheit der Bergleute und der Anlagen wurde deshalb beschlossen, den Salzigen See durch künstliche Abflüsse und Pumpwerke trocken zu legen, und wenige Monate später war der Salzige See bis auf wenige Reste (Kernersee, Bindersee, Abb. 8, 9) verschwunden.

Die kontinuierlich steigende Erzförderung konzentrierte sich ab 1895 auf das Mansfelder Revier und erreichte dort 1931 und 1933 ihre Höhepunkte. Zahlreiche niedergebrachte Erkundungsbohrungen zeigten jedoch eine Vertaubung des Kupferschieferflözes unterhalb der tiefsten aufgefahrenen Sohle (14. Sohle, 955 m Teufe, -788 mNN). Daher wurden die bergbaulichen Aktivitäten nun zunehmend auf das bislang noch nicht so tief aufgefahrene Sangerhäuser Revier verlagert.

 

Vierte Betriebsperiode: 1951 bis 1990

Abb. 10: Spitzkegelhalde des Thomas-Münzer-Schachtes im Sangerhäuser Revier.

Kennzeichnend für den frühen Abschnitt dieser Betriebsperiode ist das Auslaufen der Erzförderung im Mansfelder Revier und die Niederbringung der großen Schachtanlagen im Sangerhäuser Revier, dem "Thomas-Münzer-Schacht" (Endteufe 686 m, Förderung ab 1951) und "Bernard Koenen" (Schacht I, Endteufe 692 m, Förderung ab 1958). Nun entstanden durch den Einsatz leistungsfähiger Höhen-Bandförderanlagen auch hier die weithin sichtbaren Spitzkegelhalden, die von vielen Bewohnern als "unsere Pyramiden" bezeichnet werden (Abb. 10).

Nach einer letzten Rekordförderung im Jahr 1967 deutete sich jedoch auch für das Sangerhäuser Revier der Niedergang des Kupferschiefer-Bergbaus an. Hierfür waren mehrere Gründe ausschlaggebend:

  • die sich verschlechternde Qualität des Fördererzes
  • dramatisch erhöhte Wasserzuflüsse in Baufeldern des Thomas-Münzer-Schachts
  • billige Kupferangebote auf den internationalen Märkten durch zunehmende Ausbeutung anderer Lagerstättentypen, insbesondere der "Porphyry-Copper-Lagerstätten" Nord- und Südamerikas sowie der australischen Großvorkommen.

 

Das Ende des Bergbaus

Abb. 11: Seilscheibe im Park des Mansfeld-Museums Hettstedt
Abb. 12: Grubenboot zur Befahrung der Wasserlösestollen; Park des Mansfeld-Museums Hettstedt

Der Kupferschiefer-Bergbau im Mansfelder Revier endete in den 1960er Jahren mit der sukzessiven Stillegung der großen Schachtanlagen. Die letzte verbliebene Anlage "Otto Brosowski" wurde 1969 geschlossen.

Im Sangerhäuser Revier führte die wirtschaftlich äußerst angespannte Lage schon im Frühjahr 1989 zur Entscheidung, den zunächst bis 2012 geplanten Bergbau bereits 1994 einzustellen. Die politischen Ereignisse sorgten kurz darauf für eine gewisse Beschleunigung der Schließungspläne: seit dem 30. September 1990 ist der Kupferschiefer-Bergbau in Sachsen-Anhalt zu Ende.

Glücklicherweise bieten mehrere Museen einen ausgezeichneten Einblick in die Geologie und Mineralogie des Kupferschiefers sowie seine industriegeschichtliche Bedeutung:
Bergbaumuseum Wettelrode
Mansfeld-Museum Hettstedt
Stadtschloss Eisleben (mit umfangreichem Archiv und Bibliothek)

Das Mansfeld-Museum hat seinen Sitz im rekonstruierten barocken "Humboldtschlößchen" im Hettstedter Stadtteil Burgörner-Altdorf. In seiner ständigen Ausstellung zeigt das Museum unter anderem bergmännisches Gerät, Münzen und Ausbeutemedaillen sowie seine umfangreiche Sammlung zur Geologie und Mineralogie der Kupferschiefer-Lagerstätte. Auf dem großen parkähnlichen Freigelände (Abb. 11, 12) vermitteln technische Sachzeugen Eindrücke von der Erzgewinnung und -verhüttung sowie von der Weiterverarbeitung des Metalls zum gebrauchsfähigen Halbzeug.
Eine Hauptattraktion des Mansfeld-Museums ist der originalgetreue Nachbau der ersten deutschen Dampfmaschine Watt'scher Bauart, der bereits 1985, anläßlich des 200-jährigen Jubiläums, angefertigt wurde. Die Dampfmaschine ist in einem eigenen Gebäude untergebracht, da allein der Bilancier 7.8 m lang und mehr als 5 Tonnen schwer ist!

Auf dem Gelände des bereits 1987 gegründeten Bergbau-Museums Wettelrode nördlich von Sangerhausen wurde 1991 das Schaubergwerk "Röhrigschacht" eröffnet (Abb. 13 - 17). Nach einer Seilfahrt werden hier, in ca. 300 m Tiefe, nicht nur der Kupferschiefer und seine Nebengesteine in vorzüglichen Aufschlüssen angetroffen - man erhält auch "hautnah" eine beeindruckende Vorstellung über die äußerst schwere und gefährliche Arbeit der Bergleute während der unterschiedlichen Abbauperioden.

Abb. 13: Förderturm des Besucherbergwerkes „Röhrigschacht“ in Wettelrode
Abb. 14: Aussenanlagen des Bergbaumuseums Wettelrode
Abb. 15: Spektakuläre Gipskristalle im Bergbaumuseum Wettelrode. Der sog. „Mansfelder Gips“ ist weit bekannt für seine hervorragend ausgebildete Kristalle
Abb. 16: Vor der Einfahrt in den Röhrig-Schacht (Seilfahrt bis auf die 1. Tiefbausohle in fast 300 m Teufe)
Abb. 17: Aushilfs-Hauer Rahnema wird von einem laufenden Preßluftbohrhammer von den Haar- bis zu den Fußspitzen kräftig durchgerüttelt.